Musik-Event in der „Titanic“

Erstveröffentlicht: 
14.07.2014
14.07.2014 - Rund 100 Besucher fanden sich am Samstag zu einem konspirativ organisierten braunen Liedermacher-Konzert in der Neumünsteraner Gaststätte ein – darunter Aktivisten aus dem „Blood&Honour“-Umfeld und der „Hammerskins“.

 

Wozu sich im selbst verbarrikadierten „Thinghaus“ in Grevesmühlen treffen, wenn es auch andernorts in der Öffentlichkeit geht? Die rechte Musikszene von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern pilgerte am Samstag zu einem konspirativ organisierten Liedermacher-Konzert nach Neumünster. Nach Schließung des „Clubs 88“ versucht der Wirt der „Titanic“, Horst Micheel, offenbar gar nicht mehr zu verhehlen, dass es sich bei der von ihm betriebenen Gaststätte um einen zentralen neonazistischen Treffpunkt handelt, auch wenn der Vermieter des Lokals in Bahnhofsnähe dies nach eigenen Angaben nicht wahrhaben will.

Die meisten der knapp 100 Besucher am 12. Juli wurden von einem Großaufgebot der Polizei kontrolliert. Dabei wurde in einem Fall eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz gefertigt, weil ein Butterfly-Messer mitgeführt wurde. Außerdem kam es zur Beschlagnahmung mitgeführter Tonträger, unter anderem bei Neonazis aus Mölln.

Die Zusammenkunft wurde als Solidaritätsveranstaltung für den früher von Christiane Dolscheid betriebenen „Club 88“ offeriert. Die Neumünsteranerin ließ sich allerdings gar nicht blicken. Dafür wurde von Besuchern das altbekannte T-Shirt des ehemaligen Sturmlokals getragen. Begrüßt wurden die angereisten Gäste vom Neumünsteraner NPD-Ratsherrn Mark Michael Proch. Die „Titanic“ selbst war zwischenzeitlich auch einmal Sammelpunkt für „Bandidos“-Rocker und deren Unterstützer, während Proch in seiner Sympathie für Rocker offenbar aber nicht sehr wählerisch ist, weil er auch Partys der „Hells-Angel-Supporter“ „Red Devils“ besucht. Ähnlich szeneübergreifend auch der Zulauf zum Liedermacher-Abend, bei dem sowohl Aktivisten der verbotenen „Blood&Honour“-Organisation wie auch der einst mal konkurrierenden „Hammerskins“ anzutreffen waren.

Lautes Mitsingen bis auf die Straße

Einige „Titanic“-Besucher weilten zwei Wochen zuvor bei dem von „Honour&Pride“-Strippenzieher Oliver Malina organisierten Rechtsrock-Festival in Nienhagen in Sachsen-Anhalt. (bnr.de berichtete) Etliche Angehörige und Sympathisanten der „Weisse Wölfe Terrorcrew“ zeigten ihre Gesinnung per T-Shirt. Die inzwischen länderübergreifend operierende militante Neonazi-Gruppierung gilt als äußerst gefährlich. Gegen einzelne Vertreter wird seitens der Bundesanwaltschaft sogar wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt, dazu laufen ebenso juristische Prüfungen in den Niederlanden wie in der Schweiz.

Mit Rene Martens besuchte auch einer der Aktivisten der sich nach einem Neumünsteraner Stadtteil benannten Gruppierung „Sturmabteilung Faldera“ (bezeichnen sich selbst auch als SA Faldera) den von der Polizei nach den Kontrollen unbehelligt gelassenen Musikabend am 12. Juli, bei dem einige Male lautes Mitsingen bis auf die Straße drang.

Wenige Straßenzüge von der „Titanic“ entfernt hat die Linkspartei ihr Ortsbüro. Anfang des Monats sind dort bereits zum fünften Mal innerhalb der vergangenen zwei Jahre die Scheiben eingeworfen worden – diesmal mit einer Gehwegplatte. Recherchen der „taz“ zufolge ist es nach polizeilichen Ermittlungen gelungen, den Täter des vierten Anschlags zu ermitteln, der erst im Vormonat erfolgte. Demzufolge soll es sich um S. Sch. handeln, von dem bekannt ist, dass er mit der „Titanic“ sympathisiert.