NoLegida-Initiator aus Leipzig: „Wir können die Hetze einfach nicht akzeptieren"

Erstveröffentlicht: 
06.01.2015

Leipzig. Am kommenden Montagabend erwartet die Messestadt den Aufmarsch der „Leipziger gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Legida). Nach aktuellen Angaben des Ordnungsamtes rechnen die Organisatoren inzwischen mit bis zu 6000 Teilnehmern - doppelt soviele wie bisher erwartet . Gegen die fremdenfeindliche Bewegung machen sich seit langem aber auch verschiedene Initiativen in Leipzig stark. Als Informationsquelle dient vor allem das Facebook-Portal „NoLegida“ . LVZ-Online sprach stellvertretend für das Orga-Team, zu dem auch Grünen-Politiker Jürgen Kasek gehört, mit Portal-Administrator und Mitbegründer Marcel Nowicki. Der 33-Jährige ist gebürtiger Leipziger und arbeitet als IT-Techniker.

 

Herr Nowicki, innerhalb der inzwischen sehr vielseitigen Gegenproteste zu Legida ist ihr Portal „NoLegida“ zentrale Anlaufstelle. Mehr als 12.000 Menschen lesen hier täglich die aktuellen Entwicklungen. Wie kam es dazu?


Marcel Nowicki: Wir haben die Seite Mitte Dezember ins Leben gerufen, als publik wurde, dass es eine Legida-Demo in Leipzig geben soll. Anfangs war ja noch relativ unklar, was Legida genau will. Es gab aber bereits einige Pegida-Ableger im Land und man konnte ahnen, was hier kommen wird. Für uns hat es letztlich aber keine Rolle gespielt, ob der Protest nun vermeintlich bürgerlich, wie in Dresden, oder offen rechtsradikal, so wie in Bonn und Düsseldorf, sein würde. Wir wollten ein Zeichen setzen. NoLegida ist keine Initiative allein gegen Rechtsextremismus. Wir können die Hetze bei Pegida und Co. gegen alles, was nicht Deutsch ist, einfach nicht akzeptieren. Und wir wollen zeigen, dass diese Leute in der absoluten Minderheit sind, auch wenn sie glauben, sie wären eine Bürgerbewegung.

Inzwischen gibt es ein Legida-Positionspapier , das über die Forderungen der Pegida hinaus geht. Mitunter erinnern die 17 Thesen stark an rechtsradikale Polemik. Wie schätzen Sie das ein?

Marcel Nowicki: Alles, was nun tatsächlich im Legida-Papier steht, ist ja nichts anderes, als das, was auch die Dresdner schon vor laufender Kamera gesagt haben. Auch wenn viele der Thesen so nicht im Pegida-Positionspapier stehen. Das sind zum Teil sehr diffuse Dinge, die sich bisher hinter dem Chiffre der Islamgegnerschaft versteckt haben – Probleme mit der Gleichstellung, offene Ablehnung von allem angeblich Undeutschen, Verschwörungstheorien bis hin zu offenem Ausländerhass.

Müssen wir fürchten, dass Legida ähnlich viele Menschen auf die Straße bringt wie Pegida?


Marcel Nowicki: Im Prinzip deutet sich an, dass hinter Legida wohl die Gleichen stehen, die vergangenes Jahr schon gegen den Moschee-Bau in Leipzig demonstriert haben. Wie viele Unterstützer am 12. Januar tatsächlich vor der Red Bull Arena stehen, vermag ich nicht einzuschätzen. Ein gewisses Potential ist aber auch in Leipzig vorhanden. Bei den vergangenen Wahlen gab es hier nicht nur einige NPD-Unterstützer sondern auch eine ganze Reihe sehr konservativer Wähler. Zudem hatten sich zuletzt auch einige CDU-Politiker hinter den Gohliser Moschee-Protest gestellt. Und die Partei verfügt bekanntlich über ein großes Wählerpotential in Leipzig. Meine Hoffnung ist einfach, dass wir ein so starkes Zeichen gegen Legida setzen können, dass deren Unterstützer die Lust verlieren.

Für ihre Gegenveranstaltung NoLegida haben sich bei Facebook schon mehr als 20.000 Menschen angemeldet . Wie viele davon sind Leipziger?

Marcel Nowicki: Ähnlich, wie sicher auch auf der Facebook-Seite von Legida, kommen viele unserer Unterstützer nicht nur aus Leipzig. Ich weiß nicht, wie viele Leute am Ende wirklich auf den Gegendemos stehen werden, hoffe aber dass es eine sehr große Zahl sein wird. Zumindest kann man sagen, dass innerhalb der regen Interaktion auf unserer Seite sehr viele Leipziger dabei sind, zudem viele aus dem Leipziger Umland oder auch aus Halle.

Nach den eher gescheiterten Pegida-Ablegern in Westdeutschland wird Pegida bundesweit inzwischen auch als eher sächsisches Phänomen wahrgenommen. Ist Leipzig am Montag in der Pflicht, das Image aufzupolieren?

Marcel Nowicki: Ich will es mal vorsichtig formulieren: Dresden ist schon sehr speziell und mit unserer Stadt überhaupt nicht zu vergleichen. Hier in Leipzig gibt es schon lange eine starke Protestkultur gegen Nazis und gegen Rassismus – und das nicht nur aus Richtung der Antifa. In Leipzig existiert ein großes bürgerliches Engagement gegen solche Auswüchse, hier gibt es einfach Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Geschieht das doch, so gibt es einen großen Konsens dagegen. Was aber nicht heißt, dass es hier in Leipzig keine Probleme mit Alltagsrassismus gäbe. Das Gegenteil ist leider der Fall.

Außerhalb der Stadt sind die Auswüchse aber noch extremer. Der Unterschied großer Teile Sachsens zu Westdeutschland ist dabei nicht das Neonazi-Problem. Die gibt es im Westen auch und das nicht zu knapp. Hier in Sachsen duldet aber eine stillschweigende Mehrheit von Mitläufern nicht nur Pegida, sondern auch Fackelmärsche gegen Asylbewerberheime oder NPD-Demonstrationen. Man könnte sagen, so etwas ist vielerorts in Sachsen fast schon normal.

Internet: hxxps://www.facebook.com/nolegida?