[B] „Besorgte Anwohner“? Rassisten im Allende-Viertel

Rassisten vor dem Containerlager Alfred-Randt-Straße

Rassistische Mobilisierungen gibt es in Berlin derzeit nicht nur in den Stadtteilen Buch und Marzahn sondern auch im Köpenicker Allende-Viertel. Hier formierte sich der rassistische Mob ebenfalls gegen ein geplantes Containerlager für rund 400 Flüchtlinge in der Alfred-Randt-Straße (Allende II). Im Gegensatz zu den anderen beiden Ortsteilen soll hier die Unterkunft schon wenige Tage vor Weihnachten bezogen werden. Die Bauarbeiten sind entsprechend weit fortgeschritten. Es wird die zweite Unterkunft im Ortsteil.


Die Rassisten im Allende-Viertel konnten Ende Oktober, zur Verkündung der Pläne über die Errichtung des neuen Lagers auf bestehende Netzwerke und Strukturen zurückgreifen, da sich im Zuge der Eröffnung von anderen Asylunterkünften im Bezirk (Grünau, Adlershof und im Allende I) Neonazis und Flüchtlingsgegner bereits  vernetzt hatten und entsprechende Facebook-Seiten erstellt worden waren. Zur Mobilisierung brauchten sie lediglich die bestehenden Kanäle bespielen. Auch die NPD, die sich regelmäßig als Anwalt der Anwohner_innen zu profilieren versucht hatte, sprang sofort auf das Thema auf und hetzte mit Flugblättern.

Mittlerweile treten die „Heimgegner“ im Allende-Viertel zwar als unterschiedliche Zusammenschlüsse, jedoch zusammen mit gemeinsamem Ziel auf: Als anonyme „Bürgerinitiative“ getarnt unter dem Namen „Nein zum Heim in Köpenick“, offen als Nazipartei NPD und als vermeintlich nicht-rechte Gruppierung „Keine Asylheime gegenüber von Schulen“. Zudem entstand eine weitere vorgeblich nicht-rechte Seite „Kein Asylanten Containerdorf in Allende 2“ mit dem Ziel, die rassistische Mobilisierung zu koordinieren. Über all diese Kanäle und mit Flugblättern mobilisierte die Allianz aus Rassisten erstmals am 15. November zu einem Aufmarsch im Allende-Viertel. 400 Anwohner und Neonazis waren erschienen. Eine Woche später wollten sie aufgrund des als berlinweit angedachten Aufmarsches in Marzahn am 22. November nicht parallel laufen und versammelten sich schon am Freitag. Wieder erschienen rund 400 Teilnehmer, skandierten rassistische Parolen und attackierten die bestehende Unterkunft im Allende-Viertel mit Flaschenwürfen, da die Polizei den Rassisten eine Strecke direkt am Haus vorbei genehmigt hatte. Seitdem versuchen sie freitags, analog zur „Montagsdemo“ der Rassisten in Marzahn, einen regelmäßigen Aufmarsch gegen das Containerlager zu organisieren. Daneben gibt es an der Baustelle jeden Mittwoch eine „Mahnwache“ und Sonntags ein „Picknick“, beides gegen die Containerunterkunft und mit geringer Beteiligung.


Wer steckt dahinter? 


Wir wissen wer die Akteure sind, die wahlweise offen oder anonym gegen Flüchtlinge hetzen, die rassistischen Ressentiments der Anwohner befeuern und die Versammlungen organisieren. Sie sind zum Teil organisierte Neonazis und kommen aus anderen Stadtteilen, anderseits handelt es sich bei den geistigen Brandstiftern aber auch um direkte Anwohner_innen. Erst im Mai diesen Jahres kam es aufgrund solcher Aktivitäten zu einem Brandanschlag auf die bereits bestehende Asylunterkunft im Allende-Viertel. Die zwei Neonazis Dennis Herbst und Marvin Grabowski hatten in der Nacht versucht, das bewohnte Haus in Brand zu stecken und dabei den Hitlergruß gezeigt. Animiert wurden sie zu ihrer Tat von dem rassistischen Klima, das die Scharfmacher und Rädelsführer mit ihrer Hetze gegen Geflüchtete geschaffen hatten. Auch bei der neuen Unterkunft häufen sich auf den Seiten der Rassisten die Gewalt- und Mordphantasien sowie die Aufrufe zu Brandstiftungen. Mehrfach kam es schon zu Angriffen auf Unterkünfte im Bezirk.


