Erfurt. Der NPD-Landesverband kauft über einen Strohmann eine ehemalige Pizzeria. Die Räume werden zur offiziellen Geschäftsstelle.
Jetzt hat wohl auch Eisenach sein "Braunes Haus". Am Dienstagabend musste die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) folgende ohnmächtige Meldung verschicken: Man habe erfahren, teilte sie mit, dass die NPD in Eisenach eine Immobilie gekauft habe. "Auch wenn uns in diesem Fall rechtlich die Hände gebunden sind, müssen wir weiterhin Flagge gegen Rechts zeigen.", sagte sie. Für Rechtsextreme sei in Eisenach kein Platz.
Für die Katharinenstraße 147a, wo sich früher ein Pizza-Service
und ein Bürotechnik-Handel befanden, gilt dies aber offenkundig nicht.
Die Neonazis sind gerade damit beschäftigt, das Haus mit Rollläden und
allerlei anderen Schutzeinrichtungen zu versehen.
Der Kauf wurde, wie bei der NPD üblich, per Strohmann abgewickelt
- wobei dieser durchaus bekannt ist. Wie das Innenministerium auf
Anfrage erklärte, habe ein Extremist "mit Verbindung zur Hamburger NPD"
das Haus gekauft. Nach Informationen unserer Zeitung soll es sich um den
Parteifunktionär Jan Z. handeln.
Oberbürgermeisterin formuliert Verärgerung
Das
Ministerium informierte am Dienstag die Oberbürgermeisterin, die
allerdings schon seit Freitag durch die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König
Bescheid wusste. Von offizieller Seite hätte sie sich "eine
rechtzeitigere Information" gewünscht, formulierte Wolf diplomatisch
ihre Verärgerung darüber, welchen Coup sich die NPD mitten im Wahlkampf
unter den Augen der Behörden und der Stadt leisten konnte.
König äußerte ihre Kritik deutlicher. Für sie haben erneut "die vermeintlichen Frühwarnsysteme" Thüringens versagt. Weder Innenministerium noch der Verfassungsschutz hätten die Anzeichen erkannt und die Stadt rechtzeitig gewarnt.
Der Verfassungsschutz teilte unserer Zeitung auf Nachfrage am
Dienstag mit, dass "in der rechtsextremen Szene dementiert" worden sei,
dass explizit die thüringische NPD hinter dem Immobilienkauf stecke.
Allerdings, hieß es, müsse man solche Quellen kritisch behandeln.
Der Dienst scheint nach dem NSU-Skandal etwas vorsichtiger
geworden zu sein. Denn seine Erkenntnisse sind in der Tat kaum zu
halten. Nach Informationen unserer Zeitung besitzt die Landes-NPD, deren
Chef Patrick Wieschke im
Eisenacher Stadtrat sitzt, mitten in der Stadt eine offizielle,
zweistöckige Landesgeschäftsstelle - mit Saal und etlichen Büroräumen.
Geplante Eröffnung: nächste Woche.
Die Partei und andere rechtsextremistische Gruppierungen haben schon mehrere Immobilien in Thüringen gekauft. Dazu gehört unter anderem das "Braune Haus" in Jena, in dem der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben wohnte. Er ist im NSU-Prozess wegen Beihilfe zu neunfachem Mord angeklagt.
Das Rittergut Guthmannshausen nahe Sömmerda wurde von Rechtsextremisten gekauft; gerade trafen sich dort Holocaust-Leugner aus ganz Europa. Auch in Ballstädt (Kreis Gotha)
bewohnten Neonazis zwischenzeitlich ein Haus. In dem Ort fand dieses
Jahr ein rechtsextremistischer Angriff auf eine Kirmesgesellschaft
statt.
Nun also Eisenach. Landesparteichef Wieschke wollte den Hauskauf am Dienstag auf Nachfrage "noch nicht kommentieren".