Am 27. April ist der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble zu einer Diskussion unter dem Titel "Die Kunst des Führens" ins Theater Berliner Ensemble (BE) eingeladen. Die Veranstaltung findet in der Reihe der Cicero-Gespräche statt und folgt auf die Veranstaltung mit Thilo Sarrazin im März. Wir meinen, dass dieser Auftritt Schäubles mit einem Protest an der deutschen Krisenpolitik begleitet werden sollte und laden ein zu einer Gegenkundgebung für alle, die keinen Bock auf Krise, Austerität, deutsche Hegemonie und nationalistische Hetzen haben.
Nachdem schon Thilo Sarrazin versucht hatte, in dem ehemals linken Theater seinen Quatsch los zu werden, legen Cicero und BE noch einen drauf und laden Schäuble zu einem Matinée über “Die Kunst des Führens” ein. Nicht nur der Titel ist angesichts dessen, wofür deutsches Führen steht, purer Zynismus, die ganze Veranstaltung zeigt einmal mehr, an welcher politischen Kultur das Cicero-Magazin und das Brecht-Theater arbeiten. Dessen Intendant Claus Peymann hat die Proteste gegen die letzten Monat verhinderte Sarrazin-Veranstaltung, ebenfalls ein Cicero-Gespräch im BE, als "nazihaftes Gepöbel" bezeichnet und die Demonstrierenden mit den "Brandstiftern von Hoyerswerda" verglichen. Er hoffe auch, dass die Aktion den Demonstrierenden mittlerweile "peinlich" sei [1]. Nix da. Protest gegen Rassismus und Nationalismus bleibt in so einer Situation das einzig richtige.
Und hier kommt natürlich auch Schäuble ins Spiel...
Unsere Kritik will sich nicht an der Person Schäuble aufreiben. Wenngleich dieser für die Durchsetzung bestimmter maßgeblicher Politiken sicher nicht unwichtig war, geht es für uns bei dieser Veranstaltung vielmehr um eine allgemeine Kritik daran, wie die Krise aus deutscher Perspektive gesehen wird: Als Versagen einzelner Länder mit einhergehender rassistischer und nationalistischer Hetze; als Resultat schwacher und nicht wettbewerbsfähiger Ökonomien und angeblich schlechten Politikstils. Die dahinter stehende Logik der nationalen und ökonomischen Konkurrenz setzt sich in einer von Deutschland forcierten Krisenpolitik fort, die eine massenhafte Verelendung, ein Zerbrechen gesellschaftlicher Mindeststandars und, wie in Griechenland, eine Faschisierung der Gesellschaft begünstigt. Dies alles wird hierzulande mit kühlem Schulterzucken ignoriert oder sogar als scheinbar leistungsgerecht begrüßt. Schäuble gehört folgerichtig zu den beliebstesten Politikern Deutschlands, bei dem das nationale Interesse in guten Händen zu liegen scheint. Wer sich in den internationalen Verhandlungen so krass durchsetzen kann wie Schäuble, muss zumindest ein kompetenter Führer sein. Die Krise, ihre Politik und deren Folgen sind in Deutschland zwar kaum Widerspruch, stattdessen aber eine galante Sonntagmorgenveranstaltung wert. Das ist leider ebenso eine Tatsache wie die, dass nicht alle Menschen hierzulande in der deutschen Politik eine ehrbare Kunst sehen, die andächtig-interessiertes Lauschen mit anschließendem Applaus verdient.
Wir haben keinen Bock auf die Kunst des Führens:
antinationale Kundgebung statt nationalistischer Propaganda-
Sonntagmorgenparty statt Sparzwang-Schäuble-Gelaber.
Kommt zur Kundgebung: 27.4. // 10 Uhr // Berliner Ensemble, U- und S-Bahnhof Friedrichstraße
[1] http://www.welt.de/kultur/buehne-konzert/article125395822/Peymann-nennt-...
Ausführlichere Kritik der deutschen Hegemonie im Kontext der kapitalistischen Krise hier: http://aze.blogsport.eu/archives/759