Dresden. Für einen Teil der Pegida-Demonstranten ist die Welt sehr einfach: Über den politischen Gegner kursieren im Internet und auf den montäglichen Veranstaltungen allerhand Gerüchte und Behauptungen. Im Internet und vor allem in den sozialen Netzwerken machen verschiedenste Verschwörungstheorien die Runde. DNN-Online versucht, einige davon zu entwirren.
Die Gegendemonstranten sind alle gekauft
Erst am Samstag waren sich Teilnehmer einer AfD-Veranstaltung sicher: Die Gegendemonstranten würden
gleich alle von der Landesregierung einen McDonalds-Gutschein erhalten.
Kommen Pegida und Nopegida ins Gespräch, ist einer der ersten Vorwürfe:
Wer gegen Pegida demonstriert, bekommt dafür Geld. Anfangs war von zehn
Euro die Rede, inzwischen sind es angeblich 25 Euro, und zwar pro
Stunde.
Auslöser war ein Jobangebot der Landesregierung Anfang Dezember. Am Rande des Dresdner Sternlaufes gegen Pegida hatte der Freistaat 18
Promoter gesucht, die für zehn Euro die Stunde Luftballons aufpusten und
verteilen sollten. Pegida schlussfolgerte daraus, dass alle
Demonstranten bezahlt würden. Auch wenn die Staatskanzlei das schnell
als „Unfug“ dementierte, bis heute glauben viele Pegida-Befürworter das
Märchen, das auch von der AfD befeuert wird.
„Wir haben den
Verdacht, dass die Staatskanzlei Gegendemonstranten zu Standorten
gefahren hat, um dort Luftballons aufsteigen zu lassen. Die Regierung
darf aber keine Demonstrationen mit Steuermitteln unterstützen. Die
AfD-Fraktion wird dazu eine Kleine Anfrage im Landtag stellen“, hatte
AfD-Fraktionschefin Frauke Petry am 15. Dezember angekündigt – eine
Anfrage haben Petry und die Fraktion bis heute nicht gestellt.
Der „Staat“ bezahlt die Gegendemos und zwingt seine Angestellten zur Teilnahme
Nach Meinung einiger Pegida-Anhänger werden nicht nur die
Gegendemonstranten bezahlt, der „Staat“ bezahle und organisiere die
kompletten Gegendemos. Richtig ist: Es gab exakt eine vom Freistaat und
der Stadt organisierte und finanzierte Veranstaltung – die Großkundgebung mit bis zu 35.000 Menschen am 10.
Januar auf dem Neumarkt. Die kostete rund 100.000 Euro. „Wir waren
gemeinsam mit dem Freistaat Mitveranstalter der Kundgebung und haben
daraus nie ein Geheimnis gemacht“, so Rathaussprecher Kai Schulz. Es sei
nur logisch, dass sich die Stadt als Veranstalter auch an der
Finanzierung beteilige. Die Neutralitätspflicht sei dabei nicht verletzt
worden. „Wie es der Name der Veranstaltung schon sagt, wurde nicht
gegen eine politische Orientierung, sondern für Weltoffenheit,
Mitmenschlichkeit und Dialog demonstriert.“
Alle anderen Veranstaltungen, von den Protesten in Hör- und Sichtweite über die Postplatzkonzerte bis hin zum großen Konzert mit Herbert Grönemeyer und anderen Stars auf dem Neumarkt wurden privat
organisiert und finanziert. So wird beispielsweise auf dem Postplatz
montags Geld gesammelt, um Technik und Bühnen zu mieten. Für das
Großkonzert am 26. Januar verzichteten alle Künstler auf ihre Gage, der
Verein „Dresden - Place to be“ finanzierte die Veranstaltung auf eigenes
Risiko vor und hofft, so viel wie möglich durch Spenden refinanzieren
zu können. Bisher kamen rund 175.000 Euro Spenden zusammen. Das deckt
jedoch noch nicht die Ausgaben.
Zudem heißt es immer wieder, der „Staat“ zwinge seine Angestellten, an
Gegendemos teilzunehmen. Auch dies ist eine unbewiesene Behauptung.
Richtig ist, dass einige Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen ihren
Angestellten und Studenten erlauben, einige Minuten eher zu gehen, wenn
sie sich aus eigenem Wunsch an den Protesten beteiligen wollen.
