Opposition kritisiert Spezialkräfte als unverhältnismäßig / Nach Konferenz mit Tillich gibt es heute Details
Von Andreas friedrich
Leipzig. Die Kommunikation über das Thema Asyl in Sachsen kommt in Gang
und prompt zeigt sich, wie konträr die Meinungen sind. Gestern Abend
diskutierte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mit Vertretern der
Kommunen, dem Malteser Hilfsdienst, dem Flüchtlingsrat und dem
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wie diese besser untergebracht
und integriert werden können. 2014 wird mit der Aufnahme von 11000
Asylbewerbern und Kriegsflüchtlingen in Sachsen gerechnet. Geprägt war
die Konferenz von der geplanten Gründung einer Sondereinheit der
Polizei, die gegen straffällige Asylbewerber tätig werden soll. Heute
werden dazu Details in Dresden vorgestellt.
Ali Moradi vom Sächsischen Flüchtlingsrat lobte die jüngste Absicht der
Landesregierung, den Bewohnern von Flüchtlingsheimen mehr
Sozialarbeiter zur Seite zu stellen. "150 Asylbewerber sind für einen
Betreuer aber zu viel", kritisierte er das angestrebte Verhältnis. Ein
einzelner Sozialbetreuer dürfe nur für 80 bis maximal 100 Klienten
verantwortlich sein. "Der Schritt geht in die richtige Richtung, der
Schlüssel muss verbessert werden", so Moradi. Er forderte zudem, dass
die Landesregierung die Mittel für die Sozialarbeiter bereitstellt.
Landkreise und Kommunen seien damit überfordert.
Außerdem dürften die Betreuer nicht den Heimbetreibern unterstellt sein, sondern müssten von unabhängigen Verbänden kommen. Dann könnte auch schneller auf die Belange der Bewohner reagiert werden. Erst gestern waren wieder hygienische Mängel in einer Dresdner Flüchtlingsunterkunft bekannt geworden. Laut der Kontaktgruppe Asyl klagten die Heimbewohner über starken Schimmelpilz- und Wanzenbefall ihrer Räume. Das Gesundheitsamt hatte nicht reagiert.
Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im
Landtag, lobte die Asyl-Konferenz verhalten. Diese könne nur ein erster
Schritt sein, wenn es kein symbolischer Akt bleiben solle. In einer
Nachfolge-Konferenz müssten Parteien, Kirchen, Wohlfahrtsverbände und
Flüchtlingshilfsorganisationen mit am Tisch sitzen. Zais wunderte sich,
warum Tillich den Einladungskreis so beschränkt hat. "Er darf kritischen
Forderungen nicht aus dem Weg gehen", forderte die Grünen-Politikerin.
Die angekündigte Spezialeinheit der Polizei gegen straffällige
Asylbewerber wird von der Opposition kritisiert. "Wir brauchen keine
Sondereinheit, sondern deutlich mehr Sozialarbeiter. Dafür muss sich
Ulbig bei den Haushaltsverhandlungen stark machen", sagte die Grüne
Petra Zais. "Es ziehen keine zugereisten marodierenden Banden durchs
Land, sondern es müssen Asylbewerberheime rund um die Uhr vor
befürchteten Übergriffen 'einheimischer' Täter geschützt werden",
erinnerte Rico Gebhardt, Fraktionschef der Linken. Ulbigs Äußerungen
seien in ihrem "Zungenschlag" das Gegenteil von Willkommenskultur. Die
Akzentuierung stehe im Widerspruch zur Realität. Moradi warnte vor
Populismus und vermutete, der Innenminister wolle sich als Hardliner
profilieren.
Ulbig erklärte die Gründung einer Sondereinheit damit, dass sich die
Polizei dieser kleinen Gruppe krimineller Asylbewerber gesondert
annehmen müsse: "Diese wenigen Intensivtäter unter den Asylbewerbern
vergiften die Stimmung in der Gesellschaft für alle anderen, die
wirklich unsere Hilfe brauchen." Sie würden die Solidarität für "eine
ganze Gruppe kaputtmachen". Laut Ministerium wurden 2013 durch
Asylbewerber in Sachsen 3800 Straftaten begangen - davon 1300
Ladendiebstähle, 300 Körperverletzungsdelikte und 130 Fälle von
Rauschgiftdelikten.