Während am Montag nach PEGIDA versucht wurde, eine Kundgebung von Geflüchteten vor der Semperoper unter “Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!”-Rufen anzugreifen, fand am Freitag erstmals auch in Freital eine Demonstration gegen eine Unterkunft für geflüchtete Menschen statt. Völlig überraschend kamen dabei mehr als 2.000 Personen zusammen, die sich in den frühen Abendstunden hinter dem bereits bei PEGIDA am vergangenen Montag gezeigten Fronttransparent “Wir – nur wir sind das Volk – und geben nun den Takt an. Ihr dort oben – Heuchler – Lügner – Vaterlandsbetrüger. Unser Anfang mit Pegida läutet euer Ende ein” versammelten, um gemeinsam durch die Kreisstadt unweit von Dresden zu ziehen (Fotos).
Neben Transparenten, auf denen eine Abschiebung so genannter Wirtschaftsflüchtlinge gefordert wurde, wurden auch zahlreiche Deutschlandfahnen gezeigt. Schon in den letzten Tagen war in der Stadt in einigen Geschäften mit Unterschriftslisten gegen die Unterkunft im Stadtteil Döhlen mobil gemacht worden.
Im Verlauf der Demonstration unter dem Motto “Freital wehrt sich. Nein zum Hotelheim” war die anwesende Polizei immer wieder mit Feuerwerkskörpern angegriffen worden. Etliche Menschen versuchten anschließend in Kleingruppen zur Sammelunterkunft durchzubrechen. Zuvor hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der rassistischen Demonstration die genehmigte Route verlassen und waren zu den in einem Hotel untergebrachten Asylsuchenden gezogen. Der stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD), Jan Zwerg, zeigte sich im Nachgang bei Facebook über die große Zahl der an den Protesten beteiligten Menschen erfreut und appelliert daran, dass ein ‘Nein zum Hotelheim’ nicht ‘Stürmt das Hotelheim’ heißen sollte.
Die Ereignisse von Freital sind jedoch längst kein Einzelfall mehr, bereits in der Nacht zum Freitag war es im ostsächsischen Hoyerswerda zu einem Angriff auf eine als Notunterkunft vorgesehene Turnhalle gekommen. Dabei konnte die Polizei nach Zeugenhinweisen fünf Männer im Alter zwischen 20 und 32 Jahren als Tatverdächtige vorläufig festnehmen. Bei dem Angriff waren nicht nur rechte Parolen und verfassungsfeindliche Symbole gesprüht, sondern auch etliche Scheiben des Gebäudes zerstört worden. Inzwischen hat das Operative Abwehrzentrum der Sächsischen Polizei die Ermittlungen übernommen. Erst am Mittwoch waren in den Dresdner Stadtteilen Dobritz und Seidnitz mehrere Hausfassaden und eine Schule mit rechten Parolen beschmiert worden.
Nach der in den letzten Tagen laut gewordenen Kritik an den Protesten von Asylsuchenden in Dresden hatte sich heute auch das Dresdner Netzwerk “Asyl, Migration, Flucht” (NAMF) zu Wort gemeldet. In ihrer Stellungnahme wiesen sie die Kritik an den Sprecherinnen und Sprechern der Dresdner Proteste als “heuchlerisch” zurück und zeigten sich solidarisch mit all den “Menschen und Gruppen, die für die Wahrnehmung und die Rechte von Geflüchteten und für Menschen- und Bürgerrechte auf der Straße oder an anderen Orten kämpfen”. “Vereine,” so das Netzwerk weiter, “die durch den Kampf der Refugees ihre Arbeit in Gefahr sehen bzw. befürchten, dass sich der Einsatz von Geflüchtenen für bessere Lebensbedingungen negativ auf andere Asylsuchende auswirken könnte, werden durch solche Aussagen zum Sprachrohr der herrschenden, konservativ-dominierten Politik und Gesellschaft, die Geflüchteten seit Jahrzehnten den Mund verbieten will und eine unbedingte Anpassung fordern. Notwendig ist es aber, sich von solch einem Diskurs zu befreien und endlich gesehen und beachtet zu werden, denn nur dann wird sich die Situation für alle Geflüchteten auch verbessern.”
Ungeachtet einer gestiegenen Zahl rassistischer Übergriffe und immer neuer Proteste von Einwohnerinnen und Einwohnern gegen geplante Unterkünfte für Asylsuchende überall in Sachsen, zeigen die Verlautbarungen und Gespräche durch die im Freistaat politisch Verantwortlichen, dass in den kommenden Monaten nicht mit einer Entspannung zu rechnen sein wird. Stattdessen ist das von der CDU auf einer Klausurtagung im Kloster St. Marienthal heute beschlossene “Positionspapier zu Integration und Zuwanderung” als deutlicher Hinweis zu verstehen, dass die bereits seit mehreren Monaten andauernde rassistische Stimmungsmache von der Landespolitik für Gesetzesverschärfungen gegenüber denjenigen verwendet werden soll, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben in eines der reichsten Länder der Welt geflohen sind. Zuwanderung soll nach den Vorstellungen der CDU in Zukunft nur noch “auf Grundlage konkreter Nachfrage an Arbeitskräften” erfolgen.