Leipzig. Politiker und Bürgerorganisationen zeigen sich erschreckt über das Verbot der vierten Legida-Demonstration, darunter auch Gegner des Leipziger Pegida-Ablegers. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit dürfe nicht schon wieder eingeschränkt werden, hieß es am Samstagabend vielfach. Die erzwungene Absage der Demo ist die zweite in Sachsen binnen drei Wochen.
Am 19. Januar war der sogenannte Abendspaziergang der Pegida in Dresden
der auf Druck der Polizei abgesagt worden. Nach angeblichen
Anschlagsdrohungen durch Islamisten auf Lutz Bachmann lautete auch dort
die Begründung, die Sicherheit aller Versammlungsteilnehmer könne nicht
gewährleistet werden.
Valentin Lippmann, innenpolitischer
Sprecher der Grünen im Landtag, nannte das erneute Verbot ein
Armutszeugnis für den Freistaat. „Sachsens Bürger können sich endgültig
nicht mehr sicher sein. dass sie ihr Grundrecht auf
Demonstrationsfreiheit jederzeit ausüben können.“ Wenn die Polizei nicht
mehr in der Lage sei, Demonstrationen und Kundgebungen ausreichend
abzusichern sei der demokratische Rechtstaat in Gefahr.
Aus einem
Zustand, der eigentlich eine absolute Ausnahme sein sollte, werde nun
offenbar die Regel, nannte der Leipziger SPD-Landtagsabgeordnete Holger
Mann (SPD) gegenüber LVZ-Online den Schritt der Leipziger Verwaltung.
„Wenn sich ein solcher Vorgang in so kurzer Zeit wiederholt, ist das für
alle Seiten unschön.“ Er hält allerdings die Entscheidung des Leipziger
Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) angesichts der Bedrohungslage
für konsequent.
Christian Hartmann, innenpolitischer Sprecher der
CDU-Fraktion im Landtag, nannte die Entscheidung der Stadt Leipzig
dagegen unverhältnismäßig. In der Messestadt stünden am Montagabend rund
1000 Polizeikräfte bereit. „Damit sind die Demonstrationen hinreichend
abgesichert. Von einem Polizeinotstand kann nicht die Rede sein.“ Die
Stadt solle stattdessen über geeignete Auflagen für die Demonstration
nachdenken, so Hartmann. Die Leipziger Verwaltung hatte diesen Weg mit
Blick auf die dritte Legida-Veranstaltung am 30. Januar für nicht
machbar erklärt. Bei der stationären Kundgebung seien damals 2000
Polizisten im Einsatz gewesen, zu wenige, um gewalttätige Übergriffe bei
der An- und Abreise der verschiedenen Demonstrationslager zu
verhindern.
Die Untersagung der Legida-Demonstration komme einer
Kapitulation des Rechtsstaates gleich und sei ein Offenbarungseid der
verantwortlichen Politiker, kritisierte der Bundesvorsitzende der
Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Er wies die
Verantwortung dafür klar dem Dresdner Innenministerium zu. „Die
Sparpolitik der vergangenen Jahre, die zu massiven
Personalbestandskürzungen bei der Polizei geführt hat, fällt der
politischen Führung jetzt auf die Füße und beschädigt unseren
Rechtsstaat.“
Auch das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“
übte deutliche Kritik an dem Versammlungsverbot. Zwar bewertet das
Netzwerk jeden verhinderten Legida-Aufmarsch positiv. Doch das dürfe
nicht Resultat eines Eingriffes der Verwaltung in die Grundrechte sein.
Nach
Ansicht von Holger Mann, lässt sich der gegenwärtige Mangel an Beamten
nicht kurzfristig lösen. Zwar wolle die CDU-SPD-Regierungskoalition im
neuen Haushalt mehr Mittel für neue Polizisten bereitstellen. „Man kann
aber nicht tausende Polizisten einstellen, die dann sofort einsetzbar
sind. Die Ausbildung dauert drei Jahre“, so Mann.
Der Politiker
machte auch die Organisatoren der Demonstrationen mitverantwortlich für
die Situation. „Sie müssen sich fragen lassen, ob sie wirklich drei
Veranstaltungen in den drei sächsischen Großstädten gleichzeitig
brauchen, um überall für die gleichen Inhalte auf die Straße zu gehen.
Sie könnten sich genauso gut auch auf ein Ereignis konzentrieren“, so
Mann.
Für den kommenden Montag sind derzeit außer der
Legida-Demonstration noch Versammlungen von Pegida in Dresden und Cegida
in Chemnitz angemeldet.