Wie sich der Bürgerverein Waldstraßenviertel auf den Legida-Marsch am Montag vorbereitet
Von Dominic Welters, Evelyn ter Vehn und Robert Nößler
Gegen den von der Bewegung "Leipzig gegen die Islamisierung des
Abendlandes" für Montagabend angemeldeten sogenannten Abendspaziergang
durchs Waldstraßenviertel will der dort ansässige Bürgerverein drei
kreative Zeichen des friedlichen Protestes setzen. Seit gestern bittet
er die Bewohner und Geschäftsleute des Quartiers auf seiner
Internetseite (www.waldstrassenviertel.de), via Facebook und auf
Flugblättern darum, in den Häusern, Wohnungen, Läden und Büros in der Jahnallee (ab 17 Uhr)
und im übrigen Waldstraßenviertel (ab 18.30 Uhr) die Lichter zu
löschen; um die Parolen der Legida-Leute zu übertönen, die Fenster zu öffnen und
mit der Europa-Hymne "Ode an die Freude" aus der 9. Sinfonie von Ludwig
van Beethoven (via CD oder Youtube) das Viertel zu beschallen; zur Erinnerung an Intoleranz und Ausgrenzung Kerzen an den
"Stolpersteinen" aufzustellen sowie ab 18.30 Uhr zwischen dem Domizil
des Bürgervereins und dem von der Israelitischen Reli- gionsgemeinde zu
Leipzig geführten Begegnungszentrum Ariowitsch-Haus - das ist der
Bereich zwischen der Hinrichsenstraße 10 und 14 - mit Kerzen in den
Händen zu demonstrieren.
"In unserer Satzung sind als Vereinszweck ausdrücklich die Förderung
internationaler Gesinnung und die Toleranz auf allen Gebieten der Kultur
und der Völkerverständigung genannt. Bei einer Versammlung am
Dienstagabend waren alle anwesenden rund 50 Mitglieder dafür, ein
deutliches Signal für ein weltoffenes Leipzig zu setzen", sagte
Vorsitzender Jan Willkomm zu der geplanten Aktion des Bürgervereins
Waldstraßenviertel. Der 39-Jährige fragt sich schon, warum Legida
ausgerechnet durch dieses Karree zieht. "So richtig klar ist uns das
allen nicht." Er hoffe darauf, dass der mannigfaltige Protest gegen die
Islam- und Asyl-Gegner gewaltfrei verlaufe. "Die Polizei hat uns
allerdings auch vor der Gefahr von Straßenschlachten gewarnt", so
Willkomm.
Am gestrigen Mittwoch bestätigte das kommunale Ordnungsamt die Route
für den Legida-Aufmarsch. Die Unterstützer dürfen jedoch nicht wie
zunächst geplant vor den Eingängen zur Red-Bull-Arena starten. Dies sei
wegen der Verpachtung an die Stadion-Betreibergesellschaft ZSL nicht
möglich, so die Stadt. Stattdessen treffen sich die Anhänger von
"Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes" am öffentlichen
Parkplatz an der Friedrich-Ebert-Straße zur Auftaktkundgebung. Deren
Beginn wurde eine halbe Stunde nach hinten verschoben - auf jetzt 19
Uhr. Anschließend geht es durchs Waldstraßenviertel über die Wettiner
und Gustav-Adolf-Straße, dann weiter über die Leibnizstraße zur
Jahnallee stadtauswärts. Über den Waldplatz, die Waldstraße und die
Wettiner Straße führt die Route zurück zum Startpunkt am öffentlichen
Parkplatz an der Friedrich-Ebert-Straße. Wie berichtet, rechnet
Legida-Sprecher Jörg Hoyer, der die Schlussrede halten will, inzwischen
mit bis zu 6000 Sympathisanten. Das Ordnungsamt als Versammlungsbehörde
geht zudem von rund 5000 Gegendemonstranten aus.
Die Leipziger Stiftung Friedliche Revolution hat die mittlerweile in
Ost- und Westdeutschland operierende Pegida-Bewegung wegen des
Missbrauchs von "Wir sind das Volk" scharf kritisiert. In einer
Pressemitteilung betonte die Stiftung am Mittwoch, der Ruf der
Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 stehe für eine "multikulturelle
Gesellschaft, die für Verschiedenheit eintritt und darin keine
Bedrohung, sondern eine Bereicherung sieht". Wer "Wir sind das Volk"
rufe, müsse auch offen für alle sein. Die vor fünf Jahren gegründete
Stiftung rief für den 12. Januar zur Teilnahme am Friedensgebet ab 17
Uhr in der Nikolaikirche und am anschließenden Sternmarsch zum Waldplatz
auf.
