Die antifaschistische Plattform Lau Haizetara Gogoan (Erinnerung in vier Richtungen), in der Gruppen organisiert sind, die für die Aufarbeitung des Spanischen Krieges von 1936, der Diktatur und des Faschismus eintreten, hatten in Bilbao Erfolg mit einer Klage gegen den Bürgermeister (Baskinfo berichtete). Der hatte sich geweigert, faschistische Symbole aus dem Stadtbild entfernen zu lassen, wie dies im Memoria-Gesetz von 2007 eigentlich vorgeschrieben ist. Das Gericht gab den Klägern in wesentlichen Punkten Recht, dennoch ist der Streit nicht ausgestanden, weil festgestellt wurde, dass einige Symbole – obwohl sie in Bilbao zu sehen sind – in die Kompetenz der spanischen Regierung fallen.
Schnell reagiert hat die Stadtverwaltung von Bilbo auf das Urteil zu ihren Ungunsten, denn in Zeiten von Vorwahlkampf macht es sich für die konservativ-nationalistische PNV ziemlich schlecht, Faschisten zu verteidigen, weil sie auch an linken Wählerstimmen interessiert ist. Die Punkte des Urteils, die die Verwaltung direkt betrafen, wurden umgehend erfüllt. So wurde das Straßenschild entfernt, das an einen der Falange-Gründer erinnerte, in der Stierkampfarena wurde eine Ehrungstafel für Franco entfernt, im ehemaligen Waisenhaus wurden Namen faschistischer “Wohltäter“ getilgt. Auch das Denkmal für die gefallenen Faschisten auf dem in der Gemeinde Derio liegenden Bilbao-Friedhofs sollte nach dem Urteil verschwinden. Doch wurde dort lediglich der verherrlichende Spruch verhängt, das Monument und die vier umgebenden faschistischen Figuren blieben unangestastet. Somit geht der Streit an diesem Punkt in eine Verlängerung, denn die Antifaschisten geben sich mit dieser Verhüllung nicht zufrieden.
In der Frage der Symbolik auf der Fassade des spanischen Finanzministeriums stellt das Urteil fest, dass nicht Bilbao allein zuständig sei. Die Behörden des spanischen Staates sollen sich mit der lokalen Stadtverwaltung zusammensetzen und gemeinsam an der Entfernung der Symbole arbeiten. Das wird voraussichtlich schwierig, der schwarze Peter liegt beim Staat und dessen Vertreter von der ultrarechten und korruptionsgeschüttelten PP haben nicht das geringste Interesse, die Symbolik ihrer politischen Vorfahren anzutasten. Daneben ist die PNV mit ihrem guten Willen aus dem Schneider.
In der Frage der Tafeln des falangistischen Wohnungs-Ministeriums, die noch an vielen Hausfassaden aus der Zeit der 50er und 60er Jahre zu finden sind, kam es ebenfalls zu einer Aufgaben-Definition: die Verantwortung für die Entfernung der Plaketten liege bei den Hauseigentümern. Die Bilbo-Stadtverwaltung könnte sich an dieser Stelle andere Gemeinden zum Vorbild nehmen. In Basauri läuft eine Kampagne, über die Hausbesitzer aufgefordert werden, die Schilder zu entfernen. In Urduña (Bizkaia) hatte die linke Stadtverwaltung gar nicht lange gefragt und hatte an einem Tag während eines musikalischen Festzuges durch die Stadt sämtliche Schilder entfernt, an die 40 an der Zahl. In Bilbao ist weder das eine noch das andere zu erwarten, die Dinge werden ausgesessen. So auch in der Frage der Gemälde-Portraits der Bürgermeister der Franco-Ära. Dort hatte nach dem Tod des vorigen Bürgermeisters der neue Amtsinhaber schnell auf Abhängen gesetzt und war damit sogar dem Gerichtsurteil zuvor gekommen. Allerdings hieß es in seiner wachsweichen Formulierung, mann wolle die Bilder an einem andern Ort mit pädagogischer Erklärung wieder zeigen. Das lässt Schlimmes erahnen.
Die antifaschistische Memoria-Bewegung betrachtet das Urteil nur als Anfang. Denn Symbole gibt es noch viel zu viele, an verschiedensten Orten. Mit dem Urteil in der Hand kann anderen Stadtverwaltungen in jedem mit gleichlautenden Klagen gedroht werden. Betroffen wären Behörden aller politischer Couleur, darunter die baskische Linke. Peinlich, dass es in historischen Orten wie Gernika nach wie vor Falange-Plaketten zu sehen gibt, in anderen linksregierten Orten stehen Gedenksteine für Legion-Condor-Piloten, in deutscher Sprache. In Donostia (San Sebastian) auf dem Friedhof steht ein ähnliches Franco-Monument wie in Derio, auch drei Jahre EH Bildu-Regierung haben daran nichts geändert. Die Liste ist lang, in der Kathedrale von Gasteiz hängt ein faschistisches Wappen, in diesem Fall dürfte sogar die katholische Kirche selbst noch ins Spiel kommen, eine der tragenden Säulen des faschistischen Regimes.
Ganz ausgenommen von Gesetz und aktuellem Urteil sind private und halböffentliche Institutionen wie der Herrenclub Sociedad Bilbaina. Keine Klage hilft, die dortige Franco-Verehrung in der Eingangs-Hall verbieten zu lassen. Privat darf der Faschismus im spanischen Staat weiterhin verherrlicht werden. (Red.Baskinfo)