Tortenwerfer muss 1000 Euro zahlen

Torten sind lecker (hier eine Schwarzwälder Kirschtorte). Manchmal werden sie aber auch als Wurfgeschoss benutzt, anstatt verspeist zu werden.
Erstveröffentlicht: 
28.11.2014

Baden-Württemberg

 

Er hat Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall mit einer Torte beworfen: Dafür wurde ein 20-Jähriger nun verurteilt. Von einem Vorwurf spricht ihn der Richter aber frei.

 

Er hat Innenminister Reinhold Gall (SPD)mit einer Torte angegriffen:Dafür ist ein 20 Jahre alter Mann am Donnerstag zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt worden. Der Richter am Amtsgericht Öhringen (Hohenlohekreis) sah es als erwiesen an, dass es sich bei der Tat um fahrlässige Körperverletzung handelte. Die Aktion sei Ausdruck einer "plakativen Missbilligung" der Person. Eine Nötigung konnte er in dem Verhalten nicht erkennen.
 
Der 20 Jahre alte Mann hatte den Politiker bei einer Tagung über die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)im Februar in Ludwigsburg mit einer Himbeer-Sahnetorte attackiert.
 
Ursprünglich war ihm Nötigung, versuchte Körperverletzung sowie versuchte Sachbeschädigung zur Last gelegt worden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Heilbronn hatte das Amtsgericht einen Strafbefehl samt Verwarnung und Geldbuße von 2000 Euro erlassen. Dagegen hatte der Mann Einspruch eingelegt.
 
Demonstration mit Himbeertorten
 
Der Prozess hatte sich hingezogen, da der Angeklagte einen Befangenheitsantrag gegen zwei Richter gestellt hatte. Begründung für seinen Antrag gegen den Vorsitzenden Richter: Er habe unter anderem die sogenannte sitzungspolizeiliche Verfügung angeordnet, aufgrund derer alle Zuhörer ihre Personalien angeben und ihre Taschen vor dem Sitzungssaal abgeben mussten. "Das ist ein völlig unverhältnismäßiges Verhalten, damit werden sowohl mein Mandant als auch alle Anwesenden als potenzielle Täter stigmatisiert", sagte der Verteidiger. Zudem habe er nur unzureichend beziehungsweise zu spät Akteneinsicht erhalten.
 
Der Prozess wurde von kleineren Protesten begleitet. Etwa 20 Demonstranten bekundeten ihre Solidarität mit dem Angeklagten und hielten Transparente mit Parolen wie "NSU-Aufklärung statt Repression" und "Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern notwendig" in die laufenden Fernsehkameras. Mehrere Himbeertorten waren aufgebaut.
 
Mit seiner Attacke gegen den Innenminister habe er erreichen wollen, dass mehr Aufmerksamkeit auf die Aufklärung einer möglichen Verbindung des rechtsterroristischen NSU in den Südwesten gelenkt werde. "Wir haben es hier mit politischem Dilettantismus zu tun, die Landesregierung praktiziert wie so oft ihre Schwamm-Drüber-Strategie", sagte der Angeklagte vor der Verhandlung.