Juden werden angegriffen, ihre Synagogen beschädigt, Friedhöfe verwüstet: Eine Studie dokumentiert für 2014 einen drastischen Anstieg antisemitischer Straftaten weltweit - insbesondere in Westeuropa.
Zuletzt mussten in Frankreich und Belgien jüdische Schulen von einem großen Polizeiaufgebot geschützt werden. Auch in Deutschland wachen Sicherheitskräfte unter anderem vor Synagogen. Der Grund: Immer wieder kommt es zu antisemitischen Übergriffen - 2014 in noch höherer Zahl als in den Vorjahren.
Zu diesem Schluss kommt das Kantor-Zentrum für die Erforschung des zeitgenössischen europäischen Judentums an der Universität Tel Aviv. Demnach wurden im vergangenen Jahr weltweit 766 Gewalttaten erfasst - 38 Prozent mehr als 2013.
Dazu zählen laut den Autoren direkte bewaffnete und unbewaffnete Angriffe, aber auch Vandalismus oder Drohungen gegen jüdische Personen oder Einrichtungen.
Der Bericht erscheint jährlich am israelischen Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Seit Beginn der Aufzeichnungen wurden nur im Jahr 2009 mehr Straftaten registriert.
Die meisten Angriffe gab es demnach in Frankreich (164). In Deutschland habe sich die Zahl 2014 mehr als verdoppelt (76 nach 36 im Jahr 2013). Einer der Gründe für den Anstieg war dem Bericht zufolge der Gaza-Krieg im Sommer 2014. Demnach wurde die Kontroverse um den israelischen Militäreinsatz oft auch als Vorwand für Straftaten genutzt. "Synagogen wurden angegriffen, nicht israelische Botschaften", sagte die Historikerin Dina Porat, die die Studie zusammengestellt hat. Auch nach dem Ende des Konflikts habe es weitere Attacken gegeben.
Die Forscher werten dafür Medien- und Polizeiberichte sowie Meldungen von israelischen Botschaften und jüdischen Gemeinden aus. Neben den Gewalttaten wurden auch Zahlen zu antisemitischen Vorfällen insgesamt erhoben. Auch hier habe es eine Zunahme gegeben, in Frankreich etwa von 423 (im Vorjahr) auf 851.
Als Folge des erstarkenden Antisemitismus seien viele Juden in Europa gezwungen, Gemeindeeinrichtungen wie Synagogen zu meiden, erklärte auch Mosche Kantor, Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses. Er sieht das jüdische Leben in Europa an einem "höchst kritischen Punkt".
Kantor forderte stärkere Sicherheitsmaßnahmen und eine Koordination der EU-Staaten, um Juden zu schützen: "Das aktuelle System versagt bei diesem Problem und dabei, den nächsten Angriff zu verhindern."
jok/fab/dpa/AP
VOLLVERSION DES REPORTS: http://kantorcenter.tau.ac.il/sites/default/files/Doch2014%20(130415)_0.pdf