Von Roland Herold Ein eiskalter Wind fegt über den Augustusplatz. Schneeflocken tanzen, als etwa gegen 18 Uhr die ersten Legida-Demonstranten eintreffen. Menschen, denen man ansieht, dass sie soziale Sorgen bewegen. Ihnen folgen junge Männer mit breiten Schultern und Gutbürgerliche, die an der Goethestraße von Gegendemonstranten behindert werden.
"Das müsste die Presse mal schreiben", flucht Organisator Silvio Rösler einem Fernsehteam vom Sender N-TV hinterher. Tatsächlich sind viele Journalisten, Fotografen und Kameraleute an diesem Abend dabei und wollen ein paar Stimmen einfangen. Zur Ausländersituation in Leipzig beispielsweise. Ein älterer Herr ist bereit, sich zu äußern: "In meiner Straße geht es ja noch, da stehen nur zwei Dönerbuden. Aber es gibt Viertel in Leipzig, da möchte ich mein Auto nicht parken." Inzwischen tönen aus der Grimmaischen Straße Rufe herüber: "Nazis raus! Nazis raus!". "Warum die Bullen da nicht räumen, verstehe ich nicht. Die haben doch Knüppel und Waffen", wundert sich ein Mann in schwarzem Anorak.
Zehn Minuten nach 19 Uhr geht es los. Rösler spricht zum Thema "Islam,
Asyl und Ausländer". Es müsse endlich Klartext geredet werden, ruft er
in die Menge. Deutschland sei zwar ein gastfreundliches Land. Aber nicht
für jene, die es als "Selbstbedienungsland und soziale Hängematte"
nutzten. Dafür gibt es lautes Gejohle.
Nach ihm wird "Manfred aus Mansfeld" auf die Bühne gebeten und fragt:
"Warum sind wir hier? Weil uns der radikale Islam auf die Straße
treibt." Er zum Beispiel habe gehört, dass es in Neukölln ganz schlimm
sein soll. Am Ende unterläuft ihm ein Fauxpas. "Redet endlich mit der
Presse", ruft er. "Damit ihr eure politischen Ziele verbreiten könnt."
Er erntet "Buhs", und Rösler muss Manfred rasch einbremsen, weil der
"übers Ziel hinausgeschossen" sei. Aber so sei er halt, der Manfred.
Nun spricht ein Mann in langem braunen Ledermantel, der als Friedrich
Fröbel vorgestellt wird. "Welche Elite soll uns denn was erklären!",
ruft er mit sich überschlagender Stimme. Die Berliner Politik habe doch
längst abgewirtschaftet. "Preußenschweine! Preußenschweine!", antwortet
die Menge. Dann kommt Fröbel zur Sache. "Die ersten, die für den Erhalt
unserer Freiheit und Demokratie auf die Straße gegangen sind, waren
nicht die Gründer von Pegida, sondern die Hooligans!" Hooligans, sagt
er, seien vergleichbar mit Lützows Jägern im Befreiungskrieg gegen
Napoleon. Ein große Gruppe vor der Bühne jubelt begeistert. Fröbel ruft
ihnen zu: "Versprecht mir, dass das Einzige, was ihr je auf deutsche
Polizeibeamte werfen werdet, freundschaftliche Blicke der Anerkennung
sind."
Nach ihm wirkt Götz Kubitschek, Verleger der Neuen Rechten, blass. Die
Stadt, die Kirchen und alle Politiker landauf und landab hätten
versucht, die Demonstranten von ihrem Marsch abzubringen.
"Volksverräter! Volksverräter!", skandiert die Menge.
Immer wieder werden Deutschlandfahnen und Plakate geschwenkt. Auf einem
steht "B. Jung - der neue Sudel-Ede". Auf einem zweiten, nicht mehr
ganz aktuell: "Wulff und Merkel = Verrat am deutschen Volk".
Es gibt aber auch andere Meinungen. Ein Banner "Vielfalt, Toleranz,
Offenheit" schwebt hoch über der Legida-Bühne. Es ist das Transparent,
das die Leipziger Oper aufgehängt hat.