Petra Köpping (56, SPD), Sachsens erste Integrationsministerin, ist zuständig für die gut 88 000 Migranten unter den vier Millionen Sachsen. Die LVZ sprach mit ihr über Legida und die Folgen.
Welche Baustellen haben für Sie Priorität?
Dass wir genügend Geld bereitstellen für den Ausbau der
Asylbewerberheime, für den Sprachunterricht sowie die Arbeitsvermittlung
für jene Asylbewerber, die vom Gesetz her anspruchsberechtigt sind. Die
zweite Baustelle, die für mich Priorität hat, ist eine forcierte
Kommunikation - zwischen Politikern und Bevölkerung, zwischen einzelnen
politischen Ebenen, sprich zwischen Land und Kommunen.
Wie sieht Ihre Post dieser Tage aus? Wer schreibt Ihnen und was?
Ich kriege massig Post. Besonders viele fragen zur Außenpolitik
Deutschlands. Zum Beispiel, ob wir uns jetzt in Richtung USA orientieren
und gen Russland eher Sanktionen austeilen. Immer wieder heißt es auch,
dass wir in den vergangenen Jahren das Thema Integration politisch
nicht ernst genommen hätten. Viele unterscheiden übrigens in ihren
Schreiben nicht zwischen Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten. Und
fast alle haben mit ihren Mails und Briefen die soziale Spaltung der
Gesellschaft sichtbar gemacht und beklagt. Was sich dann in einem "Die
da oben" und "Die da unten" äußert.
Sie sagten kürzlich, "das Phänomen der selbst ernannten Patrioten
gegen die Islamisierung des Abendlandes" sei bei einem Muslimen-Anteil
von 0,4 Prozent in Dresden nicht wirklich zu erklären. Können Sie es
inzwischen?
Die verschiedenen politischen Gemengelagen machen das immer noch sehr
schwierig. Es ist einfach wirklich nötig, den Dialog zu suchen und ein
Stück all die angesprochenen Probleme zu sortieren, um auch gezielt auf
sie eingehen zu können. Allgemeine politische Aussagen helfen uns nicht
weiter.
Unter anderem mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich haben Sie
Dialogforen in Sachsen initiiert. Den Auftakt dazu gibt es morgen in
Dresden. Wie ist die Resonanz darauf?
Wir haben ja Leute, die uns schrieben und von denen wir Adressen
hatten, explizit sogar angeschrieben und eingeladen. Die Resonanz ist
groß, die Menschen sind schon interessiert. Ob wir mit unserer
Bürgerforen-Reihe auch nach Leipzig kommen, ist übrigens noch unklar.
Bei so etwas sind auch alle gesellschaftlichen Player gefragt, uns zu
unterstützen.
Sie waren jetzt auch in muslimischen Gemeinden unterwegs. Wie ist da die Stimmung?
Die wenigen Muslime, die in Sachsen leben, sind schon sehr verängstigt.
Sie erzählten, wie ihre Kinder in den Schulen angepöbelt werden, wie
sie auf der Straße missliebige Blicke ernten. Die Dresdner Community der
Eritreaer sagte mir, dass nach Einbruch der Dunkelheit von ihnen
niemand mehr eine Straße betritt.
Interview: Angelika Raulien