Am 31.08. wird in Sachsen gewählt. Die Prognosen lesen sich übel: klare Mehrheit für die CDU, die AfD erstmals in einem Landesparlament, die NPD keineswegs sicher draußen. Sollten die Vorhersagen eintreffen, gibt es Gründe genug unseren Unmut in einer antifaschistischen und antirassistischen Demonstration auf die Straße zu tragen. Treffpunkt ist ab 17 Uhr am Albertplatz in Dresden. Kommt zahlreich!
Aufruf zur Demonstration »VETO! – Gegen jeden Rassismus!«.
„Die Messen sind gesungen, die Kreuze gemacht und die ersten Hochrechnungen nur noch wenige Minuten entfernt.“ So oder so ähnlich werden die Journalist_innen der Wahl-Shows auf MDR und Co. das Ende der sächsischen Landtagswahlen kommentieren. Wenn am 31. August 2014 die Wahllokale schließen, werden wir jedoch nicht vor dem Fernseher sitzen und uns das Geplänkel der TV-Expert_innen anhören. Unsere Auseinandersetzung mit der Wahl und deren Ergebnisse werden wir mit einer antifaschistischen Demonstration auf die Straße tragen. Denn schauen wir uns die Stimmung in Sachsen an und werfen einen Blick auf die Politik der zur Wahl stehenden Parteien, ist Schlimmes zu befürchten und Kritik von Nöten. Viele Fragen, die wir uns momentan noch stellen, werden in wenigen Wochen beantwortet sein. Wie zum Beispiel, ob Nazis in ganz Sachsen weiterhin durch die NPD und deren finanzielle Mittel und Ressourcen, die ihnen durch einen Einzug in den sächsischen Landtag zuteil kommen, profitieren werden? Oder gibt es sogar Grund zum Feiern, weil die NPD nicht in den Landtag gewählt wird? Wie wird es um die AfD stehen? Schaffen sie es über die Fünfprozenthürde? Und wenn ja, was haben wir von der Partei zu erwarten, die eine nationalistische, marktradikale und sexistische Politik verfolgt? Aber unabhängig davon, wie viele Stimmen NPD und AfD auch erhalten werden, eine Verbesserung der „Sächsischen Zustände“ ist auch ohne sie nicht in Sicht. Denn wir werden wahrscheinlich noch immer mit der königlichen Regentschaft der CDU konfrontiert sein, die Antifaschismus kriminalisieren will. Daran ändert auch eine zahnlose Opposition nichts.
Dürfen wir vorstellen: Die Sächsischen Zustände..
Wer vor Krieg, Hunger, Verfolgung und Tod aus seinem Land fliehen muss und Asyl in Sachsen sucht, hat nur eine geringe Chance hier tatsächliche Hilfe zu erhalten. Denn die sächsische Regierung brüstet sich damit, im Jahr 2013 bundesweit eine Spitzenposition in Hinblick auf Abschiebungen einzunehmen. Was die NPD und der Bürgermob vor Asylunterkünften, etwa in Schneeberg und Bautzen, mit rassistischen Parolen lautstark einfordern, setzt die CDU auf bürokratischer Ebene, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, rigoros um. Diese Stimmung verdeutlicht den ideologischen Rechtsruck, der sich bereits bei den letzten Europawahlen niederschlug. Fremdenfeindlichkeit und rassistische Hetze zeigen sich in all ihren Schattierungen. Hand in Hand geht die Stimmungsmache von Politik und Medien, wegen angeblich immens steigenden Asylsuchendenzahlen (1), und die gemeinsamen Proteste von Nazis und Bürger_innen. Die Behauptung, dass die Ablehnung von Geflüchteten, Migrant_innen und Zuwander_innen in der Angst der Bürger_innen begründet ist, verkennt die meist dahinterliegenden, eigentlichen Ursachen – nämlich: den in der Bevölkerung verankerten Rassismus, Nationalismus und die irrige Annahme das eigene Leben sei mehr wert als das Anderer. Und auch für den vermeintlichen Verlust der eigenen Privilegien in Folge der Krise, dienen Marginalisierte als Sündenböcke. Wer sich wiederum gegen die Ressentiments zur Wehr setzt und offen Kritik äußert, der wird kriminalisiert und von der sächsischen Regierung als „verfassungsfeindlich“ eingestuft. Während sich Nazis in vielen Regionen Sachsens als hegemoniale Kraft aufspielen können, soll antifaschistischen und antirassistischen Engagement eingedämmt werden. Hier zeigt sich ein weiteres Indiz für das autoritäre Politikverständnis der „sächsischen Demokratie“.
Die NPD als finanzielles Fundament menschenverachtender Umtriebe.
