Le: Heraus zum antikapitalistischen und antifaschistischen 1. Mai in Leipzig und Plauen!

Plakat 1. Mai Leipzig

Befreite Gesellschaft statt Kapitalismus! Auf zur sozialen Revolution! Nationalismus, Rassismus, Sexismus, Sozialdarwinismus, Gentrifizierung und Repression bekämpfen!

 

Heraus zum antikapitalistischen und antifaschistischen 1. Mai in Leipzig und Plauen!


Der 1. Mai gilt historisch als Kampftag der Arbeiter*innenbewegung. Nachdem es in den ersten Maitagen 1886 in Chicago (USA) zur gewaltvollen Niederschlagung der Streiks von Arbeiter*innen für eine Senkung der Arbeitszeit von zwölf auf acht Stunden kam, ging der erste Mai fest in die Historie der Arbeiter*innen- und Gewerkschaftsbewegung ein. Seitdem gibt es eine kontroverse Bedeutungsaufladung des Tages. Nazis nutzen den 1. Mai um ihre antisemitische Variante von „ehrlicher Arbeit“ und ihre Vorstellung einer homogenen Volksgemeinschaft zu propagieren. Gewerkschaften dagegen treffen sich zum Bratwurstessen und zelebrieren ihre grundsätzliche Übereinstimmung mit Arbeitszwang und Ausbeutung – in diesem Jahr vielleicht sogar mit der großen Koalition.


Wir demonstrieren am 1. Mai – gegen Kapitalismus in all seinen Facetten! Wir mobilisieren dabei für zwei Ereignisse an diesem Tag – zum ersten gegen den geplanten Naziaufmarsch in Plauen und zum anderen für eine linksradikale Demonstration in Leipzig. Beide Ereignisse haben für uns den gleichen Stellenwert. Jedoch nicht etwa, weil wir unbedingt den 1. Mai als traditionellen Tag der Arbeiterklasse mit seiner Geschichte fortsetzen und gegen die Nazis verteidigen wollen, sondern weil wir es für notwendig erachten, weiter zu gehen als im reinen Anti-Nazi-Kampf zu verharren und eigene Inhalte zu setzen.

Das Problem heißt Kapitalismus!


Sieben Jahre nach dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise sind deren negative Folgen auf die Existenz von Millionen von Menschen längst nicht zu erfassen. Während insbesondere die südeuropäischen Staaten, allen voran Griechenland, unter der Last des Schuldendiktats zusammenzubrechen drohen, führt sich die Bundesrepublik Deutschland als große Retterin auf. Profiteur*innen der Rettungspakete sind jedoch bekanntermaßen nicht die von der Krise betroffenen Menschen, sondern Banken und Gläubiger*innen der jeweiligen Staaten. Dies bedeutet im Endeffekt nichts anderes als die Reproduktion des kapitalistischen Systems, das die Krise selbst hervorgebracht hat. Die Bedingungen für die „Rettung“ sind bekannt, insbesondere Deutschland treibt Hand in Hand mit der Troika (Europäische Komission, Internationaler Währungsfond, Europäische Zentralbank) eine Haushaltspolitik der Entbehrung und Sparsamkeit voran, die nichts anderes als das massive Stutzen von sozialen Sicherungssystemen, den Rückbau der öffentlichen Daseinsvorsorgen und Massenentlassungen bedeutet. Die „Stärkung des Standorts Deutschlands“ und die Verelendung der Bevölkerungen der betroffenen „Schuldenstaaten“ sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Durch ihre Stellung als führende Wirtschaftsmacht, deren Stärke vor allem auf Export basiert, schafft die Bundesrepublik ökonomische Abhängigkeiten, von denen sie selbst profitiert.


Der deutsche Vorzeigekapitalismus baut dabei auf einer rigorosen Niedriglohn-Politik auf, der negative Standards für die gesamte Europäische Union setzt. Dieses Modell funktioniert vor allem auch aufgrund der neoliberalen Zurechtstutzung der sozialen Sicherheitssysteme. Unter dem Motto „Fördern und Fordern“ wurden um die Jahrtausendwende vor allem durch „sozialdemokratische“ Regierungen Sozialleistungen gekürzt, der Zwang zur Aufnahme von Arbeit um jeden Preis verschärft und der Druck, auf den und die Einzelne*n permanent aktivierbar und „fit für den Arbeitsmarkt“ zu sein, erhöht. Während die permanente individuelle Existenzangst wächst, geht der Wille sich kollektiv gegen diese verschärften kapitalistischen Zustände zu wehren gegen Null. Auch weil immer mehr Niedriglöhner*innen aus Angst mit „Hartz IV“ noch tiefer zu fallen, nicht aufbegehren. Dies zeigt sich auch in Leipzig: ein großer Teil der Beschäftigten bezieht Löhne, die unterhalb der Niedriglohnschwelle liegen, viele der hier lebenden Menschen gelten als arm. Protest? Fehlanzeige!

