[Berlin-Tempelhof] Thompsons Nullnummer in Berlin

Thompson-Anhänger 2013 in München

Das für den 26. April in Berlin geplante Kon­zert der faschis­to­iden Band Thompson wird def­intiv nicht statt­finden. Nachdem die Colum­bia­halle dem zun­ehmenden öffent­li­chen Druck nach­ge­geben und die Ver­träge mit dem Ver­an­stalter gekün­digt hatte, fehlt es den Ustascha-Rockern und ihren Fans an einer geeig­neten Räum­lich­keit — vor­erst, denn Ver­an­stalter und Band haben bereits ange­kün­digt, das ver­hin­derte Kon­zert im Mai „schnellst­mög­lich“ nach­holen zu wollen.

 

Bis zuletzt wollte Ver­an­stalter Jakov Kolak es nicht wahr­haben: In einer Email-Reaktion auf den Bei­trag Thompson ohne Colum­bia­halle spot­tete Kolak noch: „Das Kon­zert findet 100% statt !!! Ihr seit so lächer­lich Ihr Affen und genossen“ (sic) Auch gegen­über der Presse gab sich Kolak lange Zeit unbe­ein­druckt und bestand trotz aus­ge­spro­chener Kün­di­gung durch die Colum­bia­halle auf seinem Ver­trag. Erst als die Colum­bia­halle die zuvor schon in diversen Zei­tungen zitierte Kün­di­gung auch auf ihrer Facebook-Seite ver­öf­fent­lichte, ging Kolak ein Licht auf. Keine drei Tage mehr vor dem geplanten Kon­zert gestand der Ver­an­stalter in einer has­tigen Stel­lung­nahme ein, für das ange­kün­digte Kon­zert über keinen Raum mehr zu ver­fügen. Auch die kurz­fristig aus­ge­ru­fene Suche nach einem Aus­weichort erwies sich, trotz anders­lau­tender Zwi­schen­mel­dungen, als Miss­er­folg.

 

Die Schuld am Raum­ver­lust gab Kolak in seiner drei Tage vor dem Kon­zert erschienen Stel­lung­nahme der „ein­sei­tigen Bericht­er­stat­tung vieler große[r] und kleine[r] Pres­se­ver­treter“ über das geplante „Fami­li­en­kon­zert“. Die „Gegen­seite“ ver­spüre kein „Gefühl für Familie, Liebe, Gott und Heimat“ und ver­suche „verkrampft“ „diese Sachen in einen nega­tiven Kon­text zu stellen“. Außerdem würden „ver­gan­gene „Fehler“ des Künst­lers […] fokus­siert und the­ma­ti­siert.“ Nicht nur die The­ma­ti­sie­rung ver­gan­gener „Fehler“, die Kolak tat­säch­lich in Anfüh­rungs­zei­chen setzt, bereitet ihm Bauch­schmerzen. Schon einige Tage zuvor hatte er gegen­über der Tages­zei­tung Die Welt beklagt, dass „immer wieder an irgend­welche Lager erin­nert“ [1] werde. Außerdem ver­harm­loste er den Ustascha-Gruß, mit dem Thompson und Teile seines Publi­kums in der Ver­gan­gen­heit wie­der­holt auf­ge­fallen waren, als „nor­malen Gruß“. [2]

 

Nachdem seine Bemü­hungen, einen Aus­weichort zu finden keinen Erfolg hatten, ver­schärfte Kolak in einer Stel­lung­nahme am Abend vor dem ursprüng­li­chen Kon­zert­termin noch einmal den Ton: „Der mediale Gegen­wind und die Pro­pa­ganda gegen dieses Kon­zert macht es zudem nicht leichter einen Ver­an­stal­tungsort zur Zusam­men­ar­beit zu moti­vieren.“ Ein Jour­na­list des Neuen Deutsch­land berichtet, Kolak habe ihn nach der Absage indi­rekt für das Schei­tern des Kon­zerts ­ver­ant­wort­lich gemacht und ihm darüber hinaus kör­per­liche Gewalt ange­droht [3]. Ähn­liche Reak­tionen zeigen sich in den ein­schlägen Foren und Kom­men­tar­spalten. Auf der Facebook-Seite „Cro Best Berlin“, die der Ver­an­stalter zum Kon­zert ein­rich­tete, schreiben wütende Anhänger_innen: „Das sind die Namen der Ver­räter“ gefolgt von Namen und Kon­takt­daten meh­rerer Journalist_innen, die mit ihrer kri­ti­schen Bericht­er­stat­tung über die Hin­ter­gründe Thomp­sons in deutschen und kroatischen Medien auf­ge­fallen waren. Den „Verrat“ leiten die Kommentator_innen daraus ab, dass es sich bei jenen Journalist_innen ver­meint­lich um „Kroaten“ han­dele.

