Leipzig. Neue Aufmarschroute, Redner mit Verbindungen ins rechte Milieu, Fahnen mit zweifelhaftem Hintergrund und eine neue Schutztruppe – die islam- und fremdenfeindliche Initiative Legida konnte auch bei der zehnten Auflage noch mit Überraschungen aufwarten. Die engagierten Leipziger, die sich dem Aufmarsch entgegenstellen wollten, bekamen davon allerdings kaum etwas mit. 15 Hundertschaften der Polizei verhinderten, dass die nicht durchweg friedlichen Gegendemonstranten in die Nähe der Legidisten kommen konnten. Zudem wurden diverse Blockadeversuche unterbunden, gegen einen der handelnden Beamten wird inzwischen intern ermittelt.
Kaum 500 Legida-Anhänger hatten sich am Montagabend vor dem Bundesverwaltungsgericht versammelt, hörten die üblichen Ansprachen über unterdrückten Volkeswillen samt blumiger Verschwörungstheorien. Nachdem Pegida unlängst Geert Wilders auf die eigene Bühne gehoben hatte, suchten auch die Legida-Macher prominente Unterstützung – diesmal in Person von Manfred Rouhs.
Die politische Karriere des 49-jährigen Rechtspopulisten beinhaltet unter anderem Posten bei NPD, Republikanern, Pro Köln, Pro Deutschland und diversen rechtsextremen Kleinstgruppen. Rouhs lobende Worte gen Russland wurden am Montag mit gelindem Interesse vernommen, dafür schwenkten die Legidisten wieder begeistert Fahnen – darunter diesmal auch zwei mit Reichsadler, schwarz-weiß-rotem Banner und der Aufschrift: „Klagt nicht, kämpft“. Die Worte waren einst Losung der politisch besonders überzeugten Wehrmacht-Fallschirmspringer, sind deshalb bis heute im rechten Milieu überaus beliebt.
Hartes Durchgreifen der Polizei – interne Ermittlungen
Der
anschließende Marsch der 500 führte erstmals über den westlichen Ring
bis zum Richard-Wagner-Platz und wieder zurück. Den geplanten Schlenker
zum Holocaust-Mahnmal in der Gottschedstraße konnte die Kommune immerhin
noch unterbinden. Flankiert wurden die Legidisten von hunderten
Gegendemonstranten, die hinter Polizeiketten verbal brodelten,
vereinzelt auch Böller und Farbbeuteln warfen. Mehrere Versuche, die
Aufmarschstrecke zu blockieren, waren am frühen Abend gescheitert – weil
die zum Schutz der Legida-Demo verpflichteten 1500 Beamten mit Pferden,
Pfefferspray und körperlichem Einsatz reagierten.
Die Leipziger Demobeobachtungsgruppe monierte überhartes Vorgehen der
Polizei auch gegen friedliche Gegendemonstranten, berichtete von einigen
Verletzten. „Hier wurden längerfristige körperliche Schäden bei
Demonstrierenden in Kauf genommen“, sagte Sprecherin Lena Zeidler. Am
Montag machten in den sozialen Netzwerken auch
Ausschnitte eines MDR-Videos
die Runde, auf denen Polizei-Tritte gegen eine bereits am Boden
liegende Person zu sehen sind. Wie ein Polizeisprecher gegenüber
LVZ-Online erklärte, seien interne Ermittlungen gegen einen Beamten
eingeleitet worden.
Landtagsabgeordneter Marco Böhme (Die Linke)
berichtete zudem von der Auflösung einer Spontandemonstration auf der
Harkortstraße am Martin-Luther-Ring: „Nicht einmal eine Minute nachdem
die Menschen sich auf der Kreuzung befanden, begegneten die anrückenden
Hundertschaften der Polizei diesen Personen mit äußerster Brutalität“,
schreibt Böhme. Ohne Vorwarnung oder Aufforderung seien die Teilnehmer
mit CS-Gas- und Pfefferspray besprüht worden. Andere seien geschlagen
und getreten worden, behauptet Böhme.
Für die letzte Überraschung des Abends sorgte indes Legida-Chef Silvio
Rösler persönlich. Als die Abschlusskundgebung seiner Initiative gegen
21.30 Uhr beendet war, verkündete Rösler, „Sportfreunde des 1. FC
Lokomotive“ würden den Abmarsch vom Leuschnerplatz aus begleiten und
schützen. „Das kann eigentlich nur eine Floskel gewesen sein, weil die
Bundespolizei das vom Leuschnerplatz übernahm“, sagte indes der
Behördensprecher.
Beim Fußball-Oberligisten selbst sorgte Röslers
Ankündigung noch am Montag für Stirnfalten. „Der Verein Lok Leipzig
nimmt nicht an Legida teil, auch nicht an NoLegida“, sagte
Vereinssprecher René Gruschka. Lok sei ein unpolitischer Verein. „Keine
Ahnung, was Herrn Rösler dazu bewogen hat. Die Fans, die uns mit ihrer
Teilnahme da in ein schlechtes Licht rücken, sind Idioten. Wir sind aber
auch keine Babysitter, die das verhindern können“, so Gruschka weiter.
Die Verantwortlichen des Oberligisten beraten nun, ob sie gegen die
Rösler-Aussagen juristisch vorgehen wollen.