Seit Anfang des Jahres zieht fast wöchentlich ein rassistischer Legida-Aufmarsch durch Leipzig. Begleitet von antifaschistischem und antirassistischem Widerstand – und von polizeilicher Repression. Eine Übersicht.
Die Zahlen
Aus Ermangelung an Informationen seitens des Ermittlungsausschusses bleiben als Informationsquellen lediglich die Antworten des Sächsischen Innenministeriums auf kleine Anfragen von Landtagsabgeordneten. Genaue Zahlen von Personen, die eine Anzeige erhalten haben, lassen sich lediglich zwei Antworten (zum 12. Januar 2015 und zum 21. Januar 2015) entnehmen. Die übrigen Antworten nennen nur die Anzahl der Anzeigen, nicht aber die Anzahl der betroffenen Personen. Der abgedeckte Zeitraum der beantworteten Anfragen reicht vom ersten Legida-Aufmarsch am 12. Januar bis zum 9. März 2015.
In diesem Zeitraum kam es zu knapp 250 Anzeigen, einige davon nur wegen Ordnungswidrigkeiten. Circa 60 Anzeigen richten sich gegen “links”, etwa 130 gegen “unbekannt” und ungefähr 50 gegen TeilnehmerInnen von Legida.
Auffällig ist, dass in den letzten Antworten bei einer politischen Zuordnung nur noch Anzeigen auf der Legida-Demonstration zugeordnet werden. Alle weiteren Stellen werden frei gelassen. Dies bedeutet, das sich auch ein gewisser Anteil der unter “unbekannt” angeführten Anzeigen gegen GegendemonstrantInnen richtet.
Angezeigt wurden folgende Handlungen: Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Störung öffentlicher Betriebe, Brandstiftung, Sachbeschädigungen, Beleidigung, Nötigung, Diebstahl, Raub, Unterschlagung, Landfriedensbruch, Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz, Unerlaubte Ansammlung, Verstoß gegen das Personalausweisgesetz, Androhung von Straftaten, Üble Nachrede, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz und Verstoß gegen das Vereinsgesetz.
Es gibt ebenfalls Anzeigen gegen PolizistInnen wegen Körperverletzung im Amt, diese werden jedoch wie in Sachsen üblich im Sande verlaufen.
Den Zahlen kann außerdem entnommen werden, dass die Polizei erst am 9. März gezielter gegen Verstöße auf der Legida-Demonstration vorgegangen ist. Denn allein an diesem Tag kam es zu 22 Anzeigen mit Legida-Bezug. Dies macht fast die Hälfte aller Anzeigen gegen Legida-TeilnehmerInnen aus und untermauert die zahlreichen Beobachtungen der Vorwochen, denen zufolge sich polizeiliches Agieren – wie in Sachsen üblich – vornehmlich gegen antifaschistischen Protest richtet.
Allen Betroffenen von Repression der letzten Wochen ist dringend ein Besuch beim Ermittlungsausschuss empfohlen. Sprechzeiten sind immer Freitags zwischen 17:30 und 18:30 im linxxnet in der Bornaischen Straße 3d. Es ist auch daran zu denken, dass Vorladungen der Polizei nicht gefolgt werden muss, ihr müsst und solltet dort nicht hingehen.
129…
Des Weiteren darf nicht vergessen werden, dass in Leipzig nach wie vor ein Verfahren gegen eine angebliche “kriminelle Vereinigung” läuft. Dieses Verfahren ist nicht verschwunden, sondern wurde noch weiter ausgebaut und richtet sich nun gegen 14 Beschuldigte. Inwieweit auch Dinge im Zusammenhang mit den Legida-Aufmärschen diesem Verfahren zugeschoben werden, bleibt spekulativ.
Weniger spekulativ ist die Existenz unzähliger Repressionsmaßnahmen, die in den letzten Monaten bekannt wurden. Neben Observationen, zum Teil mit versteckten Kameras, wurde auch publik, dass es in Leipzig über Jahre hinweg sogenannte “G10-Maßnahmen” gab.
… wenn Razzia, dann Demo!
Trotz alledem!
Es bleibt wichtig, sich von den Maßnahmen des Staates nicht einschüchtern zu lassen und Legida auch weiterhin klare Kante zu zeigen. Nach einer etwas längeren Pause will das rassistische Bündnis nun am Montag, dem bei Neonazis als “Führergeburtstag” beliebten 20. April, wieder aufmarschieren. Für diesen Tag ruft das Bündnis “Refugees Welcome” zu einer Demonstration auf, die 17:00 Uhr am Markt beginnen wird. Beteiligt euch und mobilisiert eure FreundInnen.
Abschließend ein Auszug aus einem Text für eine legändere Antifa-Demonstration in Leipzig, der an Gültigkeit nichts verloren hat:
Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben uns in die Nischen von Jugendszenen und Subkulturen gezwängt. Wir müssen aufhören, das Beste aus dem Zwang zu machen. Der Zwang muss aufhören, auch wenn das bedeutet, Hand an einer Ordnung anzulegen, die auf Zwang aufbaut. Deswegen handeln wir nicht für den Staat, nicht für den Erhalt seines Gewaltmonopols, sondern auf eigene Rechnung. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen, mit denen uns dieses Gewaltmonopol konfrontiert.
Die Alternative wäre eine Gesellschaft ohne Opposition, ein Staat ohne Widerspruch. Es ist Zeit, diesen Widerspruch wieder auf die Straße zu tragen
Die Einschläge kommen näher – schlagt zurück!