Ein wiederholter Einzug der NPD in den sächsischen Landtag bedeutet zwar nicht unmittelbar einen größeren Einfluss der Nazis auf parlamentarischer Ebene, allerdings ist die Landtagsfraktion das Rückgrat der NPD in Sachsen. Die vielfältigen personellen, finanziellen und strukturellen Möglichkeiten, die mit einem Wahlgewinn verbunden sind, stellen für die gesamte Partei einen erheblichen Nutzen dar. Aber auch die Freien Kameradschaften, das rechte Nazimusikbusiness, rechte Hooligans, Burschenschaften und Traditionsvereine profitieren von einem Wiedereinzug der NPD. So dienen beispielsweise Abgeordnetenbüros und Geschäftsstellen schon immer auch als Anlauf- und Treffpunkte für die weit verzweigte rechte Szene. Durch ihren Sitz im Landtag war es der NPD möglich Strukturen zu etablieren, mit deren Hilfe sie neo-nationalsozialistische Positionen verbreitet und festigt. Solange der Umgang der Gesellschaft mit der NPD jedoch auf Ignoranz und Verharmlosung beruht und ihr kein entschiedener und kontinuierlicher Widerspruch und Widerstand entgegengesetzt wird, werden Nazipositionen auch immer mehr Zuspruch in der Bevölkerung erhalten.
Alternative für Deutschland: Neuer Rechtsausleger oder Luftnummer?.
Ob die AfD auch nach den Europawahlen ihren Höhenflug fortsetzen kann und in den sächsischen Landtag einzieht, bleibt abzuwarten. Um ihre Chancen steht es allerdings nicht allzu schlecht, was durchaus besorgniserregend ist. Denn mit der AfD tritt eine weitere rechte Partei auf den Plan, die mit einem national-chauvinistischen Kurs gegen „massenhafte Einwanderung“ und „die Herausbildung einer multikulturellen Gesellschaft“ mobil macht und damit den Sprung in den Landtag schaffen könnte. In den Medien wird im Zusammenhang mit der AfD oft von der „eurokritischen Professorenpartei“ fabuliert und ihre Kritiker_innen versuchen sie, mit dem wenig sagenden Vorwurf des ›Rechtspopulismus‹ zu stigmatisieren. Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit den Inhalten der Partei findet nur wenig statt. Dabei zeigt sich die sächsische AfD als besonders reaktionär, und droht nach dem Einzug in den Landtag die künftige Bundes- und Europapolitik der Partei zu dominieren. Ihr derzeitiges Personal besteht dabei aus ultrakonservativen, ehemaligen CDU’ler_innen, Anhänger_innen rassistischer Kleinstparteien wie „Die Freiheit“ und evangelikalen Christ_innen, die ihre politischen Standpunkte im Bibelkurs gefunden haben.
„Linke“ Parteien, eine Alternative?.
Auch von den anderen Parteien, wie SPD, Grüne oder Die Linke, die sich durchaus „links“ verorten, ist wenig zu erwarten im Kampf um eine bessere und gerechtere Gesellschaft. Um in mögliche Regierungsverantwortung zu kommen, werden schon einmal Wahlversprechen für nichtig erklärt und ganze politische Agenden über Bord geworfen. So erst im Sommer 2014 geschehen, als die Bundes-SPD einer erneuten Verschärfung der Asylgesetzgebung in Deutschland zustimmte. Auch wenn Die Linke ihren Widerstand im Bundesrat dazu ankündigte und der SPD richtigerweise vorwarf, die „Flüchtlingsrechte auf dem Altar des Koalitionsfriedens geopfert“ zu haben, hat auch sie sich in der Debatte um Asyl und Unterbringung von Geflüchteten nicht immer nur mit Ruhm bekleckert. Ein Beispiel hierfür ist Leipzig-Rackwitz. Hier brachte die Partei großes Verständnis für die herbei halluzinierten Ängste einer Bürger_innerinitiative auf, die gemeinsam mit der NPD gegen ein geplante Unterkunft wetterte, anstatt sich mit den Betroffenen des Rassismus selbst, den Geflüchteten, zu solidarisieren. Und um noch einen drauf zu setzen, distanzierte sich die Linkspartei von einer Demonstration antirassistischer und antifaschistischer Gruppen, die ihre Kritik an dem System von Ausgrenzung, rassistischen Sondergesetzen, gesellschaftlicher Isolation, sowie einer zynischen Abschiebemaschinerie in Rackwitz zum Ausdruck brachten. Um sein Wähler_innenklientel nicht zu verprellen, hält sich eben auch die Linke im Zweifel bedeckt.
Am Ende: Genau das kann für uns nur eins bedeuten: Egal wie die Kreuzchenzählerei am Sonntag des 31.August 2014 ausgeht, wir stellen uns weiterhin gegen jede Form von Rassismus quer und rufen daher zur Antifaschistischen Demonstration am Wahlsonntag, den 31.08. 2014 um 17:00 Uhr in Dresden am Albertplatz auf.
(1) Seit 1990 stieg der Anteil der „ausländischen Bevölkerung“ in Sachsen von 1,1% auf lediglich 2,2% bei etwas über vier Millionen Einwohner_innen.