Scheitert die „Identitäre Bewegung“ in Deutschland? Diese Frage stellte sich Götz Kubitschek, der innerhalb des neurechten Spektrums als Vordenker gilt. Seine Antworten bestätigen: Der Versuch der so genannten „Neuen Rechten“ eine Bewegung zu initiieren, ist gescheitert. Was bleibt, sind kleine Grüppchen von Burschenschaftern, Islamhassern und Neonazis, die ihre rassistische Ideologie geschickt medial verbreiten.
Während das Leitmedium der Neuen Rechten – die „Junge Freiheit“ – noch das schwarz-signalgelbe politische „Label“ auf die Titelseite wuppte, bestätigte Kubitschek, was die Landesverfassungsschutzämter Bremen und Rheinland-Pfalz derzeit noch prüfen: Die „Identitären“ sind ein Auffangbecken für Neonazis. So ist unter seinem Namen in der neurechten „Sezession im Netz“ zu lesen [Anmerkung: Kubitschek änderte inzwischen seinen Text. Die hier zitierte Version anbei noch als Screenshot]:
„Der Nationale Widerstand […] wittert in der IBD ein Auffangbecken und ein neues, unverbrauchtes Etikett für den alten Wein, den er anzubieten hat.“
Noch im November gab der KSA-Aktivist kund, was er tun würde, wenn er die selbsternannte „Identitäre Bewegung Deutschland“ zu seiner Sache machen würde. Nun schreibt der von seinen Kritikern als „Salonfaschist“ Bezeichnete:
„Vor allem in den mitteldeutschen Bundesländern finden kaum andere Bewerber zu den (vor allem virtuellen) Gruppen der IBD“.
Zwar halten viele „Likes“ auf Facebook sowie Videos auf YouTube die Medienillusion einer angeblichen Bewegung aufrecht, die sich in der Realität aber als ein Netzwerk von Einzelkämpfern und Regionalgruppen aus zumeist nicht mehr als einer handvoll männlicher Aktivisten entpuppt. Das die politische Marketing- und Medienstrategie bisher nicht greift, beklagt auch Kubitschek:
„Die IBD wird voin [sic!] den Medien NICHT als interessante, großstädtisch virulente Protestbewegung begrüßt und nach oben geschrieben (wie es dem chaotischen Haufen der Piraten widerfuhr), sondern sofort in eine rechtsradikale Ecke abgeschoben, medial geschlachtet und sozial bedroht.“
Der Aktivismus zielt – wie bereits bei den neonazistischen Flashmobs der „Unsterblichen“ und den französischen Vorbildern der „Génération Identitaire“ –, bewusst auf eine möglichst breite mediale Verbreitung ab. Die aus verschiedenen extrem rechten Strömungen zusammengefügte „Copy & Paste“-Ideologie der deutschsprachigen „Identitären“ wird zwar popkulturell und jugendgerecht via Facebook beworben, fruchtet aber offenbar fast ausschließlich im Umfeld von kultur-rassistischen Politsekten wie der „German Defence League“ (GDL) und des neurechten Internetmagazins „Blaue Narzisse.
Jedoch gründeten sich bereits seit 2010 wenige „identitäre“ Grüppchen aus der Neonaziszene. So zogen die ab Herbst 2012 entstehenden offiziellen Regionalgruppen der selbsternannten „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD) von Beginn an auch Neonazis und NPD/JN-Aktivisten an. Dies stößt innerhalb der neonazistischen Szene durchaus auf geteilte Meinung. Als der NPD-nahe „DS-Versand“ Hemden und Pullover mit der Aufschrift „Nicht links, nicht rechts – Identitär“ in sein Produktangebot aufnahm, hagelte es völkische Kritik: Die „biologischen Wurzeln“ und somit die „Identität“, würde von den „Identitären“ nicht ausreichend betont.
Die Auseinandersetzungen innerhalb des „identitären“ Spektrums führt Kubitschek auf den Mangel an „Führungspersönlichkeiten“ zurück und sieht die Sorge um ein „Machtvakuum“. Als Beispiel nennt er das „Büchlein eines Autors“ und spielt damit auf die „Kriegserklärung“ mit dem Titel „Die identitäre Generation“ von Markus Willinger an, der damit seinen Einfluss gegen den Obmann der „Identitäre Bewegung Österreichs“, Alexander Markovics, ausweitet. Kubitschek schlussfolgert, dass es nicht gelungen sei, ein „Zentrum der eigenen Idee“ auszubilden und die IBD „bis heute nicht erklären können, was sie eigentlich unter “Identität” versteht“. Sein KSA-Mitstreiter und „Blaue Narzisse“-Autor Felix Menzel schlägt dagegen Treffpunkte, regionale Wirtschaftskreisläufe und ein „Haus der Alternativen Rechten“ vor.
Das die „Identitären“ in Deutschland an ihrer paranoiden Angst vor einer angeblichen „Islamisierung“ und der unrealistischen Überhöhung als „Bewegung“ scheitern, sehen beide nicht. „Verfolgungswahn“ und „Größenwahn“ bezeichnete bereits der Politikwissenschaftler Kurt Lenk als die beiden Kernelemente rechtsextremistischen Denkens.
Nicht unterschätzen, nicht überschätzen
Die „Identitären“ in Deutschland sollten zwar aufgrund ihrer modernen Strategie und ihrer gefährlichen Ideologie nicht unterschätzt werden, aber auch die vergleichsweise geringe Anzahl derer Aktivisten außerhalb des Internets stets betont werden, um deren Medienillusion nicht noch weiter zu puschen.