Der Antifa e.V. und die 48 Busse
Seit
einigen Tagen machen im Internet Schaubilder die Runde, die die
angeblichen Verflechtungen zwischen Politik, Medien, Gewerkschaften und
einem „Antifa e.V.“ beziehungsweise einer „Antifa GmbH“ konstruieren.
Aber: Einen Antifa e.V. gibt es nicht. Die Konstruktion eines Vereines
oder einer GmbH soll eine feste Struktur vortäuschen. Was es gibt, sind
in verschiedenen Städten zahlreiche mal lose, mal feste Gruppierungen,
die weder alle das Gleiche denken, noch die gleichen Ziele haben.
Woher
das Gerücht kommt, die Antifa wäre regelmäßig mit „48 Bussen“ in
Dresden, ist nicht aufzuklären. Eventuell stammt dieses Gerücht aus
einer „Bild“-Meldung zum 19. Januar. An diesem Tag wurde die geplante
Pegida-Demo wegen einer Drohung gegen Pegida-Gründer Lutz Bachmann
abgesagt. Laut „welt.de“ hatte „Bild“ damals berichtet, es seien 48
Antifa-Busse aus ganz Deutschland in Dresden angekündigt gewesen.
Pegida suggeriert damit, dass ein Großteil der Gegendemonstranten gar
nicht aus Dresden komme. Woher die Gegendemonstranten stammen, ist
unklar, dies wurde bisher nie untersucht. Beobachtungen vor Ort lassen
aber nicht darauf schließen, dass viele auswärtige dabei sind. Hingegen
sagen mehrere Studien, dass nur ein Drittel der Pegida-Teilnehmer aus
Dresden kommt.
Die gewalttätigen Gegendemos und der Buttersäure-Anschlag
Gebetsmühlenartig
schürt Pegida die Mär von gewalttätigen Gegendemonstranten. Fakt ist
allerdings, dass es rund um die Demos bisher fast ausnahmslos friedlich
blieb. Lediglich am Rande von zwei Veranstaltung kam es tatsächlich zu
Tumulten – diese gingen von beiden Seiten aus und sind vor allem bei der
Veranstaltung am 8. Dezember filmisch festgehalten.
Pegida-Demosntranten warfen damals Pyrotechnik in die Menge der Sternlauf-Teilnehmer. Ansonsten
protestierten die Gegendemonstranten bis auf vereinzelte Rangeleien bei
An- oder Abreise friedlich, wie auch die Polizei bestätigt.
Gleiches gilt auch für einen angeblichen Buttersäure-Anschlag. Als der Pegida-Zug am 1. Dezember auf dem Terrassenufer wegen einer
Sitzblockade stoppen und später umdrehen musste, behaupteten einige
Menschen, es habe einen Buttersäure-Anschlag gegeben. Dieser lässt sich
aber nicht bestätigen, lediglich „Bild“ hatte darüber berichtet. Doch
weder konnte die Polizei das bestätigen, noch war durch irgendeinen
anderen Beobachter der extrem strenge Geruch von Butansäure bemerkt
worden.
Gewerkschaften bezahlen Blockade-Bußgelder
Das neueste Gerücht, das Pegida pünktlich zum 13. Februar verbreitete:
Der Deutsche Gewerkschaftsbund übernehme die Bußgelder bei
Sitzblockaden. Eine dreiste Lüge, wie die Facebookseite „PegidaWatch“
hinwies. Ein Blick in das Protokoll der entsprechenden DGB-Sitzung
zeigt, dass dies nie beschlossen, sondern lediglich diskutiert wurde.
Pegida habe sich wegen Drohungen und beruflichen Nachteilen aufgespalten
Als Ende Januar sechs Pegida-Gründer überraschend zurücktraten , hatte Pegida dafür schnell eine
Erklärung: Kathrin Oertel und Thomas Tallacker seien zurückgetreten, da
sie bedroht worden seien und berufliche Nachteile erlitten hätten, hieß
es in einem offiziellen Statement. Die beiden Ex-Pegida-Organisatoren
wiesen das jedoch als falsch zurück. Gründe für ihren Rücktritt seien
ausschließlich die Personalie Lutz Bachmann und der Schulterschluss mit
Legida in Leipzig gewesen.