Von Arnold Petersen - Dresden. Die Pegida-Bewegung hat quer durch Deutschland ein paar kleinere Ableger. Doch nirgendwo erreicht sie einen solchen Zulauf wie in Dresden. Gerade weil im Freistaat nur so wenig Muslime leben, greife das angebliche Bedrohungsszenario, sagt Thomas Platz von Sachsens Landeszentrale für politische Bildung. Die Bewegung sei aber inzwischen zu einem "Vehikel für unterschiedliche Akteure und Themen" geworden, erklärt Soziologe Platz den starken Zulauf. NPD-Anhänger hätten sich im Bestreben, wieder Fuß zu fassen, ebenso eingereiht wie die Hooligan-Szene oder Verschwörungstheoretiker. Vor allem aber ziehe Pegida Unzufriedene an, die meinten, die Politik nehme sie und ihre Probleme gar nicht wahr.
"In Sachsen wurde keine ausgeprägte Diskussionskultur entwickelt", so
Platz. Der Streit um Argumente habe sich in den jüngsten 25 Jahren
unzureichend entwickelt, auch weil das Land lange mit absoluter Mehrheit
regiert wurde. Die Demokratie sei noch nicht verinnerlicht, die
niedrige Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent habe es gezeigt.
Dresden sei der Ort, wo sich diese Stimmung Luft mache. Einen
Hintergrund bildeten auch die Demonstrationen zum 13. Februar anlässlich
des britische-amerikanischen Bombardements kurz vor Kriegsende 1945.
Die Nazi-Legende von der unschuldig zerstörten Stadt sei auch von der
DDR im Zeichen des Antiamerikanismus gepflegt und nie hinterfragt
worden. "Dresden hat eine bestimmte Demonstrationskultur. Manche nennen
es auch eine Unkultur."