"Die Politik hat eine Bringschuld"

Erstveröffentlicht: 
29.11.2014

Ein Gespräch mit dem designierten Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth

 

Herr Mackenroth, die rechtsradikale PEGIDA ruft zu Protesten "gegen die Islamisierung des Abendlandes auf", und immer mehr Menschen folgen ihr. Ist es jetzt Ihre Aufgabe, Imagearbeit für Ausländer zu betreiben?


Imagearbeit wäre wohl der falsche Begriff. Ich verstehe ihn so, als ob man versucht etwas zu verkaufen, was eigentlich nicht verkäuflich ist. Ich bin aber kein Verkäufer. Wenn die Leute das Gefühl haben, man will ihnen etwas andrehen, dann werden sie misstrauisch - was ich gut nachvollziehen kann. Aber als Anwalt der Ausländer in Sachsen verstehe ich mich schon auch.


Was wollen Sie tun?


Auch wenn es etwas abgedroschen klingt: Wir müssen die Bedenken der Menschen ernst nehmen und noch mehr auf Aufklärung setzen. Wir sollten erst einmal wissen, worüber wir reden - und schon da wird es schwierig. Ich habe versucht, Fakten und aktuelle Zahlen zu Ausländern, Asylbewerbern und so weiter zu bekommen. Doch da ist kaum etwas zu finden. Diesbezüglich überhaupt erst einmal Licht ins Dunkel zu bringen wird eine meiner ersten Aufgaben sein.


Wovor haben die Leute in Sachsen so große Angst - bei einem Ausländeranteil von unter drei Prozent?


Ein Teil der Ängste wird sicher von interessierter Seite geschürt. Unter diesen Agitatoren sind ganz klar auch die ein oder anderen Rechtsextremen, die die Sorgen der Bürger für ihre Zwecke nutzen. Die NPD wühlt, seitdem sie aus dem Landtag rausgeflogen ist, massiv in diesen Kreisen. Die Ängste sind aber teilweise durch fehlende Informationen verursacht. Ich erkenne da eine Bringschuld der Politik. Wir dürfen nicht warten, bis sich die Menschen von allein informieren. Wir sind verpflichtet hinzugehen und zu sagen: Erstens: So sind die Zahlen. Zweitens: So ist die Rechtslage - die können wir verbessern, aber das dauert. Drittens: Es gibt erfahrungsgemäß keine generellen Steigerungen von Kriminalität in der Nähe der Einrichtungen, Einzelfälle werden konsequent verfolgt. Und viertens: Wir als Christen sind verpflichtet, den Leidenden zu helfen unter dem Aspekt der Menschlichkeit. Wir müssen aber die Bevölkerung zeitnah und umfassend informieren, wie, wann, wo und was genau vorgesehen ist.


Innenminister Ulbig will mit Sondereinheiten straffällige Asylbewerber ins Visier nehmen. Setzt er ein falsches Signal?


Jede Straftat ist eine zu viel - ob sie nun vom Asylbewerber, vom Ausländer, vom Deutschen, vom Rentner oder Jugendlichen begangen wird. Es ist richtig, dagegen einzuschreiten, und es ist auch richtig, gegen Straftaten einzuschreiten, die von bestimmten Tätergruppen begangen werden. Der Innenminister hat kürzlich aktuelle Zahlen vorgetragen: Im Freistaat gibt es derzeit etwa 160 Asylbewerber, die zehn oder mehr Straftaten begangen haben. Wenn wir ein vergleichbares Phänomen in der "normalen" Strafverfolgung erkennen, dann reagieren wir ja auch entsprechend - wie beispielsweise bei der Autoschieberei. Dann bündelt man den Sachverstand und versucht, das Phänomen zu bekämpfen, das ist polizeilicher Alltag. Den Ausdruck Sondereinheit hat der Minister der Fraktion gegenüber nicht verwandt, es geht ihm vielmehr um die Bündelung des kriminalpolizeilichen Sachverstandes, um professionelle Strafverfolgung -- und das finde ich völlig richtig.


Haben Sie schon Ideen, wie Sie das Unterbringungsproblem angehen wollen?


Das ist ja ein regional-spezifisches Problem. Auch hierzu werde ich mich nach meiner Wahl weiter einarbeiten und in den Landkreisen das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen. Und ich werde mich sicher mit dem ein oder anderem frechen Vorschlag einmischen. Alles Weitere werde ich dann vor Ort sehen.

 

Interview: Susann Schädlich