Pegida distanziert sich von dessen Äußerungen und bedauert zugleich den Verlust des Gründers
Von Christoph Springer
Dresden. Lutz Bachmann ist als Vorsitzender des Pegida-Vereins
zurückgetreten. Das gab die Organisation gestern in Dresden bekannt.
Anlass waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den 41-Jährigen,
die gestern Vormittag aufgenommen worden sind. Dabei geht es um
Facebook-Einträge mit ausländerfeindlichen Formulierungen. Auch ein Foto
von Bachmann in Hitler-Pose, das der Ex-Chef der "Patriotischen
Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" laut eigenen Angaben
von sich gemacht hat, löste heftige Kritik aus.
Bachmann hat den Chefsessel selbst geräumt, ließ Pegida-Sprecherin
Katrhin Oertel wissen. Zugleich meldete sich der 41-Jährige ein letztes
Mal in einer Pegida-Pressemitteilung zu Wort: "Ich entschuldige mich
aufrichtig bei allen Bürgern, die sich von meinen Postings angegriffen
fühlen", erklärte er am Abend. Das seien "unüberlegte Äußerungen"
gewesen, die er so "heute nicht mehr tätigen würde". Außerdem bedaure
er, dass er damit den Pegida-Interessen geschadet habe und ziehe daraus
die Konsequenzen. Bei Facebook hatte sich Bachmann im September 2014 in
einer geschlossenen Gruppe zu Wort gemeldet. Dort ging es um
Asylbewerber, die im Sozialamt vorsprechen. Bachmann bezeichnete diese
Menschen als "Viehzeug", "Gelumpe" und "Drecks- pack".
Eine Internet-Freundin Bachmanns machte die Kommentare öffentlich, die
Organisation Anonymous verbreitete sie weiter. Die Verantwortlichen
hatten zu keiner Zeit Zweifel an der Echtheit der Einträge, die
ursprünglich mit einem Facebook-Profil des Ex-Pegida-Chefs verbunden
waren. Diese Sicht unterstützt auch das Netzwerk Pegida#watch, das die
Aktivitäten der Organisation im Web kritisch verfolgt. "Wir haben
keinerlei Zweifel an der Echtheit", teilten die Verantwortlichen auf
Anfrage dieser Zeitung mit. Einerseits entsprächen sie "ziemlich exakt
dem, was wir auch bei anderen Gelegenheiten von Herrn Bachmann an
Material gesammelt haben", zum Teil sogar wortwörtlich. Andererseits
seien die Beiträge "bis vor kurzem noch ganz normal sichtbar gewesen".
Genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Screenshots am Dienstag die Runde
machten. Schon die Löschung des Facebook-Kontos von Bachmann am
Dienstagmittag hatten Kritiker als Schuldeingeständnis gewertet. Mit
seinem Rücktritt gab Bachmann gestern nun seinen Kritikern Recht.
Die Staatsanwaltschaft Dresden nahm die Facebook-Einträge des
41-Jährigen gestern zum Anlass, um ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen.
Es werde untersucht, ob sie volksverhetzend sind, sagte Staatsanwalt
Jan Hille. Allerdings müsse auch geprüft werden, wer sie tatsächlich ins
Netz gestellt hat, und wer Zugriff auf das Facebook-Profil hatte, mit
dem sie verknüpft waren. Ein Foto, auf dem Bachmann als Hitler posiert,
und das er laut eigenen Angaben nach einem Friseurbesuch gemacht hat, um
es auf die Facebook-Seite des Schauspieler Christoph Maria Herbst zu
stellen, ist dagegen kein Thema für die Ermittler. Bachmann wollte es
als Satire verstanden wissen. Der Schauspieler ließ gestern mitteilen,
er selbst habe gar keine Facebook-Seite. "Ebenso falsch" sei die
Behauptung Bachmanns, er habe die Aufnahme mit einem "Like" versehen.
Pegida-Sprecherin Oertel äußerte gestern Zweifel an Bachmanns
persönlicher Integrität. Diese trügen nicht dazu bei, Vertrauen zu den
Zielen und Protagonisten von Pegida zu entwickeln. Bachmann habe sich
"viele Verdienste" bei Pegida erworben, stellte sie fest und äußerte ihr
Bedauern darüber, dass der "Pegida-Gründer" nun nicht mehr im
Vereinsvorstand mitarbeitet.
Schon Stunden vor der offiziellen Nachricht über Bachmanns Rücktritt
meldete sich gestern AfD-Sprecherin Frauke Petry mit einem Statement zu
Wort. "Die AfD verurteilt diese von Lutz Bachmann getätigten Äußerungen
aufs Schärfste und distanziert sich in aller Deutlichkeit davon", teilte
sie mit. Der Pegida-Frontmann habe "damit den mühsam erreichten Diskurs
zwischen Pegida-Teilnehmern und Politik beschädigt."
Wie es bei Pegida nun weiter geht, ist offen. Dazu äußerte sich Oertel
gestern nicht. Telefonisch war die Pegida-Sprecherin für diese Zeitung
nicht zu erreichen.