Im Folgenden stellen wir als exemplarisches Beispiel der kolumbianischen Solidaritäts- und Aufklärungsarbeit zur Situation in den Gefängnissen Kolumbiens einen Bericht aus dem Gefängnis in Valledupar/Cesar vor. Schon seit Jahren wird von politischen und sozialen Bewegungen die Schließung des Gefängnisses in Valledupar gefordert. Tausende Politische Gefangene und Kriegsgefangene im ganzen Land, darunter über 850 die der FARC-EP angehören, zeugen von einem repressiven System, in der der politische und soziale Protest kriminalisiert wird.
Eröffnet im Jahre 2000, ist das Gefängnis Tramacua in Valledupar eines der ersten seiner Art, die im Rahmen des Plan Colombia und mit Hilfe der USA. Seit der Eröffnung gilt es als eines derjenigen, die eine neue „Ära“ im Strafvollzug eingeleitet haben. Dazu gehört die spezielle Überwachung und Verwahrung der Insassen, die mit systematischen Menschenrechtsverletzungen, Folter, unmenschlichen und erniedrigenden Maßnahmen gegen die Insassen, Beschränkung der internen Mobilität, ungerechtfertigte Isolierungsmaßnahmen der Gefangenen und die Einschränkung zu Kommunikationsmöglichkeiten, Wasser, Gesundheitsversorgung und Sanitäranlagen. Hinzu kommen Verletzungen der Aufsichtsfunktionen und die Verhinderung von besuchen von humanitären Kommissionen durch die Nationale Behörde der Vollzugsanstalten, INPEC (Instituto Nacional Penitenciario y Carcelario).
Tramacua entstand als ein Hochsicherheitsgefängnis für besonders schwere Straftaten und als besonders gefährlich geltende Gefangene. Im Jahr 2003 wurde das Gefängnis jedoch sowohl für den Hochsicherheitsbereich, als auch für den mittleren Sicherheitsbereich verwendet. Im Jahr 2005 verwendete man einen Trakt für Frauen. Schnell wurde klar, dass wesentlich mehr Gefangene in der Einrichtung untergebracht wurden, als für den Bau ursprünglich gedacht war. Aktuell befinden sich rund 1600 Gefangene in neun verschiedenen Bauten, jeder mit fünf Stockwerken ausgestattet. Das erste Stockwerk gilt als offener Hof, die vier weiteren Stockwerke bestehen aus Zellen. Bis März 2010 wurde das neunte Gebäude für die Frauen benutzt, aber nach verschiedenen Kampagnen kolumbianischer und internationaler Nichtregierungsorganisationen wegen Menschenrechtsverstößen wurde die Inhaftierung von Frauen beendet.
Das Gefängnis Tramacua befindet sich mehrere Kilometer außerhalb der Stadt Valledupar in der Nähe der Gemeinde La Mesa. Hier ist ländliches Gebiet, es gibt keine Infrastruktur und keine Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Da sich die Stadt Valledupar im Norden Kolumbiens befindet, ist das Klima heiß mit Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius. Bei diesen Temperaturen sind der Gebrauch von Ventilatoren bzw. Klimaanlagen und Wasser eigentlich normal, aber im Gefängnis gibt es dies nicht und der Zugang zu Wasser ist stark eingeschränkt. Die Behörde INPEC erklärte, dass die Lage in der Nähe des Armeebataillons La Popa für eine bessere Sicherheit sorgen soll.
