Solidarität mit den Streik der Logistikarbeiter_innen in Italien

General Strike

Als letzte Woche für einige Tage durch den GDL-Streik viele Züge und S-Bahnen still standen, wurde einmal deutlich, dass es tatsächlich noch eine Produzent_innenmacht gibt und dass alles Gerede vom Ende der Arbeiter_innenklasse  falsch ist.  Die Klasse der Lohnabhängigen konstituiert sich immer neu in Kämpfen. Andersrund gilt auch, wen  die    Klasse nicht kämpft, gibt es sie nicht. Sie ist keine statistische Größe sondern  ein Ergebnis von Kampfbedingungen. Dass solche Kämpfe, zumal wenn sie nicht in Deutschland stattfinden, oft gar nicht wahrgenommen werden, zeigt  sich am Beispiel der italienischen  Logistikarbeiter_innen.  In der letzten Woche machten zwei Kolleg_innen von Labournet.tv  eine mit Filmbeispielen unterlegte Informationsveranstaltung in Berlin  über diesen weitgehenden unbekannten Kampf in der norditalienischen Poebene.  

 

Sie erfuhren von dem Kampf das erste Mal während des  auch von den meisten linken Medien ignorierten Treffen  Europäischer  Basisgewerkschafter_innen im Februar 2014 in Berlin. Dort waren auch Kolleg_innen der italienischen Basisgewerkschaft  SIN Cobas, die den Kampf der Logistikarbeiter_innen unterstützen.  Sie redeten mit den Kolleg_innen, besuchten sie in Italien, erlebten sie in ihrem Kampf und beschlossen, eine Öffentlichkeit herzustellen.   Am Beginn skizzierten sie  die politische Situation in Nord-Italien, vor der die Auseinandersetzung geführt wird. In  Italien  boomt  in der Krise gerade die Logikbranche, weil viele  Kapitalisten dort investieren. Besonders in Norditalien sorgt eine     gezielte Investitionspolitik dafür, dass den international bekannten  Logistikfirmen quasi der rote Teppich ausgelegt wurde. DHL und IKEA sind einige der bekannten Firmen, die sich  dort ansiedeln. Beschäftigt werden dort schlecht bezahlte Migrant_innen vor allem aus Nordafrika. Von ihnen erwartet niemand, dass sie sich wehren. Doch sie sollten sich täuschen.

 

Widerstand mit langem Atem

Seit 2008 kämpfen die Logistikarbeiter_innen für bessere Arbeitsbedingungen. Zunächst mussten sie gegen den Feind im Innern der Betriebe, die Vorarbeiter_innen kämpfen.  Sie gaben den Takt vor und hatten nur ein  Ziel, die Beschäftigten sollten immer schneller arbeiten und nur nicht aufmucken. Bei den kleinsten Zuwiderhandlungen wurden die Vorarbeiter_innen zu Denunziant_innen. Damit wollen  sie jeden Widerstand schon im Kein ersticken. Doch sie sollten sich täuschen. Ab 2008 begannen die Logistikarbeter_innen mit ihren Streiks und Blockaden und hatten sogar Erfolg. In mehreren Fällen wurden die Forderungen erfüllt und das hatte einen einfachen Grund. Die Logistikbranche ist sehr empfindlich.  Wenn dort nur einige Stunden die Arbeit ruht und womöglich noch die Eingänge blockiert werden, entsteht ein langer Stau und bald sind die Lieferketten unterbrochen. Dass heißt, die Logistikarbeiter_innen  besitzen  eine erhebliche Produzent_innenmacht. Das bekamen sie erst mit, als sie die Angst überwanden und    mit den Kampf begannen.  Sie erzählen im Film auch wie sie von einem zum nächsten Logistikzentrum zogen, wenn gestreikt wurde   und die Konzerne die Arbeit verlagern wollten. Hier wurde deutlich, wie ein selbstorganisierter Arbeitskampf das Selbstbewusstsein und die Courage der Beteiligten hebt. Während die meisten Konzerne schnell auf die Forderungen der Streikenden eingingen, um weitere Verluste zu vermeiden, will IKEA auch in Italien seinen Ruf als Bollwerk  gegen jeden gewerkschaftlichen Einfluss gerecht werden. Im Sommer 2014 wurden 24 Aktivist_innen, die bei SIN Cobas organisiert sind, entlassen. Seitdem organisieren  sie und ihre Kolleg_innen immer wieder Streiks und Blockaden, um für die Wiedereinstellung der Entlassenen und Tarifverträge zu kämpfen. Es ist für die Beschäftigten auch eine wichtige Frage, dass sie diesen Kampf gewinnen. Denn sonst könnten auch die anderen Konzerne  nach dem Vorbild von IKEA versuchen, die erkämpften Verbesserungen zurück zu nehmen.

