Geld für Demonstranten und 48 Busse: Die Mythen der Pegida-Anhänger über ihre Gegner

Erstveröffentlicht: 
16.02.2015

Dresden. Für einen Teil der Pegida-Demonstranten ist die Welt sehr einfach: Über den politischen Gegner kursieren im Internet und auf den montäglichen Veranstaltungen allerhand Gerüchte und Behauptungen. Im Internet und vor allem in den sozialen Netzwerken machen verschiedenste Verschwörungstheorien die Runde. DNN-Online versucht, einige davon zu entwirren.

 

Die Gegendemonstranten sind alle gekauft

Erst am Samstag waren sich Teilnehmer einer AfD-Veranstaltung sicher: Die Gegendemonstranten würden gleich alle von der Landesregierung einen McDonalds-Gutschein erhalten. Kommen Pegida und Nopegida ins Gespräch, ist einer der ersten Vorwürfe: Wer gegen Pegida demonstriert, bekommt dafür Geld. Anfangs war von zehn Euro die Rede, inzwischen sind es angeblich 25 Euro, und zwar pro Stunde.

 

Auslöser war ein Jobangebot der Landesregierung Anfang Dezember. Am Rande des Dresdner Sternlaufes gegen Pegida hatte der Freistaat 18 Promoter gesucht, die für zehn Euro die Stunde Luftballons aufpusten und verteilen sollten. Pegida schlussfolgerte daraus, dass alle Demonstranten bezahlt würden. Auch wenn die Staatskanzlei das schnell als „Unfug“ dementierte, bis heute glauben viele Pegida-Befürworter das Märchen, das auch von der AfD befeuert wird.

„Wir haben den Verdacht, dass die Staatskanzlei Gegendemonstranten zu Standorten gefahren hat, um dort Luftballons aufsteigen zu lassen. Die Regierung darf aber keine Demonstrationen mit Steuermitteln unterstützen. Die AfD-Fraktion wird dazu eine Kleine Anfrage im Landtag stellen“, hatte AfD-Fraktionschefin Frauke Petry am 15. Dezember angekündigt – eine Anfrage haben Petry und die Fraktion bis heute nicht gestellt.

Der „Staat“ bezahlt die Gegendemos und zwingt seine Angestellten zur Teilnahme


Nach Meinung einiger Pegida-Anhänger werden nicht nur die Gegendemonstranten bezahlt, der „Staat“ bezahle und organisiere die kompletten Gegendemos. Richtig ist: Es gab exakt eine vom Freistaat und der Stadt organisierte und finanzierte Veranstaltung – die Großkundgebung mit bis zu 35.000 Menschen am 10. Januar auf dem Neumarkt. Die kostete rund 100.000 Euro. „Wir waren gemeinsam mit dem Freistaat Mitveranstalter der Kundgebung und haben daraus nie ein Geheimnis gemacht“, so Rathaussprecher Kai Schulz. Es sei nur logisch, dass sich die Stadt als Veranstalter auch an der Finanzierung beteilige. Die Neutralitätspflicht sei dabei nicht verletzt worden. „Wie es der Name der Veranstaltung schon sagt, wurde nicht gegen eine politische Orientierung, sondern für Weltoffenheit, Mitmenschlichkeit und Dialog demonstriert.“

Alle anderen Veranstaltungen, von den Protesten in Hör- und Sichtweite über die Postplatzkonzerte bis hin zum großen Konzert mit Herbert Grönemeyer und anderen Stars auf dem Neumarkt wurden privat organisiert und finanziert. So wird beispielsweise auf dem Postplatz montags Geld gesammelt, um Technik und Bühnen zu mieten. Für das Großkonzert am 26. Januar verzichteten alle Künstler auf ihre Gage, der Verein „Dresden - Place to be“ finanzierte die Veranstaltung auf eigenes Risiko vor und hofft, so viel wie möglich durch Spenden refinanzieren zu können. Bisher kamen rund 175.000 Euro Spenden zusammen. Das deckt jedoch noch nicht die Ausgaben.

 

Zudem heißt es immer wieder, der „Staat“ zwinge seine Angestellten, an Gegendemos teilzunehmen. Auch dies ist eine unbewiesene Behauptung. Richtig ist, dass einige Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen ihren Angestellten und Studenten erlauben, einige Minuten eher zu gehen, wenn sie sich aus eigenem Wunsch an den Protesten beteiligen wollen.