 

Dar­über hinaus ergehen sich die Kommentator_innen, neben der Parole: „Nema Pre­daje!“ (Nie­mals kapi­tu­lieren!), die an ein Lied vom aktu­ellen Album Thomp­sons ange­lehnt ist, in reli­giösem und natio­na­lis­ti­schem Pathos: „Wir sind Kroaten und lieben Her­gott Jesus Kristus, unsere Heimat und das ist gut so“ schreibt Lidija Schultz Kukor, „Wie Marko schon sagte: Wir sind Kroaten“, schreibt ein Stefan Begic, „Ihr habt eine Armee im Rücken, alle Kroaten die ich kenne wollen dieses Kon­zert“ schreibt Zeljko Cuk und Mira Nakic meint: „Keine Macht kann mir zu ver­bieten Gott, Familie und Vater­land zulieben.“

 

Auch auf der Facebook-Seite der Colum­bia­halle machen Fans ihrem Unmut Luft. Neben Thilo Sarazzin wird dort der eben­falls für rassistisch-kulturalistische Aus­fälle bekannte Akif Pirinçci ange­führt und eine Ver­schwö­rung linker Politiker_innen und Medien „mit Sym­pa­tien für die SA Nach­folger“ hinter der Kon­zertab­sage hal­lun­z­i­niert [4]. Nutzer_innen, die sich im Gegenzug kri­tisch gegen­über den faschis­ti­schen Ten­denzen Thomp­sons und seines Publi­kums äußern, wird hin­gegen mit Gewalt gedroht. [5]


Doch davon wird sich die medial breit gefürte Debatte der letzten Wochen nicht mehr umkehren lassen. Neben dem Ver­lust der Colum­bia­halle als ein­ge­spielten Ver­an­sta­tungsort der letzten Jahre, dürfte es für Veranstalter_innen nun gene­rell schwie­riger geworden sein, in Berlin für Thompson eine Bühne zu finden, auf der sich natio­na­lis­ti­sche und Faschismus-verherrlichende Posi­tionen unge­stört aus­toben können. Das scheint auch Kolak begriffen zu haben. Sollte es im Mai tat­säch­lich zu einem wei­teren Ver­such kommen, die Band um Marko Per­kovic in Berlin auf­treten zu lassen, so hat er bereits ange­kün­digt, sich mit Angaben über Zeit­punkt und Ort bis auf wei­teres bedeckt zu halten.

 

Am 3. Mai soll Thompson im nordrhein-westfälischen Essen auf­treten. Im Gegen­satz zum Ver­an­stal­tungsort in Berlin sehen sich die Betreiber_innen der Eis­sport­halle Essen nicht in der Lage, dem Konzert-Veranstalter zu kün­digen. [6]

 

Fußnoten:

[1] Mit dem Usta­scha­gruß auf große Fahrt, Die Welt, 13. April 2014
[2] ebd.
[3] Kein Ustascha-Gruß in der C-Halle, Neues Deut­schalnd, 24. April 2014
[4] „Sarazzin und Pri­rinci habens richtig ana­ly­siert. Linke Poliiker, Linke Medien mit Sym­pa­tien für die SA Nach­folger“, Mari­jana Bilic, 22. April 2014
[5] „@s[...] also wenn ich dich mal auf der str. seh , dann kriegst du Von mir eine back­pfeife die du im leben nicht ver­gisst !!!“, Pere Đikić, 23. April 2014
[6] Faschisten-Sänger Thompson spielt in Halle der Stadt Essen, Der Westen, 11. April 2014

 

Übersicht: Ustascha-Rock: Thompson in Berlin

 

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