Ermittlungen gegen 194 Tatverdächtige Von Sabine Kreuz
Die Beschlagnahmung von 150 Mobiltelefonen nach der von schweren Krawallen überschatteten Demonstration Mitte Januar in Leipzig war rechtmäßig. Einige Betroffene hatten sich juristisch zur Wehr gesetzt. Doch "in allen bisher entschiedenen Fällen" habe der zuständige Ermittlungsrichter die Rechtmäßigkeit bestätigt, sagte Oberstaatsanwalt Ralf-Uwe Korth gestern auf Anfrage. Betroffene hatten in der Aktion Verstöße gegen den Datenschutz sowie gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gesehen (die LVZ berichtete).
Nachdem linksextreme Gewalttäter am Abend des 15. Januar eine Spur der
Verwüstung durch Leipzig gezogen, dabei vor allem Gerichtsgebäude sowie
auch eine Bank und ein Geschäft angegriffen hatten, ordnete die
Staatsanwaltschaft die Sicherstellung als polizeiliche Sofortmaßnahme
"bei allen als Tatverdächtige festgestellten Personen" an. Begründung:
Alle Mobiltelefone kämen als mögliche Beweismittel bei den Ermittlungen
in Betracht. Dazu zählten etwa damit aufgenommene Fotos, die Personen
beim Einwerfen von Fensterscheiben oder Besprühen von Justizgebäuden
zeigen, nannte Korth als Beispiele. Das Landeskriminalamt Sachsen wertet
die Daten aus. "Ein Riesenaufwand", so der Sprecher der
Staatsanwaltschaft. Über die Inhalte des Materials machte er mit Verweis
auf laufende Ermittlungen keine Angaben.
"Die Mobiltelefone werden nach Sicherung der Daten derzeit wieder an
die Beschuldigten herausgegeben", sagte Korth. Nachdem erste Personen
ihre Handys zurückerhalten hätten, laufe die Aktion sukzessive weiter.
Die Staatsanwaltschaft hat gegen 194 Personen, die als Teilnehmer des
gewalttätigen Aufzuges festgestellt wurden, Ermittlungsverfahren wegen
des Tatverdachts des schweren Landfriedensbruches aufgenommen. Darüber
hinaus wurden weitere Verfahren gegen unbekannt eingeleitet, da sich
etliche Personen dem polizeilichen Zugriff hätten entziehen können.
Landfriedensbruch kann mit Geld- oder Strafen bis zu drei Jahren Haft
geahndet werden, besonders schwere Fälle des Landfriedensbruches mit bis
zu zehn Jahren. Außerdem konzentrieren sich die Behörden auf den
beziehungsweise die bislang unbekannten Leiter des Aufzuges. Grund: Nach
Ansicht der Ermittler handelte es sich am 15. Januar keineswegs um eine
Spontandemo, da die Teilnehmer via Internet bereits ab Tagesmitte
mobilisiert worden seien und daher eine Anmeldung zum Beispiel in Form
einer Eilversammlung vor Beginn jederzeit möglich gewesen wäre. Als
Anlass für die Gewaltorgie linksextremistisch motivierter Gewalttäter
hatte der Tod des Asylbewerbers Khaled in Dresden herhalten müssen. Die
Anmeldepflicht sei offensichtlich bewusst missachtet worden, so die
Staatsanwaltschaft. Auch ein derartiger Verstoß gegen das
Versammlungsgesetz könne mit Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu einem
Jahr sanktioniert werden. Ein Ende der Ermittlungen sei noch nicht
abzusehen, sagte Korth.
Der Schaden an den Gebäuden beläuft sich auf mehrere Zehntausend Euro.
Allein die Kosten für Reparatur- und Sofortmaßnahmen am Amtsgericht
Leipzig betragen laut Jörg Herold, Sprecher des Justizministeriums,
25000 Euro. 37 Fensterscheiben mit Sicherheitsverglasung seien
beschädigt worden. "Auf Grund der Lieferfristen für die
Sicherheitsverglasungen kann der Einbau erst Ende März/Anfang April
erfolgen", so Herold. Nach dem nächtlichen Angriff sei eine Reihe von
Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, über die er keine näheren
Angaben machen wollte. Nur so viel: Kontrolldichte sowie Präsenz der
Wachtmeisterei auch nach Ende der Öffnungszeiten seien erhöht und durch
eine private Wachschutzfirma verstärkt worden.