Neue Ideen fürs "Kyosk"

Rumble in the Jungle: Wie’s mit dem „Kyosk“ weitergeht, ist derzeit nicht ganz klar. Eine Prüfung läuft, ob die Bedingungen der Konzession für eine nicht-kommerzielle Nutzung eingehalten
Erstveröffentlicht: 
26.03.2015

Die alten Betreiber wollen abgeben, ein neuer Verein SAL will übernehmen, Stadtbau zögert.

 

INNENSTADT. Weithin sichtbar ist der "Kyosk" im Quartier Grün hinter dichter Dschungelbemalung und üppiger Efeuberankung. Von den benachbarten Jahrhundertwendehäuser und jüngeren 80er-Jahre-Bauten hebt er sich deutlich ab. Drinnen ist vom frischen Äußeren nicht viel geblieben: Der Kyosk, der sich als nachbarschaftlicher Treffpunkt versteht, wirkt nach 16 Jahren matt. Winfried Lutz, einer der einstigen Initiatoren, drängt es schon lange nach Aufbruch – nun meldet ein neuer Stadtteilverein Interesse an. Die Stadtbau als Vermieterin hält sich bislang bedeckt.

 

Das originelle Sortiment im Ein-Raum-Treffpunkt an der Adlerstraße kann mehr als ein gewöhnlicher Kiosk: Außer Bier, Tabak und Zigaretten gibt’s hier natürlich die obligatorischen sauren Zungen und süßen Sachen, aber auch alle Größen Gummidichtungen für Espressokannen und Gelbe Säcke, Scheren, Stadtpläne sowie Sprayfarben. Ein paar zusammengewürfelte Sitzmöbel und hinterm Tresen die Kaffeemaschine signalisieren: Hier können Gäste verweilen – zu den Öffnungszeiten, die vorzugsweise zwischen 16 und 22 Uhr liegen.

 

Das war auch die Idee der derzeitigen drei Mieter, einer von ihnen ist Winfried Lutz. Die drei haben mit dem bisherigen Betreiberverein vom "Kyosk", dem "Verein für Wohnqualität und Lebensfreude", mitten im Quartier einen Ort geboten, an dem nachbarschaftliches Miteinander stattfinden kann – ohne kommerzielle Interessen der Betreiber. In der Nachbarschaft allerdings vermutete man über die Jahre immer wieder, dass hier eigentlich ein regulärer Kneipenbetrieb veranstaltet werde. Entsprechend wurden die Behörden informiert. Derzeit überprüft das Regierungspräsidium, ob die Bedingungen der Konzession für eine nicht-kommerzielle Nutzung eingehalten werden.

 

Egal, wie das laufende Verfahren ausgeht, steht für den Kyosk eine Veränderung an. Auf die setzt Winfried Lutz – auch er ein Mitglied des derzeitigen Betreibervereins – schon seit Jahren. Zwar läuft aus seiner Sicht alles rund, jedoch suche er selber immer wieder nach Veränderung in seinem beruflichen Leben. Die will er aber nicht angehen, ohne das Kyosk-Unterfangen sinnvoll weiterzugeben. Im August 2014 gründeten im Viertel rund 25 engagierte Anwohnerinnen und Anwohner einen Verein mit dem sperrigen Namen "Für stadtteilpolitische und soziokulturelle Alternativen", kurz: SAL (Internet: sal-freiburg.org). Es zeigte sich, dass die Ideen von SAL gut zum Kyosk passen könnten, und man richtete – laut SAL Mitgründer Jochen Gimmel schon im August – eine Anfrage an die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB), ob das Mietverhältnis mit den ursprünglich drei Mietern übergehen könne auf den Verein. Seither warte man auf ein konstruktives Gespräch. Als man nachfragte, habe es Besuch von der Stadtbau gegeben, die drei Mitarbeiter zum Ausmessen der Kyosk-Räumlichkeiten schickte, zu denen es angeblich keine Pläne gäbe.

 

Gerüchte hielten sich seither im Kyosk-Umfeld, die Stadtbau plane, zu kündigen. Nein, sagt auf Nachfrage FSB-Geschäftsführer Ralf Klausmann, es gebe keine solchen Überlegungen, nur sei das Schreiben von Mieterseite plus dem neuen Verein nicht von allen drei aktuellen Mietern unterzeichnet gewesen, darum habe man bislang nicht reagiert, sei aber offen für Gespräche.

 

Jochen Gimmel und Karen Zamorano vom neuen Quartiersverein SAL hoffen zwar auf die Option, dass SAL in dem kleinen Kyosk-Raum heimisch werden kann, betonen jedoch, dass dieser Verein unabhängig von diesem Raum (und zwei winzigen Nebenräumen) eine lebendige Dynamik entwickelt: "Wir haben uns ganz klar mit dieser nachbarschaftlichen Ausrichtung zusammengetan – in einer sehr breiten und bunten Mischung und setzen auf einen alternativen, nicht-kommerziellen Begegnungsort." In dem könnten zum Beispiel in offenem Rahmen philosophische Seminare stattfinden, erklärt Jochen Gimmel, seines Zeichens Dozent für Philosophie an der Uni Freiburg.

 

Man wolle nicht einfach die Fortsetzung des Kyosk, sagt Jochen Gimmel, sondern der neue Verein wolle andere Akzente setzen und sich für ein gutes Leben in einem lebendigen Stadtteil starkmachen – nicht im Sinne einer kommerziellen Partymeile, sondern im Sinne der selbstbestimmten Gestaltung des öffentlichen Raums. Als öffentlichen Raum, nämlich als Treffpunkt für die Bewohner, strebt der Verein den Ladenraum an. Der Kontakt zum "Bürgerforum Sedanquartier" sei erwünscht, aber man verstehe sich als "andere Stimme" aus dem Quartier, die nicht die "law and order"-Schiene propagiere. Gimmel: "Wir sind besorgt über diese Entwicklung hier im Viertel."