Ein großes Problem aufgrund des Klimas ist der eingeschränkte Zugang zu Wasser und die schlechte Qualität. Wasser gibt es nur in temporären Abständen und meist nicht häufiger als zwischen 10 und 15 Minuten am Tag. Wenn es Wasser gibt, dann kommen nur die ersten Gefangenen in den Genuss, viele Personen die von den Zeitabständen nicht Bescheid wissen oder hinten in der Warteschlange stehen, haben somit keinen Zugang. Besonders in den oberen Stockwerken ist die Versorgung mit Wasser ungenügend bis gar nicht vorhanden. Die Leitungen sind oft kaputt und eine Lieferung in die oberen Stockwerke funktioniert kaum. Die Gefangenen müssen die Organisation und die Wasserversorgung für Duschen, Toiletten und Tanks selbst übernehmen. Viele Gefangenen versuchen in improvisierten Tanks und Behältern das Wasser so lange wie möglich zu speichern. Die Beschränkung der Wasserversorgung wird von der Gefängnisverwaltung häufig als Mittel der Strafe verwendet. Zwei Wochen ohne fließendes Wasser sind in Tramacua keine Seltenheit. Kein Wunder also, dass Sauberkeit und Hygiene stark abhängig von der Versorgung mit Wasser sind und zeitweise zu Problemen führen.
Wegen der schlechten Wasserversorgung sind die hygienischen Zustände katastrophal. Viele Toiletten im Gefängnis können wegen fehlenden Spülungsmöglichkeiten nicht verwendet werden, es riecht schlecht und die sanitären Einrichtungen sind in einem schmutzigen Zustand. In den meisten Gefängnistrakten können nur die Bäder in der ersten und zweiten Etage verwendet werden. Diese Zustände und die Verunreinigungen durch Bakterien und Keime gefährden die Gesundheit der Gefangenen. Hierfür wäre eine ärztliche Versorgung von Nöten, doch diese ist nur mangelhaft. Zum einen gibt es nur wenig ärztliches Personal und zum anderen gibt es ein Mangel an Medikamenten und notwendigen Einrichtungen. Nicht nur die körperliche Gesundheit, allen voran der Bewegungsmangel, bewegt sich permanent am Scheideweg, auch die psychische Situation stellt eine Belastung für die Gefangenen dar. Ständige Repressionen, Isolierung, Folter und die allgemeinen Zustände im Gefängnis sorgen für einen miserablen Gesundheitszustand. Als Konsequenz ist die Rate der Selbstverletzungen und Selbsttötungen relativ hoch.
Das Gefängnispersonal wird durch die nationale Behörde INPEC gestellt. Über diese Behörde und in Zusammenarbeit mit dem FBI aus den USA erhalten alle Mitarbeiter eine Schulung. Hier wird ihnen eine gewisse „Kultur“ beigebracht, die wir im Gefängnis Tramacua sehen können: Kontrolle und Ausübung der Arbeit mittels Gewalt und Bedrohungen. Schläge, der Einsatz von Tränengas, Isolation von Häftlingen und das Einschränken der Wasserversorgung sind die am meisten verwendeten Mittel. Das Gefängnis gehört zu jenen, die eine immens hohe Anzahl an Anzeigen und Beschwerden gegen das Gefängnispersonal vor dem Generalstaatsanwalt und der Behörde INPEC vorweisen. Die Dunkelziffer der Menschenrechtsverletzungen dürfte wesentlich höher sein. Viele der Beschwerden werden jedoch nicht bearbeitet und die Wärter genießen Straflosigkeit. Im Jahr 2010 wurden nur fünf bis sechs Prozent der Beschwerden abgeschlossen, noch weniger hatten mit Sanktionen und Disziplinarmaßnahmen zu rechnen.
Daraus folgt, dass sich viele politische und soziale Bewegungen für die Schließung des Gefängnisses Tramacua einsetzen. Es gehört zu jenen, die in einem regelmäßig hohen Ausmaß an Menschenrechtsverletzungen auffallen. Das Gefängnis in Valledupar ist deshalb in Kolumbien ein Symbol für Repression und Folter. Es ist ein Gefängnis, um die politischen Feinde systematisch zu erniedrigen und zu vernichten.
Weg mit dem Knast in Valledupar!
Solidarität mit allen politischen Gefangenen und den Kriegsgefangenen der FARC-EP!