Übergriffe und Drohungen gegen Politiker: Leipzigs Bürgermeister Jung unter Polizeischutz

Erstveröffentlicht: 
27.03.2015

Dresden. Angesichts sich häufender Fälle mutmaßlich rechtsextremer Drohungen gegen Mandatsträger hat die Staatsregierung ein hartes Durchgreifen angekündigt. Solche Auswüchse im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte seien nicht hinnehmbar, sagte Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) am Freitag nach einer Sitzung des Lenkungsausschusses „Asyl“ in Dresden. Sämtliche Fälle würden beim für Extremismus zuständigen Operativen Abwehrzentrum (OAZ) gebündelt, sagte Innenstaatssekretär Michael Wilhelm (CDU). „Wir werden das mit aller Macht und ohne Gnade verfolgen.“ 

 

Bislang ermittle das OAZ wegen Fällen in Pirna, Kamenz, Bautzen und Leipzig. Es sei davon auszugehen, dass es weitere Bedrohungen gegeben habe, die aber noch nicht angezeigt worden seien, sagte Wilhelm. „Wir fordern alle betroffenen Mandatsträger auf, sich beim OAZ zu melden.“ Das Landeskriminalamt sei beauftragt worden, alle Fälle rückwirkend zum 1. Januar zu recherchieren und an das OAZ zu übergeben.

Seit Legida nehmen Drohungen gegen Leipzigs OB massiv zu

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), der nach eigenen Angaben 30 Mal bedroht wurde und deshalb unter Polizeischutz steht, machte den Leipziger Ableger der Pegida-Bewegung indirekt für die Zunahme der Anfeindungen mitverantwortlich. „Ich habe in meiner Amtszeit ein, zwei Mal Drohungen erhalten. Und seit wir die Legida-Demonstrationen haben, zum ersten Mal eine gehäufte Bedrohungssituation bis hin zum Polizeischutz.“ Das sei eindeutig das Ergebnis einer islam- und fremdenfeindlichen Stimmung. „Es kommt aus einer demokratieskeptischen bis rechtsradikalen, fremdenfeindlichen Szene.“

Köpping sprach von einer Veränderung in der Gesellschaft. „Ich glaube, dass durch Facebook und Pegida eine Schleuse geöffnet worden ist, dass in politischen Auseinandersetzungen, im Umgang miteinander, Grenzen verletzt werden.“ Als Beispiel nannte sie die von Pegida immer wieder benutzen Begriffe wie „Lügenpresse“ und „Volksverräter“. Der Lenkungsausschuss habe ein Zeichen setzen wollen, „dass wir unsere Mandatsträger schützen“, sagte Köpping. Auch sie forderte alle Betroffenen auf, entsprechende Drohungen bei der Polizei anzuzeigen. 

Zuletzt war der Pirnaer Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) nach einer fremdenfeindlichen Demonstration der rechtsextremen NPD in seiner Stadt am Telefon beleidigt und aufgefordert worden, sich aus der Asylpolitik zurückzuziehen. Auch in Ostsachsen und im Erzgebirge waren Politiker wegen ihres Engagements für Flüchtlinge angefeindet worden. Anfang März hatte der Rücktritt des ehrenamtlichen Bürgermeisters des Ortes Tröglitz in Sachsen-Anhalt bundesweit für Aufsehen gesorgt, der wegen der geplanten Aufnahme von Flüchtlingen angefeindet worden war.(mit dpa)