In der JVA Freiburg () sitzen zur Zeit rund 55 männliche Sicherungsverwahrte. Angesichts der schon an anderer Stelle erwähnten Mängel regt sich weiter Unmut unter den Freiburger Verwahrten.
Vorfälle der jüngsten Zeit
Am 08.10.2013 wurden in allen Zellen der Verwahrten die gut funktionierenden Armaturen an den Waschbecken durch „Selbstschlussarmaturen“ ersetzt, da die Justiz auf diese Weise Wasser sparen wolle. Offenbar traut man den SVlern nicht zu selbst entscheiden zu können, wie lange sie einen Wasserhahn öffnen, und nun haben die Nasszellen den zweifelhaften Charme eines Bahnhofs-Klos. Das wäre nicht erwähnenswert, hätte es nicht zur Eskalation beigetragen. Zwei Verwahrte, Herr J. und Herr K. verweigerten den Strafgefangenen, die die Arbeit verrichten sollten, den Zugang, bzw. weigerten sich den Haftraum zu verlassen. Am Folgetag wurden dann alle Verwahrten der „Station 2“ (zu deren Charakter vgl. schon meinen Text von Juli 2013, https://linksunten.indymedia.org/de/node/91068) gegen 9:30 Uhr weggeschlossen. Bei Herrn J. tauchten dann, nach seiner Aussage, sechs Wärter mit angezogenen Kampfhandschuhen (schnitt- und stichfeste Variante) auf, geleiteten ihn in eine andere Zelle, wo er eingeschlossen wurde. Hernach wurde sein Wasserhahn durch den Druckknopf („Selbstschlussarmatur“) ersetzt.
Bei Herrn K. lief es nicht so glatt: plötzlich hörte man ihn herzerweichend schreien, auch „Hilfe, Hilfe“ war zu hören, das Trappeln der Schritte von Beamten, das schnarrende Geräusch von Handschellen. Dann der Ruf: „Achtung!“. Türen schlugen und später erfuhr man, K. habe sich angeblich heftig gewehrt. Er saß dann auch zwei Tage in der kahlen „Beruhigungszelle“, verweigerte das Essen, zuletzt, wie er erzählte, auch Wasser. Mittlerweile sitzt er wieder in seiner Zelle, jedoch ist er mit strengen Sicherungsmaßnahmen belegt, darf die Zelle nicht alleine verlassen, an keinerlei Aktivitäten mehr teilnehmen.
Keine Gnade bei Todesfall in Familie
Von Herrn S. verstarb vor wenigen Tagen der Vater und verständlicherweise hatte S. den Wunsch im Kreise seiner Familie an der Beisetzung teilzunehmen. Dies lehnte die Anstalt ab; aber man unterstütze ggf. eine vorübergehende Überstellung von S. in eine Haftanstalt in der Nähe der Grabstätte, so dass er irgendwann nach der Beerdigung an das Grab gehen könne. Was angesichts einer erfolgenden Urnenbeisetzung in einem Gräberfeld wenig Sinn macht und auch keinen angemessenen Ersatz darstellt.
Die Hutschnur, so S., sei ihm geplatzt, als man ihm dann ernsthaft angeboten habe, er dürfe vielleicht am Tag der Beerdigung mit dem Knastpfarrer in die Gefängniskapelle, um dort dann zu beten und ein Lichtlein zu entzünden.
Klar, das wäre billiger für die Anstaltsleitung zu haben als eine Ausführung zur Beerdigung.
Sammelpetition
Nachdem der baden-württembergische Landtag in einer Beschlussempfehlung zu einer Petition von mir (Drucksache 15/4036, dort 23. Petition Nr. 15/2747) beschlossen hat, dass der Vollzugsalltag in der SV in Freiburg sich angemessen von dem in Strafhaft abhebe, wandten sich sieben Verwahrte, immerhin sind das über 10% der Insassen, in einer gemeinsamen Protestschrift an den Landtag und beschwerten sich über die Unwahrheiten aus ihrer Sicht, denn ihr Empfinden ist keineswegs, dass der Vollzug „freiheitsorientiert“ sei. In einer Mängelliste beanstandeten sie, dass es keine Hafturlaube oder Ausgänge gebe, man nicht auf ein Leben in Freiheit vorbereitet, sondern hoffnungslos verwahrt werde.
Bewertung der Situation
Nun ist eine Petition sicher das mildeste Mittel, das Knastinsassen zur Verfügung steht, und es gibt berechtigte Kritik an solch einem Vorgehen, es ist jedoch das zur Zeit einzige Mittel, auf das sich eine größere Zahl an Betroffenen verständigen kann, denn ihre Interessen gehen ansonsten weit auseinander, so dass „mehr“ nicht wirklich zu erwarten ist. Einzelne lehnen sich, wie Herr K., aktiv auf und sitzen dann, auch als abschreckendes Beispiel, erst im Bunker und dann auf unabsehbare Zeit in Einzelhaft.
Eine Petition sollte also weniger als ernsthafter Versuch verstanden werden, etwas bei der Justizbehörde zu erreichen, denn dazu sind alle hier in der SV zu hafterfahren: eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Der Landtag dürfte, wie stets in der Vergangenheit, die skandalösen Zustände kritik- und folgenlos durchwinken.
Aber es ist zumindest eine Art Rauchzeichen aus den Totenhäusern dieser Gesellschaft, dass dort Menschen leben und es sonderbar finden, wie die Gesamtgesellschaft Forderungen an sie heranträgt, insbesondere künftig doch bitteschön Gesetze zu beachten, um dann aber als Bewohner der SV-Anstalt zu erleben, wie das Personal und der Justizapparat ihrerseits erhebliche Schwierigkeiten dabei haben, selbst die geltenden Gesetze für diesen Sektor zu befolgen.
Die Beschäftigten haben freilich den Vorteil, von der Gesamtgesellschaft vor Strafverfolgung geschützt zu sein, denn ihre Gesetzesverstöße münden allenfalls in einer Beanstandung durch die Strafvollstreckungsgerichte, nicht aber durch die Strafjustiz. Und hier erweisen sich Knäste als Prototyp der Klassenjustiz: die Habenichtse werden weiter verwahrt und die, die an ihnen die SV, auch genannt: Todesstrafe auf Raten, vollstrecken, werden für ihre Dienste auch noch üppig vom Steuerzahler belohnt.
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV-Abtl.)
Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
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