Dresden. Schwere Führungskrise bei Pegida: Die Sprecherin der islamkritischen Bewegung, Kathrin Oertel, und vier weitere Mitglieder des Organisationsteams haben ihre Ämter niedergelegt. Das bestätigte das Bündnis am Mittwoch auf seiner Internetseite. Zudem wurde die Pegida-Kundgebung für kommenden Montag abgesagt, bestätigte eine Sprecher der Stadt Dresden. Zu den Gründen wurden keine Angaben gemacht.
„Kathrin hat vorerst ihr Amt als Pressesprecherin niedergelegt“, teilte
Pegida mit und sprach von einer „Auszeit“ wegen massiver Anfeindungen,
Drohungen und beruflicher Nachteile. Weiter hieß es, der frühere
CDU-Stadtrat von Meißen, Thomas Tallacker, habe in letzter Zeit wegen
der Presseberichterstattung berufliche Nachteile gehabt. In einer
Sondersitzung soll in den nächsten Tagen ein neuer Vorstand gewählt
werden. Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann sagte der „Süddeutschen
Zeitung“ Oertel sei zurückgetreten, weil sie aus Antifa-Kreisen massiv
bedroht worden sei. Weder Oertel noch er stünden künftig für
Vorstandsposten zur Verfügung.
Verein diskutiert trotz Rücktritt über Rolle Bachmanns
Auch
der Wirtschaftsberater Bernd-Volker Lincke trat aus dem Führungskreis
zurück. Er sagte: „Ich kann und will mich mit den Äußerungen von Lutz
Bachmann nicht identifizieren.“ Nach seinen Worten steigen auch
AfD-Mitglied Achim Exner und Vereinsvize René Jahn aus. Tallacker sagte,
er wolle sich vor Donnerstag nicht äußern. Nach Berichten mehrerer
Medien wurde bei einer Sitzung des Vereinsvorstands am Dienstagabend
über die Rolle Bachmanns diskutiert. Er wolle sich entgegen seiner
Ankündigungen offenbar doch nicht ganz aus der Bewegung zurückziehen.
Bachmann hatte vor genau einer Woche seinen Rückzug angekündigt. Anlass waren Facebook-Einträge mit rassistischem Inhalt. Bachmann hatte zudem als Hitler frisiert in dem sozialen
Netzwerk posiert, tat das aber als Satire ab. „Ich entschuldige mich
aufrichtig bei allen Bürgern, die sich von meinen Postings angegriffen
fühlen. Es waren unüberlegte Äußerungen, die ich so heute nicht mehr
tätigen würde. Es tut mir leid, dass ich damit den Interessen unserer
Bewegung geschadet haben, und ziehe daraus die Konsequenzen“, erklärte
Bachmann in Dresden.
„Die jetzt bekannt gewordenen
Facebook-Postings Lutz Bachmanns vom September weisen wir als Verein
aufs Schärfste zurück. Sie tragen nicht dazu bei, Vertrauen zu den
Zielen und Protagonisten von Pegida zu entwickeln. Vokabeln wie
‚Viehzeug‘, ‚Dreckspack‘ und ‚Gelumpe‘ gehören ebenso wenig in einen
politischen Diskurs wie ‚Rattenfänger‘ (Ulbig), ‚Mischpoke‘ (Özdemir)
oder ‚übelriechender braungrüner Schleim‘ (taz). Nur persönliche
Integrität schafft politische Glaubwürdigkeit“, kommentierte Oertel den
Rücktritt vor einer Woche.
Politikwissenschaftler sieht keine Zukunft für Pegida
Der
Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke sieht angesichts der
schweren Führungskrise bei der islamkritischen Bewegung Pegida keine
Zukunft für das Bündnis. „Das ist der Anfang vom Ende der
Pegida-Bewegung“, sagte Funke am Mittwoch. Derart viel Chaos könne das
Bündnis nicht ertragen. „Man kann keine Bewegung erhalten, die in sich
zerstritten ist und nicht weiß, was sie will.“ Funke betonte: „Es
spricht viel dafür, dass die Bewegung in dieser Form bald zerfallen
wird.“ Die „Feindbildmache“, die Pegida bislang betreibe, könne das
Bündnis offenkundig nicht zusammenhalten. „Das Faszinosum ist längst
weg.“ Funke wertete die Streitigkeiten an der Pegida-Spitze als positive
Entwicklung. „Das ist eine Stunde für die Demokratie und gegen die
Ausgrenzung.“ (mit dpa)