 

Transnationale Solidariatät gefragt

Auf der Veranstaltung wurde deutlich, dass die Logistikarbeiter_innen mit ihrer Basisgewerkschaft SIN Cobas und Solidaritätsgruppen für ihre Forderungen kämpfen. Es wäre allerdings Zeit für eine transnationale  Solidarität. Dass sich gerade der IKEA-Konzern als Speerspitze gegen die Arbeiter_innenrechte profiliert, müsste eine solche Solidarität leichtmachen. Schließlich ist IKEA eine Marke, die es in vielen Länden gibt und diese Marke ist angreifbar. Bisher gab es zwei IKEA-Aktionstage https://linksunten.indymedia.org/node/119353 in Solidarität mit den Logistikarbeiter_innen. Es kam zu kleineren       Kundgebungen vor IKEA-Filialen in Hamburg und Berlin.  Auf  der Veranstaltung wurde ein weiterer IKEA-Aktionstag angedacht, vielleicht an einen Adventssamstag und wenn möglich, mit größerer Beteiligung in mehr Städten und vielleicht auch Ländern. Dazu könnte  die Beteiligung von Labourstart http://www.labourstart.org/2013/index.php?langcode=de an der Kampagne beitragen. Zwei  Kolleg_innen von Labourstart Berlin berichteten auf der Veranstaltung, wie sich die Arbeit der Unterstützer_innen der transnationalen Webseite für gewerkschaftliche Solidarität nach ihren Kongress im Mai 2014 in Berlin  ausgeweitet hat. Durch Labourstart werden Arbeitskämpfe aus  vielen Teilen der Welt  erst bekannt und erhalten auch Solidarität. Es wird sich zeigen, ob dies auch im Fall der streikenden Logistikarbeiter_innen in Italien gelingt. Auf der Veranstaltung beklagten Teilnehmer_innen, dass es in Italien eine ganz andere Streiktradition gäbe und hierzulande ein solcher Arbeitskampf nicht möglich wäre. Dafür wurde die Lethargie hierzulande und die Politik der großen Gewerkschaften verantwortlich gemacht. Der Basisgewerkschaftler Willi Hajek widersprach dieser Ansicht vehement. So sei es  falsch anzunehmen, dass in Italien noch besonders viel gestreikt werde. Dass sei vielleicht in den 70er Jahren so gewesen. Danach sei die Arbeiter_innenmilitanz zurückgegangen und spätestens in der Berlusconi-Ära wurden mit repressiven Gesetzen gewerkschaftliche Rechte massiv beschnitten. Andererseits ist auch die Aussage, in Deutschland gäbe es keine Streiks in einer Zeit besonders falsch, wo nicht nur der GDL-Streik zeigte, dass sich was tut. Erst vor Kurzen streikten die Pilot_innen, am vergangenen Freitag organisieren prekäre  Lehrbeauftragte einen bundesweiten Aktionstag.  Gleichzeitig werden mit dem geplanten Tarifeinheitsgesetz und der medialen Hetze gegen den GDL-Streik wieder einmal gewerkschaftliche   Rechte in Deutschland massiv angegriffen. So könnte die Solidarität mit den Logistikarbeiter_innen auch in diese hierzulande laufenden Kämpfe eingebracht werden.    Am kommenden Wochenende treffen sich zudem in Frankfurt/Main bundesweit Gruppen der Streiksolidarität http://streiksoli.blogsport.de/2014/10/29/einladung-zum-bundesweiten-vernetzungstreffen-streik-solidaritaet-14-16-11-frankfurtmain/  zum Austausch. Auch dort gehört das Thema der transnationalen Solidarität mit den italienischen Logistikarbeiter_innen auf die Agenda.