(LE) „Wassereinsatz“ in Schönefeld? Polizei hat gelogen!

Angeblicher "Wasser"-Einsatz in Schönefeld. Foto: flickr, caruso.pinguin.

Statt Wasser aus einer Übungskartusche ist die Polizei mit einem Chemikalien-Mix aus einem Spezialgerät gegen Antirassist_innen vorgegangen.

Am 3. Februar demonstrierten hunderte Antirassist_innen gegen eine Mini-Nazikundgebung in Leipzig-Schönefeld. Mittendrin verspritzte die Polizei eine Flüssigkeit, die Augenreizungen hervorrief. Es habe sich nur um eine mit “Wasser” befüllte “Übungskartusche” und damit ein “Placebo” gehandelt, behauptete Leipzigs Polizeipräsident Merbitz im Nachhinein.

 

Das war allerdings gelogen, wie sich nun durch eine Anfrage der Linksfraktion im Landtag herausgestellt hat. Die Staatsregierung hat in ihrer Antwort eingeräumt:

  • “Zur Abwehr andauernder körperlicher Angriffe gewalttätiger Personen gegen die Einsatzkräfte wurde ein Spezialfeuerlöschgerät (Polizeilöscher P 3,5) eingesetzt. Das Gerät war mit Wasser befüllt, welches Beigaben des Löschmittelzusatzes “FireAde 2000 – Fire Fighting Agent” und des Frostschutzzusatzes “CW-Antifreeze” enthielt.

Nicht erlaubt und unverhältnismäßig


Die angebliche Übungskartusche war also ein Löschgerät, das laut Hersteller mit einem Arbeitsdruck von immerhin 20 Bar betrieben wird. Und damit wurde keineswegs nur Wasser verspritzt, sondern ein Chemikalien-Mix, der zum Löschen von Pyrotechnik entwickelt wurde. Fotos zeigen aber, dass es um das Löschen von Pyrotechnik nicht gegangen sein kann, denn es gab keine. Zwar wirken die beigemengten Substanzen auf Menschen nicht toxisch, wurden aber nicht zur Personenabwehr entwickelt – dafür sind sie ebenso wenig zugelassen wie der “Polizeilöscher”.

 

Viel spricht dafür, dass hier ein nicht-erlaubtes Einsatzmittel angewandt wurde. Nach Angaben von Augenzeug_innen soll es von Beamt_innen der Bereitschaftspolizei betätigt worden sein. Angesichts Merbitz’ Behauptung über die hinreichende Wirksamkeit von purem Wasser dürfte der tatsächliche Einsatz zudem unverhältnismäßig gewesen sein, denn die Polizei ist gehalten, das jeweils mildeste Mittel zu wählen. Das hat sie eindeutig nicht getan.

 

Schon früher “keine Kenntnis”


Es ist nicht das erste Mal, dass die Leipziger Polizei falsche Angaben über ihre robusteren Einsatzmittel verbreitet. So war im Februar 2011 zunächst bestritten worden, per Schlagstock gegen Teilnehmer_innen einer Demonstration der Antifa-Kampagne “Fence Off” vorgegangen zu sein. Die Polizei korrigierte sich erst, nachdem ein Foto aufgetaucht war, das den Knüppelgebrauch unzweifelhaft dokumentiert. Daraufhin sprach die Polizei von “Notwehr”.

 

Die Leipziger Volkszeitung kam dagegen zu dem Schluss, das Foto zeige einen Beamten, “umringt von fünf Kollegen, […] wie er seinen Schlagstock einsetzt. Eine Notwehrsituation ist auf diesem Foto nicht zu erkennen.” Neue Ausflucht der Polizei: „Nach den bisherigen Überprüfungen haben wir von diesem Vorfall keine Kenntnis.“

 


Betroffene und Zeug_innen des Polizeieinsatzes in Leipzig-Schönefeld können sich beim Ermittlungsausschuss melden.