Brandstiftungen und linke Plakate in Rendsburg

Erstveröffentlicht: 
17.05.2013

Nach zahlreichen Müllcontainer-Bränden in Rendsburg ermittelt jetzt der Staatsschutz. In der gesamten Innenstadt hingen Plakate auf Aufkleber, die auf linksextreme Täter hindeuten.

 

Wie viele Müllcontainer in den vergangenen Monaten und Wochen in Rendsburg gebrannt haben, kann selbst die Feuerwehr nicht auf Anhieb sagen. Die Alarmierungen gehören zum Alltag. Seit Donnerstag ist alles anders. Nachdem in der Hohen Straße und im Jungfernstieg zwei Container in Flammen aufgegangen waren, übernahm die Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt die Ermittlungen. Der Grund: Überall in der Innenstadt hingen Plakate und Aufkleber einer "antifaschistischen Offensive", auf denen ein brennender Müllcontainer abgebildet ist. Auf der dazugehörigen Internetseite wird dazu aufgerufen, den Kampf gegen rechte Tendenzen und den Wahlkampf der NPD selbst in die Hand zu nehmen. "Als autonome Bewegung setzen wir auf unabhängige und von unten getragene antifaschistische Initiativen und Strukturen, die Neonazi-Propaganda entlarven und den extrem rechten Wahlkampf sabotieren. Hierbei sind unserer Kreativität keine Grenzen gesetzt", heißt es auf der Seite.

 

Polizei und Feuerwehr dürfen sich mit Verweis auf das Landeskriminalamt zu den Bränden nicht äußern. LKA-Sprecher Uwe Keller teilt mit: "Ein Zusammenhang wird derzeit intensiv geprüft. Weder die Tatorte noch dort lebende oder arbeitende Personen können in Zusammenhang mit der rechten Szene gebracht werden." LKA und Kripo Kiel ermitteln wegen des Verdachts einer schweren Brandstiftung, "die eine Strafandrohung nicht unter einem Jahr Freiheitsstrafe vorsieht", so Keller.

 

Zwei Hausbewohner in Lebensgefahr

 

Im Laufe des Donnerstagvormittags wurden fast alle beschriebenen Plakate und Aufkleber von Häuserwänden, Fensterscheiben und Laternenpfählen in der Innenstadt entfernt. Nach Informationen der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung soll das Papier auf Fingerabdrücke untersucht werden. Auch die angebrannten Müllreste im Jungfernstieg und in der Hohen Straße blieben am Donnerstag unangetastet. Der zwischen der Parfümerie "Douglas" und dem Bekleidungsgeschäft "Camp David" liegende Durchgang, in dem es in der Nacht gebrannt hatte, blieb gesperrt. Ein knallroter Aufkleber weist darauf hin, dass der Tatort durch die Landespolizei beschlagnahmt wurde.

 

Die Feuerwehr war kurz nach zwei Uhr durch eine Polizeistreife alarmiert worden. Die hatte auf dem Weg zur Brandstelle vor dem Landestheater zufällig den Weg durch die Hohe Straße genommen. Dabei entdeckten die Beamten, dass es auch dort brannte. Die Brandstifter hatten einen gefüllten Papiercontainer angezündet, der sich in einem Gang zwischen den beiden Geschäften befindet. Als die Feuerwehr eintraf, hatte das Feuer bereits auf das Gebäude übergegriffen. Durch die Flammen gerieten zwei Bewohner des Hauses in aktute Lebensgefahr: Der einzige Fluchtweg aus dem Haus führt durch den Gang in die Hohe Straße - und der war durch die Flammen versperrt. Die Feuerwehr rettete die beiden Bewohner über eine Drehleiter aus den Fenstern.

 

Ruß selbst in geschlossenen Schubladen

 

Die Schaden durch die Flammen und die Rauchentwicklung ist groß. Beide Geschäfte mussten am Donnerstag geschlossen bleiben. "Im ganzen Haus gibt es schwarze Ablagerungen - selbst in Schubladen, die verschlossen waren", erzählte eine Mitarbeiterin der Parfümerie.

 

Bürgermeister Pierre Gilgenast besuchte im Laufe des Tages die betroffenen Bewohner und die Geschäfte. "Ich bin zunächst einmal glücklich, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind - und das ist nur den glücklichen Umständen zu verdanken", sagte er. Gilgenast machte deutlich, dass es sich in diesem Fall nicht um eine Sachbeschädigung, sondern um schwere Brandstiftung handele, weil Menschenleben in Gefahr gebracht wurden. "Das ist hochkriminell und wird mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet", erklärte der Jurist. Er verprach den Opfern des Feuers die umfassende Hilfe der Stadt.

 

Am frühen Donnerstagabend führte Gilgenast noch ein Gespräch mit den Experten des Staatsschutzes. Zu dem dringenden Verdacht, es könne sich um einen politisch motivierten Anschlag handeln, wollte sich der Bürgermeister noch nicht äußern. Er verwies auf die laufenden Ermittlungen und die Tatsache, dass das Landeskriminalamt einen Zusammenhang zwischen den Brandstiftungen und den Aufklebern offiziell noch nicht bestätigt hat.