Für Samstag, den 25. April rufen Antifas aus dem Allgäu in Memmingen zu einer antifaschistischen Demonstration im Gedenken an Peter Siebert, gegen rechte und rassistische Gewalt und ihre Verharmlosung auf. Für den Abend planen Münchner Neonazis ihre alljährliche Gedenkkundgebung an den ehemaligen Wehrmachtssoldaten und Holocaustleugner Reinhold Elstner auf dem Max-Joseph-Platz. Gegen diese Nazipropaganda wird es antifaschistische Gegenproteste geben. Wir rufen auf: Unterstützen wir gemeinsam das Gedenken an Peter Siebert in Memmingen! Machen wir danach die Elster-Mahnwache zu einem Debakel für die Nazis!
I) Remembering means fighting
In der Nacht vom 25. auf den 26. April 2008 erstach der Neonazis Alexander B. seinen Nachbarn, den 40-jährigen Peter Siebert. Siebert hatte sich zuvor über dessen Rechtsrock beschwert und seine rechten Einstellungen kritisiert. B. verfolgte Peter Siebert daraufhin in dessen Wohnung, wo er mit einem Bajonett mehrfach auf ihn einstach.
Obwohl im folgenden Prozess gegen B. dieser selbst die politischen
Motive des Streits einräumte – es sei zum Streit gekommen „weil ich
rechts bin“, so seine Aussage – gingen die zuständigen Richter bei der
Urteilsfindung nicht von einem politischen Motiv aus, woraufhin B. wegen
Todschlag, nicht wegen Mordes, zu acht Jahren und drei Monaten Haft
verurteilt wurde. Bis heute wird Peter Siebert in den offiziellen
Statistiken nicht als Opfer rechter Gewalt anerkannt.
Siebert ist gewiss kein Einzelfall. Oft verschweigen, verleugnen oder
verharmlosen Polizei, Justiz und Gesellschaft rechte und rassistische
Motive bei Gewalttaten und Morden. Aus einem Naziangriff wird dann eine
‚Auseinandersetzung verfeindeter Jugendlicher‘, aus einem rassistischen
Übergriff ein ‚Streit‘ oder rassistische Motive werden gar nicht erst in
Betracht gezogen. Als im Januar letzten Jahres in Germering bei München
eine Asylsuchendenunterkunft in Brand gesteckt wurde, schloss die
ermittelnde Polizei ein rassistisches Motiv schnell aus, da – so ihre
Begründung – nur der Verwaltungstrakt, nicht aber die – direkt
angrenzenden – Wohnbereiche betroffen seien. Doch bis Germering, so
‚weit‘ muss man gar nicht blicken: Am 17. Juli 2013 gab es einen
weiteren Neonazimord im Allgäu. Der einschlägig vorbestrafte Neonazi
Falk H. prügelte auf sein Opfer, den 34-jährigen Konstantin M. so heftig
ein, dass dieser starb. Dem vorausgegangen waren rassistische Pöbeleien
gegenüber Konstantin M. Auch im Prozess zum Mord an Konstantin M. kam
es zu Verharmlosungen und Verleugnungen des rassistischen
Tathintergrunds. Die Allgäuer Antifas berichten in ihrem Aufruf zur
Demo, von den Aussagen des zuständigen Richters, der den Mord als Folge
einer „sinnlosen Sauferei und Prügelei“ bezeichnete. Dieser Zusammenhang
von rechter und rassistischer Gewalt, systematischer Verleugnung und
Verharmlosung kann nur dort durchbrochen werden, wo antirassistische und
antifaschistische Initiativen intervenieren, wo Rassismus und
gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zum Thema gemacht wird und wo sich
Menschen entschieden und offensiv rechter Propaganda und Gewalt
entgegen stellen. Diese Arbeit ist angesichts der weit verbreiteten
rechten und rassistischen Einstellungsmuster, der rassistischen
Mobilisierungen von Pegida, Hogesa und Co. und der Anschläge gegen
Flüchtlingsunterkünfte, wie in Germering, Vorra oder zuletzt in Tröglitz
absolut unverzichtbar. In ländlichen Regionen, ohne größere linke Szene
oder kritische Zivilgesellschaft, ist diese Arbeit allerdings noch
schwieriger, als andernorts. Das macht es umso wichtiger die Antifas im
Allgäu zu unterstützen. Fahrt daher alle mit uns nach Memmingen!
Zugtreffpunkt:
11:50 Hauptbahnhof München (große Anzeigetafel)
II) Gegen die Nazimahnwache in München
Doch auch nach der Demo in Memmingen ist für Antifas die Arbeit nicht
getan. Zwischen 20:00 und 21:00 wollen Münchner Neonazis dem ehemaligen
Wehrmachtssoldaten und Holocaustleugner Reinhold Elstner gedenken. Am
25. April 1995 hatte sich Elstner vor der Feldherrnhalle am Münchner
Odeonsplatz selbst in Brand gesetzt. Den Suizid wollte er als Protest
gegen die Wehrmachtsausstellung verstanden wissen. In seinem
‚Abschiedsbrief‘ beklagte er die “ungeheuerliche Beleidigung deutscher
Soldaten”, hetzte antisemitisch und leugnete den Holocaust.
Die Wehrmachtsausstellungen des Hamburger Institut für Sozialforschung
dokumentierten die Beteiligung der deutschen Wehrmacht am
nationalsozialistischen Vernichtungskrieg, an Shoah und Porajmos. Aus
der Naziszene wurden die Ausstellung und ihre Macher massiv angegriffen.
Proteste gegen die Wehrmachtsausstellung waren über viele Jahre
zentrales Thema und Aktionsfeld der deutschen Rechten. Bundesweit gab es
Naziaufmärsche gegen die Ausstellungen, in München marschierten am 1.
März 1997 ca. 5000 Nazis auf, konnten allerdings von Antifaschist_innen
gestoppt werden, auch am 12. Oktober 2002 liefen 500 Nazis durch
München.
Seit seinem Tod 1995 gilt Elstner den Münchner Nazis als Märtyrer und
Held, jedes Jahr veranstalten sie eine Kundgebung zu seinem Todestag.
Vorletztes Jahr zogen die Nazis nach der Kundgebung mit einem
unangekündigten Marsch durch die Münchner Innenstadt. Das Gedenken an
Elstner ist nichts, als die Verherrlichung seiner Taten, der
Gewaltverbrechen der Wehrmacht. Unser Gedenken gilt den Opfern des
nationalsozialistischen Terrors und Vernichtungskriegs! Machen wir diese
geschichtsrevisionistische Veranstaltung zum Debakel!
19:45 Max-Joseph-Platz