Nach unten treten


Der Unmut gegen diese Zustände äußert sich in Deutschland nicht im Kampf für ein besseres Leben. Nicht nur, dass die Gewerkschaften Protest immer wieder am Verhandlungstisch mit den Arbeitgeber*innen aus Verwaltung und Privatwirtschaft kanalisieren, nein, der Unmut äußert sich vor allem gegen sozial noch schwächer gestelltere Menschen. Bundesweit erheben sich Deutsche gegen die Errichtung von Unterkünften für Asylsuchende. Die Ablehnung von Langzeitarbeitslosen und Wohnungslosen wächst. Die Schuld für deren Situation wird individualisiert anstatt sie in einem Wirtschaftssystem zu suchen, das Menschen in kapitalistisch verwertbar und nicht verwertbar einteilt.


In Zeiten der Krise erstarken europaweit rechtspopulistische Akteur*innen, die ihren nationalistisch gefärbten Kampf gegen ein geeintes Europa mit einem heftigen Sozialchauvinismus und Rassismus garnieren. Ob AfD, FPÖ, SVP, Front national oder Fidez… in ganz Europa treten solche Akteur*innen derzeit auf den Plan und können bei den Europawahlen am 25.5. den großen Durchmarsch erwarten. Das Krisenlösungsszenario der Rechtspopulist*innen geht zulasten der an den Rand gedrängten, in ganz Europa. Ihr Programm bedeutet nichts anderes als die ideologische Renationalisierung und ein marktradikales ‚Weiter so‘.

Fight Sexism! Das Private ist und bleibt politisch!


Ein weiter so heißt es auch für viele Frauen*. Durch das Erstarken rechter und konservativer Kräfte wird das Bild der „Frau am Herd“ wieder erneuert. Traditionelle Rollenbilder als vermeintlicher Stützpfeiler in Zeiten von Unsicherheit und Vereinzelung bieten scheinbar für breitere Teile der Gesellschaft wieder eine Option. Dies ist ein Rückschritt gegenüber der durch Frauen* erkämpften Rechte. Aber nicht nur das ist aktuell wieder ein Problem, denn mit der erkämpften Teilhabe am Arbeitsmarkt, endet der Tag nicht, sondern geht nahtlos in eine zweite Spähre über.


Nach getaner Lohnarbeit in der Freizeit angekommen, heißt es dann alle anderen Bereiche des Lebens zu bedienen. Dass damit die Aufgabenliste weiter geht, kennt jede*r von uns aus eigener Erfahrung. Oftmals fällt aber der Bereich des Privaten in der Betrachtung eines allgemeinen Arbeitsverständnisses hinten runter. Arbeit ist nur Arbeit, wenn die Bezahlung zum Austausch der Dienstleistung angeboten wird. Dank der historisch gewachsenen Geschlechterzuschreibungen fällt auch heute noch die Aufgabenliste der reproduktiven Tätigkeiten (also alles was zum Überleben im Kapitalismus neben der Lohnarbeit noch notwendig ist) zum überwiegenden Teil den Frauen* in dieser Gesellschaft zu. Neben einer harten Arbeitswoche heißt es zu Hause angekommen, die Harmonie in den 4 Wänden herzustellen, kochen, Kinder abholen, Hausaufgaben machen, Wohnung aufräumen, Wäsche waschen, etc.


Anstelle der finanziellen Abhängigkeit der Frau vom Mann tritt heute vermehrt der Staat oder der Arbeitsmarkt. Auch hier ist zu beobachten, dass die höheren Positionen meist von Männern* besetzt sind und Frauen* bei gleicher Arbeit oftmals immer noch weniger Lohn erhalten. Die patriachale Struktur, die den Mann* der Frau* bevorzugt, besteht also weiterhin. Es bleibt der bittere Beigeschmack, dass die erkämpften Räume der Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt nichts weiter als ein der kapitalistischen Logik folgendes Prinzip darstellt, welches sich darüber erfreut, neues „Humankapital“ mehrwertbringend zu vermarkten. Die zusätzlich getragene Doppelbelastung von Lohnarbeit und Reproduktion setzt dem Ganzen schließlich die Krone auf.

