Pegida-Anhänger attackieren Flüchtlingscamp / Heute Entscheidung über Protestaktion
Von Christoph Springer
Dresden. Angespannte Situation auf dem Theaterplatz. Zwischen Hofkirche
und Semperoper standen sich gestern Abend gegen 21.15 Uhr die Gegner
und Unterstützer des Flüchtlingscamps auf dem Theaterplatz gegenüber.
"Räumen", skandierten die Gegner, die zumeist von der Pegida-Kundgebung
auf dem Neumarkt gekommen waren. Die Polizei sorgte dafür, dass es ruhig
blieb.
Dieser Begegnung war ein Tag vorausgegangen, an dem die Aktivisten in
den Zelten vor der Oper zwischen Hoffen und Bangen schwankten. Im
Mittelpunkt stand dabei eine Entscheidung der Stadtverwaltung. Demnach
hatten sie bis 20 Uhr Zeit, ihre Zelte abzubauen, die Toiletten
abtransportieren zu lassen und sich auf eine Dauerdemonstra- tion ohne
Schlafplätze einzurichten. Denn die Protestaktion für mehr Rechte von
Flüchtlingen wurde genehmigt. Bis Ende März. Allerdings ohne die
CampEinrichtung.
Gestern Vormittag besuchen Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping
(SPD) und der Ausländerbeauftragte des Freistaats, Geert Mackenroth
(CDU) das Zeltlager. Sie äußern sich danach vorsichtig positiv über die
Aktion. Auch die Aktivisten um Refugee-Sprecherin Baharak bewerten den
Besuch später positiv. Via Twitter hielten die Organisatoren des Camps
später ihre Anhänger auf dem Laufenden und organisierten sich Hilfe.
"Wir brauchen Klopapier, Müllbeutel und Klebeband", schreiben sie gegen
11 Uhr, außerdem baten sie um Lebensmittel. Daraufhin rollt eine
Spendenaktion an, die sie am späten Nachmittag selbst stoppen müssen.
Die Entscheidung gegen die CampEinrichtung, die das Ordnungsamt am
späten Vormittag kund tat, bezeichneten Baharak und ihre Mitstreiter als
Angriff auf ihre Sicherheit. Die Zelte und deren Einrichtung sei dafür
wichtig, ohne dieses Equipment müsse man auf dem nackten Boden sitzen
und sei der Kälte ausgeliefert.
Gegen 14 Uhr erlebten die "Camper" den nächsten Rückschlag. Die Oper
stoppte die Stromzufuhr für die Zelte. "Aus humanitären Gründen" sei das
Camp bis zum Montagmorgen weiter mit Strom versorgt worden, sagt später
Andreas Friedrich, Sprecher des Ministeriums für Wissenschaft und
Kunst. Dann hätten sich Semperoper-Chef Wolfgang Rothe und Ministerin
Eva-Maria Stange (SPD) darauf verständigt, dass der Strom abgestellt
wird. "Herr Rothe erklärte es den Organisatoren des Camps persönlich",
so Friedrich. Im Internet war davon nichts zu lesen. Stattdessen
erweckten die Einträge der Camp-Verantwortlichen den Eindruck, die
Stromversorgung sei überraschend gekappt worden. Zugleich wurde die
Weltoffenheit der Oper infrage gestellt.
Um 15 Uhr erklären die Organisatoren erneut ihre Position in einer
Pressekonferenz. Dabei stellen sie klar: Die Zelte werden nicht
abgebaut. Sie wollen bis 20 Uhr abwarten und dann auf das reagieren, was
die Polizei tut, sagt Sprecherin Baharak.
Ab 17 Uhr strömten schließlich hunderte Camp-Unterstützer vor die Oper,
die einem entsprechenden Aufruf des Bündnisses Dresden Nazifrei folgen.
Das Postplatzkonzert, das sich eigentlich gegen den Pegida-Aufmarsch am
Abend richtet, fand dieses Mal auf dem Theaterplatz statt und sollte
laut den Verantwortlichen ebenfalls als Unterstützungsaktion für die
Camp-Aktivisten verstanden werden.
Mark Feilitzsch, einer der Anwälte der "Camper", sagte am Abend, die
Erwiderung gegen die Entscheidung der Stadt gegen das Camp sei ans
Verwaltungsgericht geschickt worden. Kurz nach 20 Uhr wurde schließlich
bekannt: Frühestens heute entscheidet sich, wie es auf dem Theaterplatz
weitergeht.