Vom 27.Juli bis zum 4.August findet in Weimar das 24. AntifaCamp Weimar/Buchenwald statt. Kommt Alle!!!
Im Folgenden der Aufruf (schöner formatiert unter: antifacamp.net):
68 Jahre nach dem Tag der Befreiung, 23 Jahre nach der
“Wiedervereinigung” mit seitdem mindestens 182 zu beklagenden Opfern
rechter Gewalt, 20 Jahre nach Solingen, 20 Monate nach dem Auffliegen
der NSU/VS-Connection…
…findet vom 27. Juli bis zum 4. August 2013 zum 25. Mal das AntifaCamp Weimar/Buchenwald statt. Seit 23 Jahren treffen sich Antifaschist_innen regelmäßig, um sowohl direkt auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald zu arbeiten und zu recherchieren, als auch innerhalb des Camps inhaltlich zu agieren. Dabei ist uns die Kommunikation mit Zeitzeug_innen besonders wichtig. Die Arbeit auf der Gedenkstätte und der Austausch mit ehemals Verfolgten des Naziregimes, dienen hier als Grundlage für mögliche weitergehende Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und der Erarbeitung antifaschistischer Perspektiven in Gegenwart und Zukunft. Die Solidarität mit den Häftlingen und ihrem Widerstand stellt die Basis unserer gemeinsamen Arbeit dar.
Darüber hinaus wird in diesem Jahr neben der Beschäftigung mit den NSU-Morden der Schwerpunkt des AntifaCamps darin liegen, zu konkretisieren, wie Erinnerungsarbeit für uns in Zukunft aussehen kann; sowohl für jede_n Einzelne_n von uns persönlich, aber auch als Teil eines linksradikalen antifaschistischen Widerstandes und im Gegensatz zu staatlich gelenkter Erinnerungskultur.
Direkt nach Gründung beider deutscher Staaten 1949, konzentrierte sich das Gedenken der DDR besonders auf die Würdigung des kommunistischen Widerstandes und dem der Arbeiter_innenbewegung, deren Bedeutung heute marginalisiert wird. Allerdings fanden andere Opfergruppen dort nur wenig Aufmerksamkeit und die zentrale Bedeutung des Antisemitismus im NS-Faschismus wurde nicht hinreichend erkannt. Die BRD fokussierte ihre Erinnerung fast ausschließlich auf den der christlichen Opposition und bediente sich schon früh christlich geprägter Metaphern, deren Erlösungsbotschaften ein Ruhenlassen der deutschen Vergangenheit und Versöhnung mit dieser und ihren Tätern implizierten. Außerdem begünstigte der hier weiterhin salonfähige Antikommunismus ein totalitarismustheoretisches Deutungsmuster, welches Kommunismus und Faschismus gleichsetzt(e). Seit der “Wiedervereinigung” zeichnet sich die Erinnerungskultur der Berliner Republik zunehmend durch die Stilisierung hegemonialer Opfermythen aus. Das “Leid der Deutschen” – charakterisiert durch Bombenkrieg, Vertreibung & Flucht und dem Schicksal deutscher Kriegsgefangener – überlagert die Erinnerung an die von Deutschen begangenen beispiellosen Verbrechen an Juden, Sinti & Roma und anderen Opfergruppen, und damit die Singularität des industrialisierten Massenmordes! Inschriften an Denkmälern, die den “Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft” gewidmet sind, ermöglichen der deutschen Bevölkerung eine Identifikation und führen zu Opfer-Täter_innen-Relativierung.
Die gegenwärtige staatliche Erinnerungskultur erschöpft sich oftmals in ritualisierten Gedenkfeiern und Pflichtveranstaltungen, deren Gedenkansprachen häufig von universalistischen Deutungsmustern geprägt sind. Die Verbrechen des Nationalsozialismus werden zwar benannt, aber meist auf eine allgemein “menschliche” Dimensionen von Leid reduziert. Es kommt zu einer Entkonkretisierung der Vergangenheit. In staatlichen Gedenkstätten werden sehr wohl spezifische Daten, Dokumente und historische Überreste gesammelt, archiviert und in den geschichtlichen Zusammenhang eingeordnet, durch den musealen Charakter und die fehlende Kontextuierung zur Gegenwart, stellen sie jedoch Ansätze einer Historisierung und somit einer “Normalisierung” des Nationalsozialismus, als lediglich einer Epoche unter vielen dar.