Die sieben Gegenveranstaltungen
Für Montag, 12. Januar, sind beim städtischen Ordnungsamt neben dem Legida-Aufzug noch sieben weitere Demonstrationen beziehungsweise Kundgebungen angemeldet worden. Bei den Kooperationsgesprächen mit den Veranstaltern wurden inzwischen folgende Routen festgelegt:
Verein "Leipzig. Courage zeigen": Kundgebung unter dem Motto
"Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" auf dem
Waldplatz von 17.30 bis 21 Uhr mit erwarteten 1000 bis 1500 Teilnehmern;
es sprechen Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), Vertreter des
Vereins Flüchtlingsrat Leipzig und Asylsuchende; es gibt musikalische
Einlagen von "Prinz" Sebastian Krumbiegel und anderen.
"Bündnis 8. Mai": Der Aufzug unter dem Motto "Willkommen in
Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" verläuft zwischen 18 und
20 Uhr wie folgt: Lindenauer Markt, Kuhturmstraße, Jahnallee, Waldplatz;
dort Teilnahme an der Kundgebung des Courage-Vereins.
Initiative "Willkommen in Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt"
(Ex-Thomaspfarrer Christian Wolff und andere): Zwischen 17.45 und 19
Uhr Demonstration vom Nikolaikirchhof über Schuhmachergäßchen,
Reichsstraße, Grimmaische Straße, Thomasgasse, Thomaskirchhof, Querung
Dittrichring, Gottschedstraße, Elsterstraße, Mendelssohnstraße,
Friedrich-Ebert-Straße; dort Teilnahme an der Kundgebung des
Courage-Vereins. Die Veranstalter dieses Aufzuges und der Demo vom
"Bündnis 8. Mai" rechnen zusammen mit rund 1200 Teilnehmern.
"Bündnis Refugees welcome" I: Unter dem Motto "Refugees welcome!
Gegen jeden Rassismus" findet zwischen 16 und 19 Uhr ein Aufzug mit
folgender Route statt: Markt, Gottschedstraße, Käthe-Kollwitz-Straße,
Westplatz, Marschnerstraße, Am Sportforum (zwischen den Tunneln); dort
Kundgebung; Teilnehmer: zirka 250.
"Bündnis Refugees welcome" II: Die Demonstration "Refugees
welcome - NO LEGIDA" zwischen 17 und 20 Uhr mit geschätzten 300
Teilnehmern beginnt in der Friedrich-Ebert-Straße am Westplatz (Sammlung
und Auftakt) und verläuft über Käthe-Kollwitz-Straße, Goerdelerring,
Ranstädter Steinweg, Jakobstraße, Gustav-Adolf-Straße bis zur
Färberstraße/Ecke Hinrichsenstraße; dort Abschlusskundgebung.
"Leipziger Friedenswache - Nein zu Krieg und Fremdenfeindlichkeit":
Kundgebung auf dem Nikolaikirchhof oder auf dem Augustusplatz zwischen
18 und 21 Uhr mit 50 bis 200 Teilnehmern; möglicherweise entfällt die
Kundgebung zugunsten der Teilnahme an der Demonstration "Willkommen in
Leipzig - eine weltoffene Stadt der Vielfalt" (Ex-Thomaspfarrer
Christian Wolff und andere), die um 17.45 Uhr auf dem Nikolaikirchhof
beginnt und zum Waldplatz führt; dort Kundgebung.
Leipziger Studentinnen und Studenten: Aufzug zwischen 15.30 und
16.30 Uhr unter dem Motto "Leipziger Studierende gegen Rassismus" mit
folgender Route: Universitätsstraße, Schillerstraße, Martin-Luther-Ring,
Karl-Tauchnitz-Straße, Friedrich-Ebert-Straße, Westplatz; dort
Anschluss an die Demonstration von "Bündnis Refugees welcome";
Realisierbarkeit der angemeldeten Strecke wird vom kommunalen
Ordnungsamt als der zuständigen Versammlungsbehörde allerdings noch
geprüft.