PFORZHEIM. In der Nordstadt ist Ärger programmiert: An der Ecke Berthold-/Hohenstaufenstraße will am 5. Juni ein Klamotten- und Tattoo-Laden eröffnen. Die Marken-Auswahl treibt die linke Szene auf die Barrikaden.
Nicht genug, dass überall im Stadtgebiet, besonders aber in Brötzingen,
der rechtsextremistische „Heidnische Sturm Pforzheim“ (HSP)
Laternenmasten zukleistert mit Aufklebern („Wo Repression zum Alltag
wird, wird Widerstand zur Pflicht“). Unbekannte haben darüber hinaus
öffentliche Flächen verunziert mit Aufklebern, auf denen in
altdeutschen Druckbuchstaben „Dromneduj“ steht – rückwärts geschrieben,
ergibt dies „Judenmord“. Kein Wunder, dass sich die Verursacher nicht
namentlich zu erkennen geben. Das Amt für öffentliche Ordnung hat die
Sache an den Staatsschutz der Polizeidirektion weitergegeben.
Dort rauchen seit gestern die Köpfe. Denn mit Ärger muss gerechnet
werden – am 5. Juni will an der Bertholdstraße 8 (Ecke
Hohenstaufenstraße) ein Kleider- und Tätowiergeschäft mit dem Namen
„Scandal-Tattoo“ eröffnen. Und das schmeckt der linken autonomen Szene
gar nicht – genauso wenig wie die Plakatierung in Brötzingen. Denn in
dem Laden sollen laut eigener Homepage „Szene-Klamotten“ angeboten
werden. Es sind Namen, die nicht nur den Linken die Haare zu Berge
stehen lassen, werden doch „Lonsdale“, „Hatecore“ und „Thor Steinar“
mit rechtsextremistischem Gedankengut in Verbindung gebracht. „Es wird
vermutlich auch keine Probleme geben, sich neonazistische und
rassistische Tattoos stechen zu lassen“, heißt es in einer Mail, die in
linken Kreisen zirkuliert. „Am 5. Juni muss der Protest auf die Straße
getragen werden.“
Da fühlt man sich bei der Polizei an die stets wiederkehrenden Einsätze
am 23. Februar erinnert, wenn die Ordnungsmacht – mal mit 500, mal mit
fast 1000 Polizisten aus ganz Baden-Württemberg – verhindern muss, dass
am Jahrestag der Bombardierung Pforzheims Rechts- und Linksextremisten
am Wartberg aufeinander losgehen. „Das können wir überhaupt nicht
brauchen“, sagt ein hoher Beamter, „das wäre ein Albtraum, wenn wir die
Eröffnung von dem Laden schützen müssten.“ Man wird nach
PZ-Informationen das Gespräch mit dem Besitzer der Immobilie – und
damit dem potenziellen Vermieter – suchen.
Verdacht von sich gewiesenNatürlich hat sich die Befürchtung der Linken
bis zum Betreiber von „Scandal-Tattoo“ herumgesprochen – und man hat im
Netz reagiert: „Es ist kein Nazi-Shop, wie viele meinen oder denken.
Bei uns ist jeder willkommen“, heißt es auf der Homepage.
Was die Beseitigung rechtsextremistischer Aufkleber angeht, sind die
Linken nicht mehr allein auf die zerstörerische Wirkung ihrer
Fingernägel angewiesen. Auf Nachfrage der PZ lässt Wolf-Dietmar Kühn,
Ordnungsamtsleiter, wissen, die Technischen Dienste hätten sich der
Beseitigung angenommen. Auch werde Strafantrag wegen Sachbeschädigung
gestellt. Kühn: „Falls wir die Täter haben sollten, werden sie
anschließend auch noch zu den Beseitigungskosten herangezogen.“