Wenn wir als linksradikale Antifaschist_innen die Verbrechen der NS-Diktatur an authentischen Tatorten dokumentieren, dann ermöglicht dies die fortlaufende Wahrnehmung der Präzedenzlosigkeit des dort Geschehenen und verschließt sich somit nivellierenden Deutungsmustern. Eine Beschäftigung mit den Orten und den daran geknüpfte Erfahrungen der Geschichte ist unverzichtbar, auch um Relationen zur Gegenwart herstellen zu können. Dem Schwur von Buchenwald fühlen wir uns verbunden:
“...Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. ...”
Dies verpflichtet uns zu einem besonderen Augenmerk auf das Heute: Wie kann es sein, dass 67 Jahre nach Beginn der Entnazifizierung noch immer eine Kontinuität von rechter Gewalt, Rassismus & Antisemitismus in Deutschland zu verzeichnen ist, die geprägt wird von der Ignoranz staatlicher Organe, aber auch deren Teilhabe?
Zwei bekannte Höhepunkte der Kooperation von staatlichen Organen und Nazis bildeten die Verbindungen des Verfassungsschutzes (VS) beim tödlichen Brandanschlag auf das Haus der Familie Genc in Solingen im Mai 1993 und die Machenschaften des VS im Zusammenhang mit den vom “Nationalsozialistischen Untergrund” begangenen Morden. Solingen war erst möglich geworden durch die politische Vorbereitung des Staates, durch die faktische Abschaffung des Asylrechtes und die unsägliche Hetze der Politiker_innen und Medien gegen alles vermeintlich “Fremde” im neuen Großdeutschland. Die Täter_innen konnten sich hier als legitime “Vollstrecker_innen des Volkswillens” fühlen – und handelten. Der “Nationalsozialistische Untergrund” war nicht nur in der Lage von staatlichen Behörden unbehelligt jahrelang durchs Land zu reisen und mindestens 13 Menschen zu ermorden, er bekam dafür sogar logistische Unterstützung durch V-Leute des Bundesamts für Verfassungsschutz. Sowohl bei den Morden an den Mitgliedern der Familie Genc, als auch an denen der Opfer des NSU wurden durch ethnopluralistische Projektionen zuerst einmal Migrant_innen als Täter_innen deklariert und die Opfer durch die Anwendung kulturalistischer Allegorien ein weiteres mal erniedrigt. Der in den Medien verwendete Begriff “Döner-Morde” für die rassistische Mordserie des NSU und die Selbstbezeichnung der ermittelnden Polizei-Einheit als “SoKo Bosporus” sprechen Bände.
Die gegenwärtig staatlich geförderte Hetze gegen Asylbewerber_innen knüpft nahtlos an die Pogromstimmung der 90er Jahre an. Äußerungen, wie die des Innenministers Friedrich in Bezug auf Armutsflüchtlinge, bilden dabei nur die Spitze des Eisberges und stärken Fremdenhass und Alltagsrassismus in der sogenannten Mitte der Gesellschaft.
Ganz aktuell reagiert der Staat auf die Assoziation VS/Nazis, mit Repressionen gegen neonazistische Organisationen, streicht aber gleichzeitig Gelder für Beratungsstellen und alternative Projekte, die nicht herrschaftskonform arbeiten. Parallel dazu propagieren staatlich dominierte Beratungsstellen auf Basis der Extremismustheorie eine Täter_innen-Opfer-Umkehr und relativieren rechte Gewalt, indem sie Nazigegner_innen verbal verurteilen, die als unmittelbare Reaktion auf erlebte rechtsradikale Angriffe, selber zu körperlicher Gegenwehr greifen.[1] [2] [3]
Die staatlichen Beratungsstellen werden instrumentalisiert und steigen in die Fußstapfen von Legislative, Judikative und Exekutive, welche Nazigegner_innen mit Repressionen überziehen, wie aktuell im Dresdener Prozess gegen Tim zu beobachten ist.[4] Auch dies werten wir als gezielten Versuch der Behörden antifaschistische Strukturen zu spalten, ihre Arbeit zu sabotieren, kriminalisieren und somit zu verhindern.
Damit werden sie nicht durchkommen!
Lasst uns gemeinsam – im Dialog mit den Zeitzeug_innen – erarbeiten, wie linksradikale Erinnerungskultur aussehen kann; wie sich antifaschistische Opposition und somit aktives Handeln gegen Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie, Geschichtsrevisionismus, soziale Hierarchien und jede andere Form von Menschenfeindlichkeit heute und in Zukunft gestalten muss.
Bringt Eure Utopien mit und lasst sie uns gemeinsam weiterentwickeln, auch im Austausch mit Vertreter_innen anderer linksradikaler Antifa-Camps.
