Karlsruhe. Obwohl eine 28-Jährige nach einem Schlagstockeinsatz mit Verdacht auf Unterschenkelbruch ins Krankenhaus musste, sprach die Polizei von einem weitgehend ungestörten Verlauf: Zum fünften Mal hatte Kargida, ein Ableger der Pegida, für Dienstag, 31. März, in Karlsruhe zu einer Kundgebung auf dem Stephanplatz aufgerufen. Nach Polizeiangaben kamen rund 120 TeilnehmerInnen.
Bereits vier Stunden vorher versammelten sich etwa 50 GegendemonstrantInnen dort zu einer Mahnwache gegen die fremdenfeindliche Bewegung. Als deren Organisatoren erschienen, um Vorbereitungen zu treffen, zogen die GegendemonstrantInnen zur Kundgebung des „Netzwerk gegen Rechts – No Kargida“ mit ungefähr 200 TeilnehmerInnen.
Um den Kargida-Aufzug zu schützen, ließ die Einsatzleitung der Polizei die Route vom Stephanplatz über die Amalienstraße und wieder zurück mit Hamburger Gittern und Polizeiketten absperren. Rund 40 Personen gelang es, auf die Kreuzung Hirschstraße/Amalienstraße zu gelangen, wo sie sich zu einer Sitzblockade niederließen.
Einsatzkräfte räumen Sitzblockade
Auch nach dreimaliger Aufforderung der Polizei, den Ort zu verlassen, blieben ungefähr 20 Männer und Frauen sitzen. Die Polizei drohte mit Anzeigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, wenn sie ihre Verkettung nicht lösten. Schließlich räumte die Polizei die Sitzblockade und nahm die TeilnehmerInnen in Gewahrsam.
Unter lautem Protest konnten die Teilnehmer der Kargida-Kundgebung, deren Zulauf von Mal zu Mal schwindet, wie geplant die Amalienstraße einmal hoch und wieder hinunter laufen. Neben Parolen wie „houu houu houu houu“ wurde auch „Nazis raus“ skandiert. Nachdem sie ihren Aufmarsch beendet hatten, wurden die Kargida-Anhänger mit zwei Bussen weggebracht.
Schon im Vorfeld der Demonstrationen hatte die Polizei AntifaschistInnen durchsucht – ebenso einen unserer Mitarbeiter, obwohl er seinen Presseausweis vorzeigte. Als er weiter fotografierte, drohten ihm die Beamten mit einer Anzeige, sollte er Fotos der Durchsuchung veröffentlichen oder bei der Demonstration als „Störenfried“ auffallen.
Polizei filmt Kundgebung ohne Anlass
Als Kargida schon die Hälfte ihrer Route gegangen und immer noch „nichts passiert“ war, brachte die Polizei aus nicht ersichtlichen Gründen Unruhe in die Situation. An der Polizeisperre am unteren Ende der Amalienstraße, wo überwiegend GegendemonstrantInnen des bürgerlichen Bündnisses ihre Meinung kund taten, setzten die Beamten schlagartig Helme auf und begannen zu filmen.
Auf den Hinweis eines Demonstranten, dass Filmen verboten sei, antwortete der Gruppenführer, er solle den gerichtlichen Weg gehen. Ausweisen wollte sich der Beamte jedoch nicht.
Gegen Ende der Demonstration eskalierte die Situation. Eine kleine Gruppe von GegendemonstrantInnen lief am Stephanplatz nahe der Karl-Apotheke auf eine Polizeisperre zu. Die Polizei setzte sofort Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Dabei wurden einige Personen verletzt. Wahllos stürmten nun von beiden Seiten parallel zu den Hamburger Gittern BFE-Einheiten in die anwachsende Menge.
Tritte auf wehrlose Demonstrantin
Einer 28-Jährigen wurde zunächst Pfefferspray in Gesicht gesprüht und die Wehrlose dann so stark getreten, dass sie zu Boden ging. Von einem zufällig als Demonstrant anwesenden Rettungsassistenten wurde sie erstversorgt und dann von einem Krankenwagen ins Krankenhaus gefahren. Die Vermutung: Unterschenkel gebrochen.
JournalistInnen, die das Gemenge fotografieren wollten, wurden massiv von der Polizei bei der Arbeit gestört. Einem Mitarbeiter der Beobachter News wurde gezielt auf die Kamera geschlagen.
Nachdem sich die Lage etwas beruhige hatte, griff die Polizei einzelne Personen heraus. Insgesamt wurden 17 Personen in Gewahrsam genommen. Vier weitere wurden in der Folge durch die Polizei aus der Menge herausgezogen.
Polizei wertet ihr Vorgehen als Erfolg
Trotz der schweren Verletzung der 28-Jährigen zog die Polizei eine insgesamt positive Bilanz des Abends. “Die konsequente Separierung der beiden Demonstrationslager ging auch diesmal wieder auf, so dass wir eine direkte Konfrontation verhindern konnten”, sagte der Einsatzleiter Wolfgang Tritsch einer Pressemitteilung der Polizei zufolge.
Insgesamt müssten sechs GegendemonstrantInnen mit Anzeigen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz und vier wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechnen müssen. Weitere neun würden wegen Beleidigung von Polizeibeamten angezeigt.