Statt SPINGER, WAZ und BERTELSMANN!!! Unser Europa = Solidarität! So hatten belgische Gewerkschaftskollegen im gewerkschaftlichen Demozug am Freitagnach- mittag kurz und bündig auf großen Plakaten formuliert. Zu der gewerkschaftlichen Großdemonstration gegen die europäische Sparpolitik in Brüssel am Freitag kamen weit mehr als gedacht.
Wie
viele 10 000 mögen es gewesen sein, die am Freitag durch das Brüsseler
Europa- viertel gegen die Sparbeschlüsse demonstrierten? Die Zahlen
schwanken: Französische Kollegen geben mehr als 65 000 an, der DGB
spricht von 50 000 und die belgische Polizei spricht von 25 000.
Sie hebt hervor, dass sie immer wieder „angegriffen“
worden sei, was 'dpa' sofort in Deutschland in die Medienmaschine
einspeist. 27 Verletzte Kollegen nach teilweise heftigen Scharmützeln
mit Wasserwerfern am Rande der Demo.
Die Hafenarbeiter aus Gent
und Antwerpen liessen sich nicht einfach mal so wegspritzen und
schließlich mussten die Wasserwerfer von Hundertschaften gesichert
werden. Dadurch, dass die Veranstalter des 'EGB' diese Aktion auf einen
Werktag legten, war eine größere Beteiligung von vornherein erschwert,
da die Kollegen in den Streik treten mussten, um zur Demo zu fahren.
Fast 2,5 Stunden dauerte es, bis die kompakten
Demoblöcke in Brüssel an einer Stelle vorbeidemonstriert waren. Dabei
gingen die Kollegen in 20er Reihen nebeneinander. Unübersehbar waren die
massiven Blöcke mit mehreren 10 000 aus Frankreich und aus Belgien. Die
CGT hatte ihre Regionen nördlich von Paris mobilisiert. Die Kollegen
hatten mehrere Blaskapellen und Trommlergruppen mitgebracht.
Aber der eindeutige Renner bei den vielen tausenden französischsprachigen Kollegen war der Ohrwurm „on lache rien“ (etwa: Wir lassen nicht locker/wir lassen nichts anbren- nen)
Mit dieser weiten Verbreitung hatte die 'NPA' in Frankreich wohl kaum
gerechnet, als sie das Lied ab Herbst 2010 popularisierte.
Hier in voller Länge:
http://npa2009.org/videos/hk-les-saltimbanks-lâche-rien
Und immer wieder die „Internationale“
auf Französisch, was bei den Kollegen aus Ost- europa zwiespältige
Gefühle erzeugte: Mehrere tausend Kroaten und einige hundert Slowenen
waren ebenso im Zug vertreten, wie ein nach tausenden zählender Block
der polnischen 'Solidarnosc'.
Phantasievolle Gruppen waren in den Blöcken
auszumachen. So gab es beispielsweise mehrere Reihen mit Ketten
zusammengebundener Kollegen, die jeweils ein großes Pappschild mit den
Nationalfarben trugen und ihre durchschnittlichen Dumpinglöhne
aufgeschrieben hatten: von 3,20 Euro bis 14,00 Euro reichten die Zahlen.
Dazu das große Transparent: „Das ist das Europa der Troika“
Gruppen der spanischen Basken waren an ihren Halstüchern erkennbar. Die
Unkenntnis der baskischen Sprache verhindert die Entzifferung der
Transparente. Das fiel bei den englischen Kollegen aus Southampton,
Essex und Kent schon wesentlich einfacher. Auch sie waren mit etwa 1000
Kollegen von der Insel herübergekommen.
Die Dockarbeiter trugen ein großes Transparent: „Dockers for a social Europe“ und
wunderten sich erfreut, dass sich hinter dem Transparent belgische,
französische, englische und niederländische Dockarbeiter in unerwarteter
Größe formierten.
Griechische Kollegen des öffentlichen Dienstes und von OLME waren ebenfalls mit einigen hundert Mitgliedern vertreten.
Eine größere Gruppe niederländischer Kollegen trugen Regenschirme, die mit der Europaflagge gestaltet waren. Sie hatten die gelben Sterne durch aufgeklebte Scherensymbole ersetzt. In der Mitte des Schirms prangte jeweils ein großes „NO“, „NON“, “NEIN“,“ NEJ“.
Bereits am Tage vor der Brüsseler Demo waren am Donnerstag im Süden des europäi- schen Kontinents 100 000 Menschen durch die Straßen Madrids demonstriert -. Begleitet war die Kundgebung von zahlreichen Aktionen und Streiks im ganzen Land. Schätzungsweise 1,5 Millionen Kollegen beteiligten sich in Spanien.
Auch der DGB war in Brüssel vertreten: Eine größere
Gruppe aus Trier und mehrere Busse aus Sachsen waren ebenso angereist,
wie einige Busse aus NRW. Die IG-Metall hatte am Ort der
Abschlusskundgebung einen etwa 20 Meter hohen „Metallerkollegen“ aufgestellt, der wahrscheinlich dazu gedacht war, die gähnende Lücke zu verdecken, die der fehlende DGB hinterließ.
Diese gesamteuropäische Aktion weist in die richtige Richtung:
Die europäischen Gewerkschaften müssen sich – wie ihre Gegner auch
- kontinental bewegen, wenn sie den ständigen Angriffen Paroli bieten
wollen.
Die „internationale Solidarität“ ist heute zur
zwingenden Notwendigkeit des gewerk- schaftlichen Alltags geworden, wenn
die weitere Verarmung gestoppt und der grass- ierende Nationalismus
aufgehalten werden soll.
Dazu müssen die Gewerkschaften
Standortlogiken und die Illusionen der Marksteuerung in die Tonne
kloppen und anfangen, ernsthaft über kontinentale Kampfstrategien nach-
zudenken.
4. April 2014
VON: H. HILSE