Scotland Yard hat eine Polizeieinheit gebildet, in der Menschen mit besonders ausgeprägtem Sinn für die Gesichtserkennung arbeiten. Ihre Fähigkeiten, einmal auf Video gesehene Gesichter zu identifizieren, übertreffen laut einem Bericht der Vancouver Sun deutlich die Leistungen von Gesichtserkennungssoftware.
Nach den Unruhen in London wurden 4000 von insgesamt rund 5000 Verdächtigen verhaftet, nachdem sie in den Aufzeichnungen von Videokameras identifiziert wurden. Die besonders begabten Gesichtserkenner sollen dabei 30 Prozent der Verdächtigen erkannt haben, während die Trefferquote der Spezialsoftware für Gesichtserkennung im einstelligen Bereich lag. Ein einziger Gesichtsspezialist soll dabei über 300 Personen identifiziert haben.
Dass es Menschen gibt, die die Fähigkeit haben, sich tausende von Gesichtern zu merken und wiederzuerkennen (Prosoponie), ist lange bekannt. Neu ist, das Scotland Yard versucht, diese Menschen systematisch auszubilden und einzusetzen. Die britische Polizei reagiert damit auf den ständig wachsenden Datenstrom an Aufzeichnungen, die es auszuwerten gilt. Die Trefferquote softwarebasierter Gesichtserkennung ist gerade bei den Daten von Überwachungskameras niedrig. Ein Feldversuch des Bundeskriminalamtes am Mainzer Hauptbahnhof unter Idealbedingungen erbrachte im Jahre 2007 die Erkenntnis, dass die 2D-Fotofahndung noch nicht einsatzfähig ist. Inzwischen gibt es Versuche mit dreidimensionaler Gesichtserkennung und der Kombination mehrerer Methoden im Sinne der mulitmodalen Biometrie.
Die ausgeprägte Fähigkeit mancher Menschen, ein einmal gesehenes Gesicht sofort wiederzuerkennen, liegt weit jenseits der Computererfolge. Die Vancouver Sun berichtet von einem Spezialisten, der mit dem Auto in einem Stau steckte und unter den Passanten am Straßenrand ein Gesicht sah, das er in Sekundenbruchteilen zuordnen konnte. Der Verdächtige wurde sofort verhaftet und soll seine Tat später gestanden haben. (Detlef Borchers) / (anw)