Landesvorsitzender der Rechten offenbar ausgestiegen

Der mutmaßliche Aussteiger als Ordner auf einer Neonazi-Demo
Erstveröffentlicht: 
25.04.2014

Das Stühlerücken unter hohen Funktionären der extremen Rechten geht weiter. Jetzt soll es den baden-württembergischen Landesvorsitzenden der Worch-Partei Die Rechte erwischt haben. Der stieg offenbar gleich ganz aus der Szene aus, wie das „Freie Netz Süd“ schreibt.

 

Von Thomas Witzgall

 

Visitenkarten drucken dürfte in der rechten Szene momentan ein eher schwieriges Unterfangen sein, denn die Haltbarkeit der Informationen ist angesichts der aktuellen Entwicklungen deutlich begrenzt. Es wird geputscht und gemobbt. Hohen Funktionären wird der Rücktritt nahegelegt oder sie werden per Beschluss gleich ganz abgesetzt. Hohe Parteiämter werden hingeworfen.

Die Liste der „Gefallenen“ zieren auf Seiten der NPD der ehemalige Parteichef Holger Apfel, der Ex-Generalsekretär Peter Marx, die Vorsitzende der NPD-Frauen Sigrid Schüssler, „Nationalsozialist“ und NPD-Chef von Hamburg, Thomas Wulff.

Vom Landesvorsitz direkt in ein Aussteigerprogramm?

Nun hat es auch in der noch jungen Partei Die Rechte einen Landesvorsitzenden erwischt. Laut einem Bericht des bayerischen Kameradschaftsnetzwerkes „Freies Netz Süd“ soll Daniel Reusch, Landesvorsitzender der Worch-Partei in Baden-Württemberg ausgestiegen sein und sich im „staatlichen Aussteigerprogramm“ befinden. Zudem habe er den Anwalt gewechselt und auch die von ihm angezeigte Demonstration im Oktober 2014 wieder abgemeldet.

Reusch befand sich zusammen mit weiteren Akteuren der Autonomen Nationalisten (AN) Göppingen seit einer Razzia Ende Februar in Haft. Die Polizei hatte etliche Wohnungen durchsucht. Den verhafteten Aktivisten wurde die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft verdächtigte insgesamt 18 Personen zwischen 22 und 33 Jahren. Die Liste der Straftaten war lang: Sachbeschädigungen, gefährliche Körperverletzungen, vorsätzliche Körperverletzungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Verstöße gegen das Waffengesetz.

Das „Freie Netz Süd“ befürchtet nun, dass Reusch den Behörden größeren Einblick in die Aktivitäten der Szene gewährt und Ermittlungen unterstützt haben könnte. Auch ein weiterer Angeklagter, beschrieben im Bericht als „Selbstständiger aus Eislingen an der Fils“ soll bei der Polizei größer ausgesagt haben. Die Charakterisierung passt zu einem Handwerker, der laut den Göppinger Kreisnachrichten an dem Überfall auf die Aktion „Roter Teppich für Toleranz“ im März vergangen Jahres vor dem Göppinger Rathaus beteiligt gewesen sein soll. Er sei zudem in der Band „Heiliger Krieg“ aktiv (PDF-Datei), einem Nachfolgeprojekt von Teilen der verbotenen Band „Race War“.

Reusch und der Musiker seien wieder auf freiem Fuß und werden im Bericht als „Plaudertasche“, „Verräter“ und „Judas“ verunglimpft.

Bayerische Neonazis und die Göppinger Szene haben in der Vergangenheit eng zusammengearbeitet. Aktivisten aus den Reihen des „Freien Netz Süd“ beteiligten sich auch funktional als Fotografen und Ordner an der Demonstration in Göppingen im Oktober 2013. Die Göppinger beteiligten sich an Demonstrationen und Kundgebungen der bayerischen Szene in Wunsiedel und regelmäßig am 1.Mai.

Das Stuttgarter Innenministerium wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Fall äußern.

Anhaltende Auflösungserscheinungen

Verantwortlich für die Internetseite des rechten Landesverbandes ist wie bei anderen Strukturen der Partei der Stadt- und Kreisrat Markus Walter (Verden). Sowohl auf der Seite als auch im sozialen Netzwerk Facebook gibt es noch keine Stellungnahme zu Reusch. Dagegen begrüßt der Landesvorstand mit einem Eintrag vom 4. April den Rücktritt des Landesvorsitzenden aus dem benachbarten Rheinland-Pfalz, Oliver Kulik, der die Partei gleich ganz verlassen hat. Hintergrund soll der Streit mit dem Parteigründer Christian Worch um die mögliche Aufnahme der ehemaligen Pornodarstellerin Ina Groll / Kitty Blair sein.

Zuvor hatte sich bereits der sächsische Landesverband der Rechten aufgelöst. „Ohne Mitglieder besteht kein Landesverband“, wurde Ende März auf der dortigen Facebook-Seite verkündet. Sämtliche Mitglieder in Sachsen seien aus der Partei ausgetreten und wollen sich zukünftig bei parteifreien Kräften engagieren.