Erinnern heißt Handeln! Für die Ermordeten und die Überlebenden, für das Heute – für die Zukunft.
KOMMT ALLE!!!
[1] http://goo.gl/qae4l
[2] http://goo.gl/5egiq
[3] http://goo.gl/PPXl0
[4] http://goo.gl/UpcNn
…findet vom 27. Juli bis zum 4. August 2013 zum 25. Mal das AntifaCamp Weimar/Buchenwald statt. Seit 23 Jahren treffen sich Antifaschist_innen regelmäßig, um sowohl direkt auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald zu arbeiten und zu recherchieren, als auch innerhalb des Camps inhaltlich zu agieren. Dabei ist uns die Kommunikation mit Zeitzeug_innen besonders wichtig. Die Arbeit auf der Gedenkstätte und der Austausch mit ehemals Verfolgten des Naziregimes, dienen hier als Grundlage für mögliche weitergehende Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und der Erarbeitung antifaschistischer Perspektiven in Gegenwart und Zukunft. Die Solidarität mit den Häftlingen und ihrem Widerstand stellt die Basis unserer gemeinsamen Arbeit dar.
Darüber hinaus wird in diesem Jahr neben der Beschäftigung mit den NSU-Morden der Schwerpunkt des AntifaCamps darin liegen, zu konkretisieren, wie Erinnerungsarbeit für uns in Zukunft aussehen kann; sowohl für jede_n Einzelne_n von uns persönlich, aber auch als Teil eines linksradikalen antifaschistischen Widerstandes und im Gegensatz zu staatlich gelenkter Erinnerungskultur.
Direkt nach Gründung beider deutscher Staaten 1949, konzentrierte sich das Gedenken der DDR besonders auf die Würdigung des kommunistischen Widerstandes und dem der Arbeiter_innenbewegung, deren Bedeutung heute marginalisiert wird. Allerdings fanden andere Opfergruppen dort nur wenig Aufmerksamkeit und die zentrale Bedeutung des Antisemitismus im NS-Faschismus wurde nicht hinreichend erkannt. Die BRD fokussierte ihre Erinnerung fast ausschließlich auf den der christlichen Opposition und bediente sich schon früh christlich geprägter Metaphern, deren Erlösungsbotschaften ein Ruhenlassen der deutschen Vergangenheit und Versöhnung mit dieser und ihren Tätern implizierten. Außerdem begünstigte der hier weiterhin salonfähige Antikommunismus ein totalitarismustheoretisches Deutungsmuster, welches Kommunismus und Faschismus gleichsetzt(e). Seit der “Wiedervereinigung” zeichnet sich die Erinnerungskultur der Berliner Republik zunehmend durch die Stilisierung hegemonialer Opfermythen aus. Das “Leid der Deutschen” – charakterisiert durch Bombenkrieg, Vertreibung & Flucht und dem Schicksal deutscher Kriegsgefangener – überlagert die Erinnerung an die von Deutschen begangenen beispiellosen Verbrechen an Juden, Sinti & Roma und anderen Opfergruppen, und damit die Singularität des industrialisierten Massenmordes! Inschriften an Denkmälern, die den “Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft” gewidmet sind, ermöglichen der deutschen Bevölkerung eine Identifikation und führen zu Opfer-Täter_innen-Relativierung.
Die gegenwärtige staatliche Erinnerungskultur erschöpft sich oftmals in ritualisierten Gedenkfeiern und Pflichtveranstaltungen, deren Gedenkansprachen häufig von universalistischen Deutungsmustern geprägt sind. Die Verbrechen des Nationalsozialismus werden zwar benannt, aber meist auf eine allgemein “menschliche” Dimensionen von Leid reduziert. Es kommt zu einer Entkonkretisierung der Vergangenheit. In staatlichen Gedenkstätten werden sehr wohl spezifische Daten, Dokumente und historische Überreste gesammelt, archiviert und in den geschichtlichen Zusammenhang eingeordnet, durch den musealen Charakter und die fehlende Kontextuierung zur Gegenwart, stellen sie jedoch Ansätze einer Historisierung und somit einer “Normalisierung” des Nationalsozialismus, als lediglich einer Epoche unter vielen dar.
Wenn wir als linksradikale Antifaschist_innen die Verbrechen der NS-Diktatur an authentischen Tatorten dokumentieren, dann ermöglicht dies die fortlaufende Wahrnehmung der Präzedenzlosigkeit des dort Geschehenen und verschließt sich somit nivellierenden Deutungsmustern. Eine Beschäftigung mit den Orten und den daran geknüpfte Erfahrungen der Geschichte ist unverzichtbar, auch um Relationen zur Gegenwart herstellen zu können. Dem Schwur von Buchenwald fühlen wir uns verbunden:
“...Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. ...”