Der Antifa e.V. und die 48 Busse

Seit einigen Tagen machen im Internet Schaubilder die Runde, die die angeblichen Verflechtungen zwischen Politik, Medien, Gewerkschaften und einem „Antifa e.V.“ beziehungsweise einer „Antifa GmbH“ konstruieren. Aber: Einen Antifa e.V. gibt es nicht. Die Konstruktion eines Vereines oder einer GmbH soll eine feste Struktur vortäuschen. Was es gibt, sind in verschiedenen Städten zahlreiche mal lose, mal feste Gruppierungen, die weder alle das Gleiche denken, noch die gleichen Ziele haben.

Woher das Gerücht kommt, die Antifa wäre regelmäßig mit „48 Bussen“ in Dresden, ist nicht aufzuklären. Eventuell stammt dieses Gerücht aus einer „Bild“-Meldung zum 19. Januar. An diesem Tag wurde die geplante Pegida-Demo wegen einer Drohung gegen Pegida-Gründer Lutz Bachmann abgesagt. Laut „welt.de“ hatte „Bild“ damals berichtet, es seien 48 Antifa-Busse aus ganz Deutschland in Dresden angekündigt gewesen.

 

Pegida suggeriert damit, dass ein Großteil der Gegendemonstranten gar nicht aus Dresden komme. Woher die Gegendemonstranten stammen, ist unklar, dies wurde bisher nie untersucht. Beobachtungen vor Ort lassen aber nicht darauf schließen, dass viele auswärtige dabei sind. Hingegen sagen mehrere Studien, dass nur ein Drittel der Pegida-Teilnehmer aus Dresden kommt.

Die gewalttätigen Gegendemos und der Buttersäure-Anschlag

Gebetsmühlenartig schürt Pegida die Mär von gewalttätigen Gegendemonstranten. Fakt ist allerdings, dass es rund um die Demos bisher fast ausnahmslos friedlich blieb. Lediglich am Rande von zwei Veranstaltung kam es tatsächlich zu Tumulten – diese gingen von beiden Seiten aus und sind vor allem bei der Veranstaltung am 8. Dezember filmisch festgehalten. Pegida-Demosntranten warfen damals Pyrotechnik in die Menge der Sternlauf-Teilnehmer. Ansonsten protestierten die Gegendemonstranten bis auf vereinzelte Rangeleien bei An- oder Abreise friedlich, wie auch die Polizei bestätigt.

Gleiches gilt auch für einen angeblichen Buttersäure-Anschlag. Als der Pegida-Zug am 1. Dezember auf dem Terrassenufer wegen einer Sitzblockade stoppen und später umdrehen musste, behaupteten einige Menschen, es habe einen Buttersäure-Anschlag gegeben. Dieser lässt sich aber nicht bestätigen, lediglich „Bild“ hatte darüber berichtet. Doch weder konnte die Polizei das bestätigen, noch war durch irgendeinen anderen Beobachter der extrem strenge Geruch von Butansäure bemerkt worden.

Gewerkschaften bezahlen Blockade-Bußgelder


Das neueste Gerücht, das Pegida pünktlich zum 13. Februar verbreitete: Der Deutsche Gewerkschaftsbund übernehme die Bußgelder bei Sitzblockaden. Eine dreiste Lüge, wie die Facebookseite „PegidaWatch“ hinwies. Ein Blick in das Protokoll der entsprechenden DGB-Sitzung zeigt, dass dies nie beschlossen, sondern lediglich diskutiert wurde.

Pegida habe sich wegen Drohungen und beruflichen Nachteilen aufgespalten

Als Ende Januar sechs Pegida-Gründer überraschend zurücktraten , hatte Pegida dafür schnell eine Erklärung: Kathrin Oertel und Thomas Tallacker seien zurückgetreten, da sie bedroht worden seien und berufliche Nachteile erlitten hätten, hieß es in einem offiziellen Statement. Die beiden Ex-Pegida-Organisatoren wiesen das jedoch als falsch zurück. Gründe für ihren Rücktritt seien ausschließlich die Personalie Lutz Bachmann und der Schulterschluss mit Legida in Leipzig gewesen.