Geldstrafe für Blockierer beim Polizeieinsatz
In der Nacht von 27. auf den 28. Juli
2006 gegen Mitternacht nahm die Freiburger Polizei an der Unterführung
nahe dem BZ-Haus in der Basler Straße einen Graffiti-Sprayer fest. Als
die Beamten den Mann aufs Revier bringen wollten, kamen ihm aus dem
nahe gelegenen autonomen Zentrum KTS nach und nach immer mehr Menschen
zur Hilfe. Rund 120 Personen blockierten schließlich den Polizeiwagen
und verhinderten so, dass er mit dem Festgenommenen wegfuhr.
In dem Tumult wurde das Auto durch Tritte beschädigt – und ein Polizist
durch eine Flasche schwer am Auge verletzt. Wer die Flasche geworfen
hatte, konnte die Polizei nicht ermitteln. Weil er zu den Blockierern
gehörte, die das Auto am Wegfahren hinderten, wurde nun aber ein
25-Jähriger Mann auch in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe wegen
Landfriedensbruchs verurteilt.
Der Jurastudent war erst im Mai 2007, also zehn Monate nach dem
Vorfall, zufällig auf einer Demonstration von einer Polizistin
wiedererkannt worden, die auch an der Festnahme des Sprayers beteiligt
gewesen war. Wegen seines markanten Aussehens sei ihr der Mann in
Erinnerung geblieben, sagte sie damals aus. Aufgrund dieser Aussage
wurde der Mann im Dezember 2008 vom Freiburger Amtsgericht zu einer
Geldstrafe verurteilt.
Dem Angeklagten konnte weder eine Beteiligung an der Verletzung des
Polizisten noch an der Beschädigung des Polizeiwagens nachgewiesen
werden. Dass er gemeinsam mit anderen Beteiligten – viele von ihnen
waren Teilnehmer des damals in Freiburg stattfindenden
linksalternativen Do-it-yourself-Festivals – die Polizisten am
Wegfahren gehindert und dadurch die Gewalttaten mit ermöglicht habe,
wertete das Gericht aber als Landfriedensbruch. Dagegen hatte der Mann
Berufung eingelegt.
Vor dem Landgericht ließ der Angeklagte nun durch seinen Anwalt
erklären, dass er die Berufung auf die sogenannten Rechtsfolgen
beschränke: Das Gericht musste also nicht die gesamte Beweisaufnahme
wiederholen, sondern nur die Strafe neu diskutieren.
120 Tagessätze à zehn Euro – so das Urteil der ersten Instanz – seien
aus mehreren Gründen deutlich zu viel, erklärte sein Verteidiger. Der
Angeklagte habe sich zwar unter den Personen befunden, die den
Abtransport des Sprayers verhindern wollten, ihm könnten aber "keine
konkreten Handlungen" zugeordnet werden.
Außerdem hätte das Amtsgericht eigentlich gemeinsam mit zwei anderen
Verurteilungen des Angeklagten – Körperverletzung bei einer
Demonstration und Hausfriedensbruch bei einer Besetzung – eine
sogenannte Gesamtstrafe bilden müssen, was rechnerisch zu niedrigeren
Einzelstrafen geführt hätte. Drittens sei der festgesetzte Tagessatz
von zehn Euro für einen Studenten, der "am unteren Ende des
Existenzminimums" lebe, deutlich zu hoch.
60 Tagessätze à fünf Euro lautete daher der Antrag des Verteidigers.
Den fünf Euro stimmte auch der Staatsanwalt zu, forderte aber trotz
"Härteausgleich" für die entgangene Gesamtstrafe noch 100 Tagessätze:
Der Angeklagte habe "durch sein Verhalten massive Gewalttaten
ermöglicht". Mit ihrem Urteil landete die Strafkammer des Landgerichts
schließlich genau in der Mitte: 80 mal fünf Euro. Der Angeklagte nahm
das Urteil an.