„Wie die Krise in mein Wohnzimmer kam“


Die Folgen der Krise werden in Deutschland vor allem auf dem Immobilienmarkt spürbar. Immobilien sind aufgrund der Unsicherheit auf den Finanzmärkten die boomenden Kapitalanlagen. Infolge dessen explodieren auch hierzulande die Mietpreise in den größeren Städten. Die Krise kriecht in die Wohnzimmer. Auch in Leipzig, das in der überregionalen Presse in den letzten Jahren für seine niedrigen Mietpreise und Freiräume „gehypt“ wurde, lassen sich die Folgen des Immobilienbooms immer deutlicher wahrnehmen. Wenn Häuser ihre Eigentümer*innen wechseln oder neue gebaut werden, bedeutet das für die Bewohner*innen zumeist den baldigen Auszug. Längst machen die Mietpreise krasse Sprünge. In manchen Stadtvierteln finden bestimmte soziale Schichten längst keinen Wohnraum mehr. Die Kehrseite der städtebaulichen Aufwertung ist die Verdrängung von Menschen. Leipzig steht dabei noch relativ am Anfang einer Entwicklung, die eine stadträumliche Spaltung von sozialen Gruppen bedeutet.


Die soziale Ausdifferenzierung bedeutet immer auch die Durchsetzung bestimmter Lebensstile. Wo vorher eine offensive Nutzung des öffentlichen Raumes gang und gäbe war, zieht in „gentrifizierten“ Stadtvierteln nicht selten eine trügerische Ruhe, scheinbare Ordnung und Sauberkeit ein. Menschen, die nicht in das neue Stadtbild passen haben dort keinen Platz (mehr).


Um das saubere Vorzeigebild der Städte durchzusetzen, kommen zusätzlich staatlich repressive Ordnungsmechanismen zum Zuge. Videoüberwachung, Polizeistreifen, Kontrollen unterschiedlicher Behörden (bspw. Ordnungsamt). Städtebauliche Maßnahmen haben auch in Leipzig das Ziel Menschen, die das konsumbefördernde Bild stören, zu verdrängen oder aber politische Kritik im Keim zu ersticken. Orte, die als repräsentativ für die Stadt gelten oder an denen sich Ordnungsfanatiker*innen durch „abweichendes Verhalten“ gestört fühlen, werden zu „Gefahrenzonen“. Durch die Installation von Kameras soll ein Konformitätsdruck erzeugt werden, der durch die zusätzlichen polizeilichen Maßnahmen, wie Platzverweise, Kontrollen etc. eine Verdrängung von bestimmten Gruppen zur Folge hat.

Repressiv verwaltete Zustände


Auch auf europäischer Ebene wird auf repressive Maßnahmen gesetzt. So gibt es immer wieder europaweite Polizeitrainings, die die Polizeikräfte auf das Unterbinden von Unruhen und Protesten der Bevölkerung vorbereiten sollen. Ein Beispiel ist die 2010 durchgeführte Trainingseinheit „European Union Police Forces Training (EUPFT)“ als Teil der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.


So wird deutlich, dass durch die „Krisenbewältigung“ die Verhältnisse weiter verschärft werden. Dort wo Menschen sich gegen soziale Ausgrenzung und den Durchmarsch harter ökonomischer Prinzipien wehren, kommen repressive Mittel ganz unverblümt zum Einsatz. Der Mord an Alexis, im Zuge von Protesten gegen die fehlenden sozialen Perspektiven, im Dezember 2008 in Athen steht dafür genauso exemplarisch, wie die Verschärfung des Versammlungsrechts in Spanien infolge verstärkter sozialer Proteste.


Grundsätzlich bedeutet das Spardiktat der Troika mit seinen harten Auflagen, dass die Einwohner*innen der betroffenen Staaten jegliche Gestaltungsmacht über ihre Gegenwart und Zukunft verlieren. Der massive Widerstand, vor allem linker Kräfte, in Griechenland wird nicht nur mit Repression sondern mit Schuldzuweisungen beantwortet. Doch weder die Bevölkerungen der krisengeschüttelten Länder, noch das normal-kapitalistische Agieren der Regierungen (Verschuldung um im kapitalistischen Geschäft mitmischen zu können) haben die Krise verursacht. Diese Zustände sind dem Kapitalismus selbst innewohnend.

