Freiburger Burschenschaften zögern, ob sie den umstrittenen Dachverband verlassen sollen.
Im Dachverband Deutsche Burschenschaft brodelt’s: Im Kern geht es um einen Richtungsstreit zwischen liberal-konservativen Burschenschaften und einem harten rechten Flügel, in dessen Reihen es auch rechtsextreme Strömungen gibt. Auch auf einem außerordentlichen Burschentag in Stuttgart am vergangenen Wochenende konnte der Konflikt nicht beigelegt werden; die Liberalen drohen mit Austritt. Vor Ort waren auch Vertreter zweier Freiburger Burschenschaften, sie haben sich bislang nicht zum Austritt durchgerungen.
In Freiburg gibt es rund 30 Studentenverbindungen. Darunter sind auch Burschenschaften, für die ein politisches, nationales, mitunter auch völkisches Denken zentrales Element ist. In Freiburg gibt es zwei, die der Deutschen Burschenschaft (DB) mit ihren mehr als 100 Mitgliedern angehören: die Saxo-Silesia und die Teutonia. Die Saxo-Silesia zählt 15 Aktive und 115 Alte Herren (ehemalige Aktive), die Teutonia 20 Aktive und 200 Alte Herren. Beide zählen sich nach eigener Aussage zum liberalen, verfassungstreuen Lager. Von der innerhalb der DB aufgekommenen Idee, dass deutsche Abstammung – der sogenannte "Ariernachweis" – ein Kriterium für die Aufnahme in den Verband sei, distanzieren sich beide deutlich. Rolf Piechowicz, Vorsitzender der Alten Herren der Teutonia, findet diese Debatte "unsäglich". Die Teutonia sei ein bunt gemischter Verband; Mitglieder hätten französische, polnische, indische und chilenische Wurzeln.
Jörg Haverkamp, Vorsitzender der Alten Herren der Saxo-Silesia, verweist in der Aufnahmedebatte auf den Begriff der Kulturnation und die Haltung des Einzelnen: "Mich interessiert nicht, wo die Eltern herkommen, sondern wie jemand denkt und wie er sich fühlt." In der Satzung der Saxo-Silesia heißt es: Sie erwartet, "dass jeder Saxo-Silese im persönlichen Umfeld und in der Öffentlichkeit für das Recht aller Menschen auf Freiheit und Würde eintritt, gleichgültig, welcher Rasse oder Religion sie angehören".
Burschenschaften sind sehr heterogene Gebilde
Dass in Stuttgart die Debatte um die Abstammung im Sande verlief und der "Ariernachweis" in den Aufnahmekriterien nicht auftaucht, werten Haverkamp und Piechowicz als positiv. Ebenso, dass der wegen seiner rechtsextremen Positionen umstrittene Chefredakteur der Verbandszeitung auf dem Burschentag abgewählt wurde. "Er war für meine Verbindung untragbar geworden. Es war wichtig, dass man sich von so einem trennt", sagt Piechowicz. Mit der Teutonia Wien hat aber eine stramm rechte Burschenschaft den DB-Vorsitz übernommen.
Burschenschaften sind sehr heterogene Gebilde; auch in unverdächtigen gibt es schwarze Schafe. So kritisiert der Sozialwissenschaftler Jörg Kronauer, ein Experte der Verbindungsszene, dass auch liberale Burschenschaften immer wieder Kontakt mit Rechtsextremen haben. Vom Verfassungsschutz beobachtet wird derzeit laut Georg Spielberg, Pressesprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz, keine Burschenschaft in Baden-Württemberg. Eine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Alexander Salomon zu den Schnittpunkten von Burschenschaften und Rechtsextremismus in Baden-Württemberg will das Innenministerium bis 7. Dezember beantworten.
Haverkamp ist sich sicher, dass die verfassungstreuen Burschenschaften in der DB weiterhin in der Mehrheit sind; gemutmaßt wird allerdings, dass bis zu 20 gemäßigte austreten werden. Die beiden Freiburger Burschenschaften halten sich den Verbleib im Dachverband offen. "Wir sind hin- und hergerissen", sagt Riechowicz: "Unser Anspruch ist es eigentlich, extremen Positionen nicht das Feld zu überlassen." Die Teutonia werde sich mit dem Thema befassen und auf ihrer nächsten Versammlung entscheiden; der Austritt sei eine Option. "Wir machen es uns nicht leicht", so Piechowicz. Auch die Saxo-Silesia will intern darüber debattieren, die Entwicklung beobachten und sich auf den Fall vorbereiten, dass das rechte Lager in der DB die Oberhand gewinnt.