Schnellere Prüfung für Kosovo-Flüchtlinge

Erstveröffentlicht: 
14.02.2015

Innenminister der Länder vereinbaren neues Verfahren / Deutsche Behörden fürchten eine neue Ausreisewelle Von Dieter Wonka Berlin. Bund und Länder haben weitere konkrete Schritte zur beschleunigten Bearbeitung der Asylanträge von Zuwanderern aus dem Kosovo vereinbart. Zusätzliches Personal soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verstärken. Damit sollen die Prüfverfahren in den besonders betroffenen Zuzugsländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg auf höchstens zwei Wochen verkürzt werden.


Der von Bayern geforderten Kategorisierung des Kosovo als "sicheres Herkunftsland" in den geltenden Asylverfahren haben die Innenminister von Bund und Ländern in einer Telefonkonferenz keine größere Unterstützung gegeben. Als Sofortmaßnahme sei diese Forderung nicht sinnvoll, hieß es sowohl von christdemokratischen als auch von sozialdemokratischen Innenministern. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) forderte gegenüber dieser Zeitung eine "schnelle und zielgerichtete Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingswelle". Allein nach Niedersachsen seien seit dem 1. Februar fast 1400 Kosovaren gekommen. Mit dem schnelleren Verfahren werde den Menschen "nichts genommen", erklärte Pistorius - denn die Anerkennungsquoten für Menschen aus dem Kosovo seien extrem gering.


Pistorius verteidigte die Beschleunigung der Asylverfahren gegen Kritik vor allem von den Grünen. "Wir brauchen jetzt pragmatische, schnelle Lösungen. Deswegen sind es jetzt die operativen und administrativen Dinge, auf die es ankommt", erklärte der SPD-Politiker. Die Erstaufnahmeeinrichtungen würden "aus den Nähten platzen".


Der Kosovo ist der ärmste Staat in Südosteuropa. Nach den Kriterien der Weltbank lebt ein Drittel der Bürger unterhalb der Armutsgrenze. Die Arbeitslosigkeit liegt inoffiziell bei rund 45 Prozent. Seit rund 15 Jahren warten die Menschen auf die ihnen von der internationalen Staatengemeinschaft nach dem Ende des Balkankrieges versprochene Verbesserung der Wirtschaftslage. Den rund 15000 aktuellen Armutsflüchtlingen aus der Region könnten nach Einschätzung der deutschen Botschaft mehr als 200000 folgen. Angeblich hat ein Sechstel der Bevölkerung von 1,4 Millionen die Absicht zur Ausreise.


Die ungarischen und serbischen Grenzbehörden sehen sich nicht in der Lage, die Ausreisewelle zu unterbinden. Die Innenminister haben nun eine weitere Unterstützung der polizeilichen Grenzbehörden verabredet. Oft genug begegnen im Kosovo zur Flucht entschlossene Bürger in ihren klapprigen Fluchtautos den meist in Luxusautos patrouillierenden Bossen der einschlägigen Schleuserbanden. Der Kosovo gilt als stark von mafiösen Strukturen durchsetzt. Der aktuelle Tarif pro Bürger für eine Schleusung nach Deutschland liegt momentan bei rund 900 Euro.