Sebastian Schmidtke


Der Landesvorsitzende der NPD war von Beginn an im Allende-Viertel aktiv. Schon am ersten Tag nach Bekanntwerden der Pläne fing er an mit NPD-Flugblättern die Anwohner_innen zu „informieren“. Der vorbestrafte Neonazi trieb sich seitdem regelmäßig im Kiez rum und versuchte Passant_innen zu agitieren. Schmidtke, der in Schöneweide wohnt, nimmt regelmäßig an den Aufmärschen der Rassisten teil, versucht sich als „besorgter Anwohner“ zu tarnen.  Auf dem ersten Aufmarsch am 15. November war er Redner und unterstützte die Anmelderin Judith Reese (kommt ursprünglich aus Bernau, arbeitete früher bei der Bundeswehr und jetzt in einem Friseurladen „Kopfschmuck“ in der Freiheit 7, 12555 Berlin, ist verheiratet mit einem Polizisten, der ebenfalls mit den Heimgegnern sympathisiert). Beim zweiten Aufmarsch begleitete Schmidtke die neue Anmelderin Nadine Leonhardt sogar zum Anmeldergespräch. Neben seinen Aktivitäten auf der Straße versucht er als maulfaules BVV-Mitglied bislang erfolglos über Anfragen im Bezirksparlament Argumentationshilfen für die Heimgegner zu produzieren. Unterstützt wird er dabei von seinem BVV-Kollegen Fritz Liebenow, ein verrückter Monarchist, NPD-Politiker und Laiendarsteller des „Hauptmanns von Köpenick“, der im Allende-Viertel wohnt. Schmidtke organisierte am vergangenen Samstag auch eine Kundgebung im Allende-Viertel mit ca. 10 NPD-Anhängern (u.a. Ronny Zasowk, Oliver Niedrich und Josef Graf), die Teil einer Kundgebungsreihe war, die zuvor in Buch, Marzahn und Lichtenberg halt gemacht hatte.


Udo Voigt


Der ehemalige Bundesvorsitzende der NPD und Abgeordnete des Europaparlaments, Udo Voigt berichtet auf seiner Facebook-Seite regelmäßig über das Containerlager. Er reichte eine Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen die Errichtung der Container ein, die am Donnerstag verhandelt wird. Angeblich hat er „in der Nähe eine Immobilie“[1]. Bei dem Aufmarsch am 15. November hielt er eine Rede. 


Andreas Käfer

 

Käfer ist der Kreisvorsitzende der NPD in Marzahn-Hellersdorf und maßgeblich an der rassistischen Mobilisierung in Marzahn beteiligt. Auch in Köpenick ist er eine der treibenden Kräfte und erfüllt eine Funktion als Bindeglied zwischen den Rassisten in Marzahn und im Allende-Viertel. Er nahm an allen Aktionen der Köpenicker Heimgegner teil, brachte dafür wenn möglich das Fronttransparent der Marzahner „Montagsdemo“ („Handeln statt Klagen“) und sein Megafon mit. Auch er steht in engem Austausch mit der Anmelderin Leonhardt. Beim letzten Aufmarsch am 5. Dezember war er neben Leonhardt der einzige Redner. In der Woche zuvor organisierte er zusammen mit Ingolf Pabst und Jens Radke die Störversuche von 50 aggressiven und zum Teil stark alkoholisierten Heimgegnern gegen eine Antifa-Demo. Er nimmt auch an den schlecht besuchten "Mittwochsmahnwachen" und Sonntagsansammlungen teil.

 

Nadine Leonhardt


Nadine Leonhardt übernahm nach dem ersten Aufmarsch wiederholt die Funktion der Anmelderin und arbeitet eng mit den NPD-Kadern Sebastian Schmidtke und Andreas Käfer zusammen. Sie hält auf den Aufmärschen auch Reden. Sie ist zudem Teil der Facebook-Gruppe von Jens Radke ("Keine Asylheime gegenüber von Schulen") und nimmt regelmäßig an den rassistischen Aufmärschen in Marzahn teil. Auch ihr familiäres Umfeld, wie Sandra Leonhardt und Andreas Leonhardt sind als Heimgegner aktiv. Sie kommt aus dem Allende-Viertel.


Ingolf Pabst


Der Fahrlehrer Ingolf Pabst (bei der Fahrschule Rainer Sperling mit Filialen in Mitte (Rostenthaler Str. 4) und Hellersdorf (Luckenwalder Str. 91), http://www.fahrschule-rainer-sperling.de/) ist als Betreiber der Facebook-Seite „Nein zum Containerdorf am Standort Allende II“ und Mitorganisator der Veranstaltungen der Heimgegner einer der führenden Köpfe hinter der örtlichen rassistischen Mobilisierung. Auf seiner Seite verbreitet er die Hetzbeiträge der anderen rechten „Bürgerinitiativen“, veröffentlicht dort aber auch eigene Texte.  Er beteiligt sich an den Aufmärschen als Ordner und organisiert die „Mittwochsmahnwachen“. Er nahm als Anwohner an der Informationsveranstaltung des Bezirks teil und machte dort heimlich Aufnahmen für seine Seite. Zusammen mit Andreas Käfer und Jens Radke organisierte er die Störversuche gegen eine Antifa-Demo durch das Allende-Viertel. Dabei wurde er von der Polizei festgenommen.

