Amtsgericht verurteilt drei junge Männer aus Stegen.
FREIBURG/STEGEN. Die Tat sorgte für einiges Aufsehen in Stegen. Im Juni dieses Jahres besprühten drei Jugendliche den Asphalt auf der Schulstraße sowie die Motorhaube eines Autos mit Nazi-Symbolen. Ein dummer Jungenstreich oder Beleg für die starke rechte Jugendszene in der Dreisamtal-Gemeinde? Nun fand der Prozess gegen die Drei am Freiburger Amtsgericht statt.
"Rechts? Nein, rechts bin ich nicht. Ich hab sogar einen ausländischen Freund". Mit diesen Worten rechtfertigte sich der 20-Jährige Phillip G. Eine Aussage, die verwundert, denn erst vor gut einem halben Jahr besprühte er mit seinen Kumpels Andreas K. und Christian Sch. den Asphalt der Stegener Schulstraße mit Hakenkreuzen, SS-Runen und den Buchstaben HH, die in der Szene als Codewort für Heil Hitler gelten.
"Wir wollten einfach provozieren", gibt er zu. Warum hätten sie dann nicht einfach normale Graffitis gesprüht, wollte der vorsitzende Richter Uwe Nowak wissen. "Die sind doch deutlich weniger wirksam", erwidert sein Freund und Mitangeklagter K.
Alle drei waren zur Tatzeit betrunken, einen ganzen Kasten Bier und eine Flasche Asbach hatten sie intus. Eigentlich ein normaler Zustand für sie, denn exzessiver Alkoholkonsum ist für alle drei fester Bestandteil der Wochenendplanung. Nicht selten kommt es dabei zu handfesten Auseinandersetzungen und Prügeleien – auch das ist durchaus einkalkuliert.
"Naja, ich war schon mit einem Fuß in der rechten Szene drin"
Es ist ein Teufelskreis, der die drei jungen Männer immer tiefer in den Abgrund zu ziehen scheint. Das Verhältnis zu den Eltern ist bei zweien zerrüttet, feste Partnerschaften haben sie derzeit keine. Nur die momentane berufliche Situation lässt Anlass zur Hoffnung, denn K. und Sch. machen derzeit eine Ausbildung und G., der zuvor mehrere Ausbildungen abgebrochen hat, hat ab Januar Aussicht auf Beschäftigung in der Schweiz.
Doch die drei haben offenbar verstanden, dass sie auch diese Chancen mit ihrem Lebenswandel aufs Spiel setzen. Alle drei nehmen derzeit verschiedene Beratungsangebote wahr, um den Alkoholkonsum zumindest einzuschränken. Noch wichtiger scheint für G. und K. aber die Teilnahme am Projekt "Big Rex" des Stuttgarter Landeskriminalamts. Seit 2001 betreut das Projekt Jugendliche, die aus der rechten Szene aussteigen wollen. Offenbar fanden die beiden Beamten, die sich mit G. und K. in den letzten Monaten mehrfach trafen, auch einen guten Zugang zu den zwei Jugendlichen, denn beide betonen, wie wichtig ihnen der Kontakt zu den Polizisten gewesen sei.
"Naja, ich war schon mit einem Fuß in der Szene drin", gibt denn K. auf Nachfrage des Richters zu. Es ist bekannt, dass Stegen ein Hotspot der Nazi-Szene in der Region ist. K. aber ist bewusst geworden, dass das eine Sackgasse sei und man alles verlieren würde, was einem wichtig ist.
"Das sagen Sie jetzt im nüchternen Zustand so, aber wenn Sie betrunken sind, dann werden sie ganz andere Menschen", ermahnte Nowak die Angeklagten.
Der Alkoholkonsum und die damit einhergehende Gewaltbereitschaft sei das eigentliche Problem der Drei. Nicht umsonst ist der Angeklagte Sch. bei der Verhandlung zusätzlich noch wegen Körperverletzung angeklagt, da er einem Kontrahenten in der Disco einen heftigen Schlag auf den Kopf verpasste. Auch gegen G. und K. sind noch weitere Verfahren wegen Schlägereien anhängig.
10 Monate Alkoholverbot in der Öffentlichkeit
Insofern wollte der Richter auch ein deutliches Zeichen setzen und übertraf mit seinem Urteil sogar die Forderung der Staatsanwältin: 25 Arbeitsstunden für G., 200 Euro Geldstrafe für K. und 300 Euro für Sch., bei dem die Körperverletzung noch hinzukam.
Noch schwerer dürften für die drei aber die Auflagen wirken. Alle drei müssen Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle aufnehmen und dürfen 10 Monate lang nicht in der Öffentlichkeit mit mehr als 0,5 Promille aufgegriffen werden, ansonsten winke doch noch ein Jugendarrest. Denn der wäre, laut Nowak, schon angezeigt gewesen. Nur ihre guten beruflichen Perspektiven hätten sie davor bewahrt. "Vorläufig", betonte der Richter, "denn noch hab ich nicht den Eindruck, dass Sie hier die Notbremse gezogen haben".
Ab wann denn das Alkoholverbot in der Öffentlichkeit gelte, wollte K. dann ganz am Ende doch noch gerne wissen. "Naja, Silvester steht ja vor der Tür".