Das für den 26. April in Berlin geplante Konzert der faschistoiden Band Thompson wird defintiv nicht stattfinden. Nachdem die Columbiahalle dem zunehmenden öffentlichen Druck nachgegeben und die Verträge mit dem Veranstalter gekündigt hatte, fehlt es den Ustascha-Rockern und ihren Fans an einer geeigneten Räumlichkeit — vorerst, denn Veranstalter und Band haben bereits angekündigt, das verhinderte Konzert im Mai „schnellstmöglich“ nachholen zu wollen.
Bis zuletzt wollte Veranstalter Jakov Kolak es nicht wahrhaben: In einer Email-Reaktion auf den Beitrag Thompson ohne Columbiahalle spottete Kolak noch: „Das Konzert findet 100% statt !!! Ihr seit so lächerlich Ihr Affen und genossen“ (sic) Auch gegenüber der Presse gab sich Kolak lange Zeit unbeeindruckt und bestand trotz ausgesprochener Kündigung durch die Columbiahalle auf seinem Vertrag. Erst als die Columbiahalle die zuvor schon in diversen Zeitungen zitierte Kündigung auch auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte, ging Kolak ein Licht auf. Keine drei Tage mehr vor dem geplanten Konzert gestand der Veranstalter in einer hastigen Stellungnahme ein, für das angekündigte Konzert über keinen Raum mehr zu verfügen. Auch die kurzfristig ausgerufene Suche nach einem Ausweichort erwies sich, trotz anderslautender Zwischenmeldungen, als Misserfolg.
Die Schuld am Raumverlust gab Kolak in seiner drei Tage vor dem Konzert erschienen Stellungnahme der „einseitigen Berichterstattung vieler große[r] und kleine[r] Pressevertreter“ über das geplante „Familienkonzert“. Die „Gegenseite“ verspüre kein „Gefühl für Familie, Liebe, Gott und Heimat“ und versuche „verkrampft“ „diese Sachen in einen negativen Kontext zu stellen“. Außerdem würden „vergangene „Fehler“ des Künstlers […] fokussiert und thematisiert.“ Nicht nur die Thematisierung vergangener „Fehler“, die Kolak tatsächlich in Anführungszeichen setzt, bereitet ihm Bauchschmerzen. Schon einige Tage zuvor hatte er gegenüber der Tageszeitung Die Welt beklagt, dass „immer wieder an irgendwelche Lager erinnert“ [1] werde. Außerdem verharmloste er den Ustascha-Gruß, mit dem Thompson und Teile seines Publikums in der Vergangenheit wiederholt aufgefallen waren, als „normalen Gruß“. [2]
Nachdem seine Bemühungen, einen Ausweichort zu finden keinen Erfolg hatten, verschärfte Kolak in einer Stellungnahme am Abend vor dem ursprünglichen Konzerttermin noch einmal den Ton: „Der mediale Gegenwind und die Propaganda gegen dieses Konzert macht es zudem nicht leichter einen Veranstaltungsort zur Zusammenarbeit zu motivieren.“ Ein Journalist des Neuen Deutschland berichtet, Kolak habe ihn nach der Absage indirekt für das Scheitern des Konzerts verantwortlich gemacht und ihm darüber hinaus körperliche Gewalt angedroht [3]. Ähnliche Reaktionen zeigen sich in den einschlägen Foren und Kommentarspalten. Auf der Facebook-Seite „Cro Best Berlin“, die der Veranstalter zum Konzert einrichtete, schreiben wütende Anhänger_innen: „Das sind die Namen der Verräter“ gefolgt von Namen und Kontaktdaten mehrerer Journalist_innen, die mit ihrer kritischen Berichterstattung über die Hintergründe Thompsons in deutschen und kroatischen Medien aufgefallen waren. Den „Verrat“ leiten die Kommentator_innen daraus ab, dass es sich bei jenen Journalist_innen vermeintlich um „Kroaten“ handele.
Darüber hinaus ergehen sich die Kommentator_innen, neben der Parole: „Nema Predaje!“ (Niemals kapitulieren!), die an ein Lied vom aktuellen Album Thompsons angelehnt ist, in religiösem und nationalistischem Pathos: „Wir sind Kroaten und lieben Hergott Jesus Kristus, unsere Heimat und das ist gut so“ schreibt Lidija Schultz Kukor, „Wie Marko schon sagte: Wir sind Kroaten“, schreibt ein Stefan Begic, „Ihr habt eine Armee im Rücken, alle Kroaten die ich kenne wollen dieses Konzert“ schreibt Zeljko Cuk und Mira Nakic meint: „Keine Macht kann mir zu verbieten Gott, Familie und Vaterland zulieben.“
Auch auf der Facebook-Seite der Columbiahalle machen Fans ihrem Unmut Luft. Neben Thilo Sarazzin wird dort der ebenfalls für rassistisch-kulturalistische Ausfälle bekannte Akif Pirinçci angeführt und eine Verschwörung linker Politiker_innen und Medien „mit Sympatien für die SA Nachfolger“ hinter der Konzertabsage hallunziniert [4]. Nutzer_innen, die sich im Gegenzug kritisch gegenüber den faschistischen Tendenzen Thompsons und seines Publikums äußern, wird hingegen mit Gewalt gedroht. [5]
Doch davon wird sich die medial breit gefürte Debatte der letzten Wochen nicht mehr umkehren lassen. Neben dem Verlust der Columbiahalle als eingespielten Veranstatungsort der letzten Jahre, dürfte es für Veranstalter_innen nun generell schwieriger geworden sein, in Berlin für Thompson eine Bühne zu finden, auf der sich nationalistische und Faschismus-verherrlichende Positionen ungestört austoben können. Das scheint auch Kolak begriffen zu haben. Sollte es im Mai tatsächlich zu einem weiteren Versuch kommen, die Band um Marko Perkovic in Berlin auftreten zu lassen, so hat er bereits angekündigt, sich mit Angaben über Zeitpunkt und Ort bis auf weiteres bedeckt zu halten.
Am 3. Mai soll Thompson im nordrhein-westfälischen Essen auftreten. Im Gegensatz zum Veranstaltungsort in Berlin sehen sich die Betreiber_innen der Eissporthalle Essen nicht in der Lage, dem Konzert-Veranstalter zu kündigen. [6]
Fußnoten:
[1] Mit dem Ustaschagruß auf große Fahrt, Die Welt, 13. April 2014
[2] ebd.
[3] Kein Ustascha-Gruß in der C-Halle, Neues Deutschalnd, 24. April 2014
[4] „Sarazzin und Pririnci habens richtig analysiert. Linke Poliiker, Linke Medien mit Sympatien für die SA Nachfolger“, Marijana Bilic, 22. April 2014
[5] „@s[...] also wenn ich dich mal auf der str. seh , dann kriegst du Von mir eine backpfeife die du im leben nicht vergisst !!!“, Pere Đikić, 23. April 2014
[6] Faschisten-Sänger Thompson spielt in Halle der Stadt Essen, Der Westen, 11. April 2014
Übersicht: Ustascha-Rock: Thompson in Berlin
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