Sachsens Landesregierung arbeitet an Zentrum zur Datenüberwachung

Erstveröffentlicht: 
05.02.2015

Gemeinsam mit vier weiteren Bundesländern will Sachsen eine neue polizeiliche Einrichtung zur Kontrolle der Telekommunikation schaffen. Die Opposition ist skeptisch.

 

Dresden. Es ist ein Posten, der viele Fragen aufwirft: 4,2 Millionen Euro hat die Landesregierung in den Haushaltsentwurf 2015/16 für ein "gemeinsames Rechen- und Dienstleistungszentrum auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung" eingestellt - geplant "als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts der Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, der Freistaaten Sachsen und Thüringen". Vielen Abgeordneten im Landtag war das Projekt bislang völlig unbekannt. Dabei laufen offenbar schon seit Jahren Vorbereitungen.

Im Innenministerium in Dresden reagierte man am Donnerstag wortkarg. Ein Sprecher von Minister Markus Ulbig (CDU) sagte der "Freien Presse", es laufe ein Prüfprozess über die Möglichkeit eines gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums der fünf Bundesländer, die in einer Sicherheitskooperation zusammenarbeiten. Zum Hintergrund der Pläne hieß es: "Aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts der Telekommunikation werden bis etwa zum Jahre 2017 erhebliche Investitionen erforderlich werden, um die hochspezialisierten technischen Systeme der Polizei zur Telekommunikationsüberwachung den neuen Technologien anzupassen."

Details zu Aufgaben, Kompetenzen, technischer Ausstattung und zum Sitz der Einrichtung gab das Ministerium nicht bekannt. Es laufe ein Willensbildungs- und Entscheidungsprozess, hieß es. Zudem müssten datenschutzrechtliche sowie grundlegende gesetzliche Voraussetzungen geprüft werden. Zu den eingeplanten 4,2 Millionen Euro erklärte der Sprecher, mit den angemeldeten Mitteln solle Haushaltsvorsorge geschaffen werden.

Das Land Brandenburg bestätigte die Pläne. Eine Sprecherin des Innenministeriums in Potsdam sagte, Sachsen habe bei dem Projekt die Federführung übernommen.

Während Brandenburg noch keine Mittel im Etat eingeplant hat, arbeitet man in Dresden schon länger an Umsetzungsmöglichkeiten für das Projekt. Im Internet findet sich eine öffentliche Ausschreibung für "Beratungsleistungen, rechtliches Gutachten sowie Konzeption zur Bildung/Einrichtung eines Rechen- und Dienstleistungszentrums für die stationäre Telekommunikationsüberwachung der Mitteldeutschen Sicherheitskooperation und des Landes Berlin" vom 17. September 2012. Auftraggeber: das sächsische Innenministerium.

Die Opposition im Landtag verlangt Aufklärung. Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sagte: "Für dieses ominöse Kompetenzzentrum, das in der Form einer Anstalt öffentlichen Rechts geführt werden soll, fehlt derzeit jegliche gesetzliche Grundlage. Weder wurde dem Landtag ein dazu erforderlicher Staatsvertrag oder ein Errichtungsgesetz vorgelegt, noch wurde den Abgeordneten bisher überhaupt mitgeteilt, dass die Errichtung eines solchen Zentrums geplant ist." Lippmann ergänzte: "Wir haben massive Datenschutzbedenken bei diesem Vorhaben."

Der innenpolitische Sprecher der Linken, Enrico Stange, äußerte ebenfalls Zweifel, dass die geplante Fünf-Länder-Überwachungsanstalt "eine sinnvolle Einrichtung wäre". Der Haushaltsposten sei eine Überraschung gewesen, die Regierung müsse nun einige Fragen beantworten. "Wir haben Befürchtungen, dass man noch stärker in grundrechtsrelevante Bereiche eindringen will."

 

Die länderübergreifende Sicherheitskooperation


Zur Bekämpfung schwerer Straftaten haben die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Jahr 2002 eine Sicherheitskooperation beschlossen. Seit 2004 ist auch Brandenburg dabei, das Land Berlin nimmt momentan noch als Gast an den Besprechungen teil, will aber in Kürze beitreten. Innerhalb der Kooperation befassen sich die Partner mit Themen wie organisierter Kriminalität, effizienterer Fahndung nach Personen und Sachen, der Erhöhung der Verkehrssicherheit und dem Ausbau eines umfassenden länderübergreifenden Informationsaustauschs. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der grenzüberschreitenden Kriminalität, insbesondere beim Kfz-Diebstahl. Die Sicherheitskonferenzen werden turnusmäßig unter wechselndem Vorsitz durchgeführt.

 
erschienen am 05.02.2015 (Von Oliver Hach)