Leipzig. Fußballvereine und Studenten zeigen Flagge, Kirchen, Künstler, Gewerkschaften und viele weitere Initiativen rufen zum Protest auf: Ein breites Bündnis will am Montag der anti-islamischen Legida-Demonstration in Leipzig entgegentreten. Auch in Halle und Grimma formiert sich inzwischen Widerstand für den 12. Januar. Es wird mit tausenden Teilnehmern beim Sternmarsch am Waldplatz und den bislang sieben angemeldeten Gegendemos gerechnet. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) lud am Montagabend alle Beteiligten zu einem runden Tisch ins Neue Rathaus ein und begrüßte das klare Signal gegen Fremdenfeindlichkeit.
„Ich freue mich, dass sich in Leipzig mit Blick auf die für den 12.
Januar angemeldete Legida-Demonstration ein solch vielfältiges Netzwerk
zusammengefunden hat und klar Position bezieht“, sagte Jung am Dienstag.
„Leipzig war schon immer eine weltoffene Stadt und ist groß geworden,
weil immer wieder Menschen zu uns gekommen sind. Das ist so und soll so
bleiben. Es gibt nicht Menschen erster und zweiter Klasse – wer hier ist
gehört zu uns.“ Insgesamt 40 Vertreter – darunter Sozial- und
Wohlfahrtsverbände, die Fraktionen im Stadtrat und die in der Sache
vereinten Fußballklubs Lok und Chemie Leipzig – folgten Jungs Ruf. Sie
alle treten gemeinsam für eine vielfältige, weltoffene Stadt ein.
Ordnungsamt berät mit Anmeldern – Legida erwartet bis zu 6000 Teilnehmer
Am kommenden Montag ab 18.30 Uhr wollen die „Leipziger gegen die
Islamisierung des Abendlandes“ (Legida) erstmals in der Messestadt
demonstrieren. Der „Abendspaziergang“ soll von der Red-Bull-Arena durch
das Waldstraßenviertel führen. Über die genauen Routen des Aufmarschs
sowie der Gegenaktionen wurde am Dienstag nach Informationen von
LVZ-Online bei Kooperationsgesprächen mit den Anmeldern im Ordnungsamt
beraten. Ergebnisse sollen erst am Mittwoch bekanntgegeben werden.
Laut
Anmeldung der Legida beim Ordnungsamt wird inzwischen mit bis zu 6000
Teilnehmern gerechnet – doppelt so viele wie noch in der Vorwoche. Ob
sich tatsächlich so viele dem Leipziger Ableger der Dresdner
Pegida-Bewegung anschließen, ist jedoch fraglich. Bei Facebook haben
sich – auch wenn die Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind – bislang rund
600 Menschen für den „Abendspaziergang“ angemeldet.
Die Gegenproteste unterstützen dagegen mehr als 20.000 Nutzer
– und die angekündigten
"NoLegida"
-Protestaktionen werden täglich mehr.
Imageschaden für die Region Leipzig befürchtet
So kündigte am Dienstag auch Grimmas Bürgermeister Matthias Berger
(parteilos) an, sich nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche um 17
Uhr in den um 17.45 Uhr am Waldplatz beginnenden Sternmarsch
einzureihen. Aus der Muldestadt sollen zwei Busse nach Leipzig fahren.
Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) sowie die Grimmaer
Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Die Linke) und Svend-Gunnar Kirmes
(CDU) wollen sich ebenfalls am Protest beteiligen.
„Das bisher
praktizierte Ignorieren oder das einfach in die rechte Ecke Stellen all
derer, die sich der Pegida-Bewegung allmontaglich anschließen, ist der
falsche Weg“, mahnte Berger. „Ängste resultieren zum größten Teil aus
Unkenntnis, sollten aber trotzdem ernst genommen werden“, forderte der
Grimmaer OB dazu auf, sich inhaltlich „mit den Gründen des Phänomens
Pegida“ auseinanderzusetzen.
Berger sieht durch die fremdenfeindlichen Demonstrationen, die am Montag
rund 18.000 Menschen in Dresden auf die Straße getrieben hatten
, einen „erheblichen Imageverlust“ für die Region mit noch nicht
abschätzbaren negativen Konsequenzen für Wirtschaft, Tourismus und der
politischen Außenwirkung. „Sollte es uns gemeinsam nicht gelingen, der
Legida-Bewegung in Leipzig Einhalt zu gebieten, wäre auch unsere Region
beschädigt“, so Berger.
Hallesche Studenten und Pfarrer Wolff trommeln zum Protest
Auch Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg rufen
zum Protest auf. Am Mittwoch wollen sie vor der Mensa „Tulpe“ auf dem
Universitätsplatz auf ihr Anliegen aufmerksam machen, wie der
Verdi-Landesbezirksfachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung
mitteilte. „Erschrocken nehmen wir zur Kenntnis, wie viele Menschen bei
Pegida-Demonstrationen mitlaufen. Wir können und wollen nicht abwarten,
bis dieser Spuk auch hier bei uns in Halle Einzug hält“, erklärte
Fachbereichsleiterin Anne Voß.
Eine Petition des ehemaligen
Thomaskirchenpfarrers Christian Wolff für das Grundrecht auf Asyl und
eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen hatten bis Dienstag
bereits mehr als hundert Persönlichkeiten aus dem städtischen Leben
unterzeichnet. Darunter sind inzwischen auch der amtierende
Handwerkskammerpräsident Claus Gröhn, Sparkassen-Vorstand Harald
Langenfeld sowie die Junge Union Leipzig.
"Wir können die Hetze einfach nicht akzeptieren": Initiator der "No Legida"-Seite im Interview mit LVZ-Online