Unbekannte randalieren vor dem Rathaus Neukölln in Berlin. Sie werfen Steine und Farbbeutel. Als die Beamten am Tatort eintreffen, finden sie nur noch Flugblätter.
Eine Gruppe von 30 bis 50 Vermummten ist am späten Samstagabend randalierend durch Neukölln gezogen. Gegen 22.20 Uhr warfen sie Farbbeutel und Steine auf mehrere Gebäude, wie die Polizei berichtete. Eines der Ziele war das Rathaus Neukölln, dass mit Farbbeuteln beworfen wurde, aber auch das angrenzende Gebäude des Amtsgerichts sowie zwei Bankfilialen und drei Läden in einem nahen Einkaufszentrum wurden in Mitleidenschaft gezogen. Es entstand zum Teil erheblicher Sachschaden.
Großes Glück hatte nach Angaben der Polizei ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, der zufällig zur selben Zeit mit seinem Auto an einer roten Ampel halten musste. Vermummte warfen mit einem Stein die Heckscheibe des Autos ein und warfen durch das entstandene Loch Farbbeutel in den Wagen. Der Mann blieb unverletzt.
Offenbar um Vorsprung vor der Polizei zu gewinnen, hatten die Täter zuvor Manipulationen an zwei Polizeiabschnitten in der Nähe vorgenommen. Vor dem Abschnitt 55 in der Rollbergstraße wurden Krähenfüße auf der Fahrbahn verteilt. Jedoch fuhr sich darin kein Polizeiauto fest, sondern eine Unbeteiligte, die sich dabei die Vorderreifen ihres Autos zerstörte. Am Abschnitt 54 in der Sonnenallee wurde ein Kettenschloss an einem Tor angebracht.
Ein größeres Hindernis stellte das für die Polizei jedoch offenbar nicht dar. Jedenfalls wurden noch am Abend vier Verdächtige festgenommen – zwei von ihnen wurden nach erkennungsdienstlicher Behandlung wieder entlassen, zwei Männer im Alter von 22 und 26 Jahren wurden dem polizeilichen Staatsschutz übergeben. Mittlerweile sind jedoch alle Festgenommenen wieder auf freiem Fuß.
Anlass offenbar 10. Todestag von Oury Jalloh
Hintergrund der Randale war offenbar ein Gedenken an den Tod von Oury Jalloh vor zehn Jahren, rund um das Rathaus Neukölln wurden entsprechende Flyer gefunden. Der Asylbewerber aus Sierra Leone war vor zehn Jahren unter noch ungeklärten Umständen in einer Dessauer Polizeizelle verbrannt.
Bereits in der Nacht zu Donnerstag hatten bis zu 50 Vermummte mit Farbbeuteln und Pflastersteinen eine Polizeistation im Leipziger Stadtteil Connewitz angegriffen. Der Staatsschutz prüft, ob es einen Zusammenhang gibt.
Jalloh starb am 7. Januar 2005 an einer Liege gefesselt bei einem Brand in einer Gewahrsamszelle. Nach Darstellung der Polizei soll der Flüchtling die Matratze mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben. Der Bundesgerichtshof hatte 2014 in letzter Instanz die Verurteilung eines früheren Dienstgruppenleiters der Polizei wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10 800 Euro bestätigt.
Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau prüft seit Anfang 2014 in einem gesonderten Verfahren, ob es weitere Ermittlungsansätze zum Grund für den Ausbruch des Feuers gibt. Anlass ist eine Anzeige einer Gedenk-Initiative. Sie beruft sich auf ein neues, von ihr in Auftrag gegebenes Brandgutachten. Laut Staatsanwaltschaft ist ein Termin für den Abschluss der Untersuchungen noch nicht abzusehen.