Dies verpflichtet uns zu einem besonderen Augenmerk auf das Heute: Wie kann es sein, dass 67 Jahre nach Beginn der Entnazifizierung noch immer eine Kontinuität von rechter Gewalt, Rassismus & Antisemitismus in Deutschland zu verzeichnen ist, die geprägt wird von der Ignoranz staatlicher Organe, aber auch deren Teilhabe?
Zwei bekannte Höhepunkte der Kooperation von staatlichen Organen und Nazis bildeten die Verbindungen des Verfassungsschutzes (VS) beim tödlichen Brandanschlag auf das Haus der Familie Genc in Solingen im Mai 1993 und die Machenschaften des VS im Zusammenhang mit den vom “Nationalsozialistischen Untergrund” begangenen Morden. Solingen war erst möglich geworden durch die politische Vorbereitung des Staates, durch die faktische Abschaffung des Asylrechtes und die unsägliche Hetze der Politiker_innen und Medien gegen alles vermeintlich “Fremde” im neuen Großdeutschland. Die Täter_innen konnten sich hier als legitime “Vollstrecker_innen des Volkswillens” fühlen – und handelten. Der “Nationalsozialistische Untergrund” war nicht nur in der Lage von staatlichen Behörden unbehelligt jahrelang durchs Land zu reisen und mindestens 13 Menschen zu ermorden, er bekam dafür sogar logistische Unterstützung durch V-Leute des Bundesamts für Verfassungsschutz. Sowohl bei den Morden an den Mitgliedern der Familie Genc, als auch an denen der Opfer des NSU wurden durch ethnopluralistische Projektionen zuerst einmal Migrant_innen als Täter_innen deklariert und die Opfer durch die Anwendung kulturalistischer Allegorien ein weiteres mal erniedrigt. Der in den Medien verwendete Begriff “Döner-Morde” für die rassistische Mordserie des NSU und die Selbstbezeichnung der ermittelnden Polizei-Einheit als “SoKo Bosporus” sprechen Bände.
Die gegenwärtig staatlich geförderte Hetze gegen Asylbewerber_innen knüpft nahtlos an die Pogromstimmung der 90er Jahre an. Äußerungen, wie die des Innenministers Friedrich in Bezug auf Armutsflüchtlinge, bilden dabei nur die Spitze des Eisberges und stärken Fremdenhass und Alltagsrassismus in der sogenannten Mitte der Gesellschaft.
Ganz aktuell reagiert der Staat auf die Assoziation VS/Nazis, mit Repressionen gegen neonazistische Organisationen, streicht aber gleichzeitig Gelder für Beratungsstellen und alternative Projekte, die nicht herrschaftskonform arbeiten. Parallel dazu propagieren staatlich dominierte Beratungsstellen auf Basis der Extremismustheorie eine Täter_innen-Opfer-Umkehr und relativieren rechte Gewalt, indem sie Nazigegner_innen verbal verurteilen, die als unmittelbare Reaktion auf erlebte rechtsradikale Angriffe, selber zu körperlicher Gegenwehr greifen.[1] [2] [3]
Die staatlichen Beratungsstellen werden instrumentalisiert und steigen in die Fußstapfen von Legislative, Judikative und Exekutive, welche Nazigegner_innen mit Repressionen überziehen, wie aktuell im Dresdener Prozess gegen Tim zu beobachten ist.[4] Auch dies werten wir als gezielten Versuch der Behörden antifaschistische Strukturen zu spalten, ihre Arbeit zu sabotieren, kriminalisieren und somit zu verhindern.
Damit werden sie nicht durchkommen!
Lasst uns gemeinsam – im Dialog mit den Zeitzeug_innen – erarbeiten, wie linksradikale Erinnerungskultur aussehen kann; wie sich antifaschistische Opposition und somit aktives Handeln gegen Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Homophobie, Geschichtsrevisionismus, soziale Hierarchien und jede andere Form von Menschenfeindlichkeit heute und in Zukunft gestalten muss.
Bringt Eure Utopien mit und lasst sie uns gemeinsam weiterentwickeln, auch im Austausch mit Vertreter_innen anderer linksradikaler Antifa-Camps.
Erinnern heißt Handeln! Für die Ermordeten und die Überlebenden, für das Heute – für die Zukunft.
KOMMT ALLE!!!
[1] http://goo.gl/qae4l
[2] http://goo.gl/5egiq
[3] http://goo.gl/PPXl0
[4] http://goo.gl/UpcNn