 

Jens Radke


Ein weiterer Rädelsführer der Heimgegner ist Jens Radke, dessen „J.@M.one Internetkneipe“  in der Müggelheimer Str. 4 als Treff- und Anlaufpunkt der Rassisten dient. Er war bereits federführend an der rassistischen Hetze gegen die erste Asylunterkunft im Allende-Viertel beteiligt, indem er eine Facebook-Gruppe „Keine Asylheime gegenüber von Schulen“ gründete und mehrere „Sonntagsspaziergänge“ gegen das Lager mit rund 40 Teilnehmenden initiierte. Über diesen Personenkreis wurde hier berichtet. Mit der neuen Unterkunft reaktivierte Radke wieder seine Gruppe, die zeitweilig resigniert hatte und sich vor allem untereinander stritt. Die Sonntagsansammlungen wurden ebenfalls wieder erneut begonnen, versanden jedoch perspektivisch mangels Beteiligung. Radke beteiligt sich mit seinen Sympathisanten auch an den Aufmärschen und den Mittwochsmahnwachen. Zudem wurde Radke am 28. November am Rande der Antifa-Demo durchs Allende-Viertel festgenommen, weil er mit Ingolf Pabst und Andreas Käfer rund 50 Störer koordinierte und zu Straftaten aufstachelte.


Radke ist im Bezirk kein Unbekannter. Schon im Dezember 2004 fiel er auf, als er einem Aufmarsch von 200 Neonazis, die an seinem Lokal vorbeizogen, zusammen mit seinen Gästen zujubelte und einen Kasten Bier als Geschenk vor das Fronttransparent der Nazis stellte. Als im Mai 2006 eine Antifa-Demo an seinem Laden vorbeiführte, beschimpfte Radke lautstark die Teilnehmenden. Unter der Hand verteilte Radke zeitweise zudem Kataloge der rechten Modemarke „Thor Steinar“.
 

 

Weitere Neonazis: 


Auch andere Neonazis aus Berlin und Brandenburg fallen regelmäßig bei den Aktionen der Köpenicker Heimgegner auf. Als Ordner zum Beispiel die NPD-Mitglieder Benjamin Weise und Manuel Arnold. Auch der Gremium MC Rocker David Eichner, der früher in Sebastian Schmidtkes Naziladen „Hexogen“ angestellt war, übernahm Ordneraufgaben. Die NW-Berlin Aktivisten David Gudra, Christian Bentz und Stefan Detlef Alex (alle aus Lichtenberg) und Thomas „Monty“ Markgraf (aus Köpenick) agieren im Umfeld der Aufmärsche gewalttätig gegen Passant_innen und Presse und machen Anti-Antifa-Arbeit. Regelmäßige Teilnehmer_innen sind auch der Berliner Landesvorsitzende der Neonazipartei „Die Rechte“ Uwe Dreisch mit seinem Sohn, dem Nazi-Liedermacher „Midgards Stimme“, Gordon Bodo Dreisch. Auch das Mitglied der verbotenen Kameradschaft „Frontbann 24“ Gesine Schrader beteiligte sich mit ihrem Ehepartner Ronny Schrader an den Aufmärschen, genauso wie der Brandenburger NPD-Politiker Frank Knuffke (im Kreistag Dahme-Spreewald) und Dennis Weber, Mitglied des Berliner NS-Black Metal Netzwerkes um Satansmörder Hendrik Möbus. Es befanden sich noch dutzende weitere Neonazis auf den Aufmärschen.

Wir wissen wer die Schweine sind, die Menschen aufhetzen und ein Klima schaffen wollen, in dem am Ende Flüchtlingsheime wieder brennen. Sie sind die Organisatoren der rassistischen Mobilisierung und mindestens die geistigen Brandstifter. Wir wissen, wen wir zu adressieren haben, sollte es wirklich soweit kommen, dass Menschen zu schaden kommen. Hindern wir sie daran, bevor sie ihr Ziel erreichen. Kein Vergeben, kein Vergessen!

 

[1] http://www.tagesspiegel.de/berlin/streit-um-neue-fluechtlingsheime-rechtsextremer-klagt-gegen-unterkuenfte-am-mueggelsee/11076984.html