Rechtsextreme in der Deutschen Burschenschaft: Wir behalten euch im Auge

Fackelzug in Eisenach: Strategie der Provokation
Erstveröffentlicht: 
25.05.2013

Die Hardliner in der Deutschen Burschenschaft provozieren immer wieder mit rassistischen und rechtsextremen Vorstößen. Dahinter steckt eine Strategie, die auch auf die Empörung in den Medien setzt. Wie sollen Journalisten mit den Extremisten umgehen?

 

Ein Kommentar von Oliver Trenkamp

 

"Wir sind leider nicht so rassistisch ausgerichtet wie zum Beispiel jüdische Organisationen." Dieses perfide Zitat des Pressesprechers der Deutschen Burschenschaft (DB), gesagt zum Auftakt des Burschentags in Eisenach, offenbart zweierlei: zum einen die Strategie der Provokation der rechtsextremen Ideologen in dem Dachverband. Zum anderen das Dilemma, in dem wir Journalisten stecken, wenn wir über sie berichten.

 

Denn ohne unsere Berichterstattung funktioniert die Strategie der Provokation nicht.

 

Sie wirkt wie ein umgekehrter Magnet: Nicht das Gegensätzliche wollen die Burschenschafter anziehen, sondern die Gleichgesinnten. All jene, deren innere Kompassnadel weit nach rechts zeigt, mit all den Ressentiments gegenüber Ausländern, Linken oder eben Juden. Es funktioniert immer nach demselben Muster: erst ein lauter provokanter Vorstoß, dann ein vermeintlicher Rückzug im Detail.

 

So wie diese Woche beim Treffen Eisenach, das sich jetzt dem Ende neigt: Da will der DB-Sprecher angeblich seinen Verband als liberal darstellen - und vergleicht ihn rein zufällig mit "jüdischen Organisationen", weil ihm halt ein jüdischer Sportverein aus Wien als erstes in den Sinn gekommen sei. Das ist an Wahnwitz kaum zu übertreffen. Aber wer ihm Antisemitismus vorwirft oder Rassismus, der argumentiert seiner Ansicht nach "hanebüchen".

 

Die mehrfachen "Ariernachweis"-Anträge, die Verunglimpfung von Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus, die Forderung nach Institutionen zur Bekämpfung der angeblich in der Gesellschaft vorherrschenden "Deutschenfeindlichkeit", krudeste Thesen in Verbandsblättern und auf Flugzetteln - all das sind Paukenschläge.

 

Gehört werden sollen sie sowohl innerhalb als auch außerhalb des Verbands. Intern sollen sich die Reihen der strammrechten Ideologen schließen, wenn sich die Öffentlichkeit empört. Dann sehen sich die Burschenschafter gern als Opferkollektiv einer "Medienhysterie". Und hinter vorgehaltener Hand freuen sie sich über ihren Verstoß gegen die angebliche Diktatur der politischen Korrektheit.

 

Mindestens genauso wichtig ist den völkischen Ideologen aber die Außenwirkung. Die Provokationen sollen Eindruck machen auf jene, die ähnlichen Ressentiments nachhängen: Seht her, hier ist eure Heimat. Die Burschenschafter positionieren sich als akademischer Überbau für den Rechtsextremismus. Einen regelrechten Ansturm an Interessenten will der DB-Pressesprecher ausgemacht haben, angeblich ausgelöst durch die Berichterstattung.

 

Kleine Gruppe, große Aufmerksamkeit

 

Trommeln wir Journalisten also für die Burschenschafter, wenn wir über sie berichten? Schließlich verhelfen wir einer relativ kleinen Gruppe erst zu großer Aufmerksamkeit. Nur noch zwei Prozent aller Studenten in Deutschland sind überhaupt noch korporiert. Burschenschaften sind nur ein kleiner Teil - und selbst davon vertritt die DB lediglich eine Minderheit. Der Verband selbst gibt an, er würde 10.000 Einzelpersonen repräsentieren. Interne Papiere legen nahe, dass es noch weniger sind.

 

Es ist die alte Frage nach dem Umgang mit Extremisten. Fernsehreporter kennen das Problem von Landtagswahlen, bei denen es die NPD über die Fünf-Prozent-Hürde schafft. So mancher Kollege ist bei dem Versuch gescheitert, die Rechten im Interview bloßzustellen.

 

Aber deswegen wegsehen? Journalisten müssen Rassismus dokumentieren - vor allem, wenn er in vermeintlichen Eliten keimt. So wie wir auch über andere Missstände berichten. Selbst wenn es die Gefahr birgt, dass sich dumpfe Parolen und Pseudoargumente schneller verbreiten. Im Verborgenen gärt selten etwas Gutes. Viel zu lange nahmen Sicherheitsbehörden und Massenmedien kaum Notiz von den Umtrieben in den Burschenschaftshäusern - und überließen die Dokumentation Bloggern und Antifa-Aktivsten.

 

Zudem kann man sich nur mit etwas auseinandersetzen und sich von etwas distanzieren, über das man Bescheid weiß. Erst die mediale Beobachtung lässt die nötige Trennschärfe zu. Auch das gehört zur Wahrheit: Bei weitem nicht jeder Burschenschafter ist rechtsextrem. Sicher, viele sind sehr, sehr konservativ, gar deutsch-national. Auch liberale Burschenschafter singen mit Inbrunst alle drei Strophen des Deutschlandlieds. Doch sie verabscheuen Rassismus.

 

Ihre Haltung mag man als suspekt empfinden, doch die Fairness gebietet es festzustellen: Von den Hardlinern in der DB haben sich die liberaleren Burschen klar distanziert.

 

Ein Magnet kann eben auch abstoßend wirken.