Let´s take it back


Wir wollen den 1. Mai 2014 nutzen um uns deutlich gegen das kapitalistische Krisenmanagement, gegen die kapitalistische Verwaltung unseres Lebens, gegen jede Form der Ausbeutung von Menschen auszusprechen und Neonazis keinen Raum zu lassen.


Es liegt in unserer Hand die Ursachen von Krise, Prekarisierung und chauvinistischer und rassistischer Stimmungsmache zu benennen und den Anspruch auf ein gutes Leben jenseits von Verwertung, Wettbewerb und Profitmaximierung zu erkämpfen! Wir haben es nicht mit Systemfehlern zu tun – das System selbst ist der Fehler.


Der Kampf für ein besseres Leben wird nicht an den Verhandlungstischen des Kapitals gewonnen und auch nicht beim Bratwurstessen am 1. Mai!
Für ein Leben ohne Unterdrückung und Ausbeutung! Für eine befreite Gesellschaft!

 


 

Jeden Naziaufmarsch am 1. Mai und auch sonst, konsequent verhindern!


Auch in diesem Jahr werden die Nazis versuchen, am 1. Mai an mehreren Orten in Deutschland und in anderen Ländern, wie z.B. Tschechien aufzumarschieren. Die Notwendigkeit, jeden Versuch eines Aufmarsches auf allen möglichen Ebenen zu verhindern, stellt sich genauso wie in den Vorjahren.


Gerade am 1. Mai wollen sich die Nazis als „System-Opposition“ darstellen. Ganz bewusst verstehen sie sich dabei in der Tradition des von den Nationalsozialisten 1933 geschaffenen „Tag der nationalen Arbeit“. Hier als explizit antisemitische deutsche Variante eines Arbeitsbegriffes, der den Kapitalismus als Verschwörung begreift. Der Ideologie der Nazis von heute, wie der von damals ist es eigen, „die Juden“ als Sündenböcke für die Gesellschaftsformation des Kapitalismus zu begreifen. Die Weltsicht der Nazis trägt einen ungebrochenen Vernichtungswillen in sich. Was dieser bedeutet, haben sie mit den schrecklichsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte bewiesen.

 

Entschieden gegen Nazis!


Den Protest nicht dort anzusetzen, wo Nazis aufmaschieren, hat sich als falsch und ineffektiv erwiesen. Selbst wenn es nicht immer gelingen mag, Naziaufmärsche ganz zu verhindern, beweisen doch Ereignisse der letzten Jahre in Dresden, dass von einem kontinuierlichem Protest vor Ort eine nachhaltige Wirkung ausgeht. Auch hier in Leipzig wurde 2009 ein Naziaufmarsch durch entschlossenes Auftreten von weit über tausend Antifaschist*innen verhindert.


Nicht zuletzt aus diesem Grund müssen linke und linksradikale Antifaschist*innen mit aller Entschiedenheit gegen Nazis vorgehen: Denn die spezifisch deutsche Geschichte belegt im Zusammenspiel mit kapitalistischen Krisenbewältigungsmechanismen, dass der Faschismus – insbesondere seine grausamste Form der deutsche Nationalsozialismus – eine stets präsente und längerfristig abrufbare Option ist. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass unwiderruflich auf die kapitalistische Krise der Faschismus folgt.


Eine Selbstkritik unserer linksradikalen Antifa-Politik der letzten Jahre ist die zu starke Fokussierung unserer Aktivitäten auf vorgegebene Ereignisse und Tatsachen durch die Nazis. Dadurch ist es uns immer schlechter gelungen, unserer eigenen Analyse von der Bedeutung der gesellschaftlichen Verhältnisse gerecht zu werden. So wurde eine Gesellschaftskritik in zu starkem Maße über die Nazis reflektiert. Deshalb werden wir am 1. Mai in Plauen und in Leipzig unseren Protest und unsere Forderungen kraftvoll auf die Straße bringen und zeigen, dass wir nach wie vor für eine andere Gesellschaft jenseits von Nationalismus und Kapitalismus kämpfen!

 

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