Kritik an CDU nach Treffen mit islamkritischer Bewegung
Von Christoph Springer und jörg schurig
Dresden. Pegida "spaziert" durch Dresden, zu Protestkundgebungen
gegen die "Patriotischen Europäer" kommen immer weniger Demonstranten,
und der Pegida-Ableger "Direkte Demokratie für Europa" (DDfE) gibt auf.
Das ist das Fazit nach dem 18. Pegida-Aufmarsch gestern Abend, der
wieder auf dem Altmarkt startete und dem sich laut Polizei etwa 6500
Menschen anschlossen. Die Verantwortlichen der Bewegung meldeten gestern
mehr als die doppelte Teilnehmerzahl. Sie sprachen von 15000 Menschen,
die sich dem 18. "Spaziergang" angeschlossen haben.
Tatjana Festerling, neues norddeutsches Vorstandsmitglied im
Pegida-Verein, beschwor in ihren Reden ostdeutsche Stärken. Sie
forderte, "verwurzelte Werte" zu pflegen und gab nach Ansicht von
Pegida-Gegnern zugleich ihre Bewerbung für die OB-Kandidatur der
"Patriotischen Europäer" ab. Sie forderte, eine Mauer zum "linksgrünen
Volksversorgungsparadies" im Westen zu errichten, "diesmal aber
richtig".
Lutz Bachmann kündigte eine Großveranstaltung "seiner" Organisation am
23. oder 30. März im Ostragehege an. Nach Informationen dieser Zeitung
ist der Veranstaltungsort allerdings noch nicht bestätigt.
Zu den Pegida-Gegenveranstal- tungen kamen gestern zwischen 500 und 600
Menschen. Parallel dazu gaben Kathrin Oertel und Rene Jahn, beide
ehemals Vorstandsmitglieder bei Pegida, bekannt, ihre Organisation DDfE
werde künftig nicht mehr auf die Straße gehen. Jahn kündigte zugleich
neue Initiativen an.
Zugleich gerieten CDU-Politiker aus Dresden vonseiten der Opposition
unter Druck, weil sie sich abseits der Öffentlichkeit mit Vertretern der
islamkritischen Pegida-Bewegung getroffen haben. Grünen-Landeschefin
Christin Bahnert warf der Union gestern vor, Pegida eine Bühne zu
bieten. Die CDU werte damit eine Gruppe auf, die "fremdenfeindliche
Stimmung macht und vor Gewalt nicht zurückschreckt". Die Sächsische
Zeitung berichtete, dass CDU-Politiker sich seit dem 28. Januar - dem
Zeitpunkt, als Pegida bereits gespalten war - wiederholt mit Vertretern
der Bewegung trafen. "Ich bin irritiert. Bisher bin ich davon
ausgegangen, dass es nicht die Aufgabe der sächsischen CDU ist,
Menschen, die das demokratische System infrage stellen, zu bestärken",
erklärte Bahnert.
Die Grünen-Chefin verwies darauf, dass zuletzt Demos von Pegida und
ihren Sympathisanten in Aggression umgeschlagen seien. Rico Gebhardt,
Partei- und Fraktionschef der Linken, forderte die CDU-Bundeszentrale
auf, der "Geisterfahrt ihrer sächsischen Parteifreunde" nicht tatenlos
zuschauen. Er erinnerte daran, dass Pegida-Anführer Lutz Bachmann
Flüchtlinge als "Gelumpe", "Dreckspack" und "Viehzeug" bezeichnete.
Laut der Sächsischen Zeitung hat zudem der Dresdner
CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz drei Pegida-Anhängern zu einem
Termin in Berlin verholfen. Sie würden mit Staatssekretär Friedrich
Kitschelt aus dem Entwicklungshilfeministerium zusammenkommen. Der
sächsische CDU-Landtagsabgeordnete Lars Rohwer wird mit den Worten
zitiert, man müsse konstatieren, "dass Pegida es geschafft hat, die
Systemfrage wieder auf die Tagesordnung zu setzen". Christiane Wirtz,
Vize-Sprecherin der Bundesregierung, wollte die geplante Begegnung nicht
bewerten. Wenn das Entwicklungshilfeministerium "mit Bürgern über
Flüchtlingsfragen spricht, brauche ich das für die Bundesregierung nicht
weiter zu kommentieren".
"Wir stehen dazu, mit all jenen das Gespräch zu führen, die sich für
Inhalte und Fakten interessieren", sagte CDU-Generalsekretär und
Unions-Bundestags-Fraktionsvize Michael Kretschmer. Solche Gespräche
würden auf einem sicheren Fundament der Rechtsstaatlichkeit geführt:
"Ein Politiker muss offen sein für die Meinung anderer, auch wenn er sie
nicht teilt." Wer Arnold Vaatz in diesem Fall für sein Handeln
kritisiere, habe jegliches Maß an Anstand verloren.